Kryokonservierung oder die Verführung des ewigen Geistes
Die Frage nach ewigem Leben oder die Suche nach der perfekten Symbiose von Mensch und Maschine - Forscher wollen über die Kryokonservierung - Einfrieren von Ei- und Samenzellen, ganzen Körpern oder nur dem Gehirn – die Lösung finden. Allerdings gibt es bei dem Vorhaben einige Hürden zu nehmen, ganz zu schweigen von der Ethik.
Bekannt ist die Kryokonservierung bereits aus dem Bereich Ei- und Samenzellen einfrieren oder die Konservierung durch eisige Kälte nach dem Tod. Die Forschung arbeitet mittlerweile daran, wie man das mit dem Gehirn vollziehen kann. Allerdings waren Versuche, zum Beispiel mit Schweinehirnen, bisher nicht sehr erfolgreich. Das Problem: Beim Einfrieren der Hirnmasse bilden sich aufgrund der feuchten Beschaffenheit des Denkapparates Eiskristalle. Die sind wiederum schädlich für die Struktur des Gewebes und führen zu einer Zerstörung des Gewebes.
Dabei ist die Idee der Koservierung von Menschen absolut nicht neu. Koservierung von Mensch oder Tier sind bekannt durch die Natur zum einen und den Menschen zum anderen. Die Vorkommnisse in der Natur sind bekannt durch Moorkonservierung oder Eigefroren-Sein im Eis. Der Mensch hat schon vor über tausend Jahren andere Menschen und mit ihnen Tiere konserviert; bestes Beispiel sind die Ägypter.
Auch der Gedanke und die zur Verfügung stehende Technologie, den die Ägypter dabei hegten, war ähnlich wie der, den ein Individuum heute verfolgt. Um ihre Mumien erweckungstauglich einzubalsamieren wurden stets die neusten Technologien bemüht. Der Gedanke war ewiges Leben oder das Leben nach dem Tod. Allerdings setzten die Ägypter dabei auf die Götter. Heutzutage wird auf die Forschung gesetzt, die in immer kürzeren Abständen neue Erkenntnisse gewinnt, auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. Die andere Parallele ist auch hier die Verewigung.
Zellstrukturen beibehalten
Bisher war das Einfrieren und Auftauen eines Gehirns unter Beibehaltung der vollen Funktionen noch nicht durchführbar – bisher. Das amerikanische Unternehmen Nectome, gegründet von zwei Absolventen, Robert McIntyre und Michael McCanna, der Elitehochschule Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, haben einen Weg gefunden, das Problem mit der Eiskristallbildung zu umgehen. Zumindest versprechen sie ihren Kunden, ihre Gehirne auf ewig einzufrieren - und das mit unerreichter Detailtreue. Dabei sollen die Strukturen von Abermillionen der Zellen mitsamt dem Geflecht der Leitungsbahnen und Synapsen, die sie verknüpfen, erhalten bleiben.
Das Unternehmen ist eine Forschungseirichtung, das sich darauf spezialisiert hat, herauszufinden, wie das Gehirn physisch Erinnerungen erzeugt. Zudem liegt ein Schwerpunkt auf der Entwicklung von Konservierungstechniken, um die physischen Strukturen der Gehirnmasse besser zu erhalten.
Neue Technik mit Haken
Dabei setzt Nectome auf eine völlig andere Herangehensweise wie beim herkömmlichen Einfrieren; wie zum Beispiel bei Ei- und Samenzellen, bei der die Spendenobjekte in flüssigen Stickstoff gebettet sind. Bei der McIntyre/McCanna-Methode wird eine balsamierende Substanz durch die Halsschlagader ins Hirn gepumpt. Ein Trick den das Unternehmen von den Ägyptern abgeschaut haben könnte. Diese Substanz fixiert die Zellstruktur. Auf gleichem Weg folgt danach ein Frostschutzmittel, das verhindert, dass die Neuronen beim anschließenden Tiefkühlen auf minus 135 Grad Celsius zerstört werden. Das schwammige Denkorgan wird zu einer glasigen superharten Skulptur.
Die ganze Sache hat nur einen Haken: Ein intaktes Gehirn benötigt eine gute Durchblutung wie ein Ei eine Henne braucht, die es legt. Damit ist das Produkt nach dem Auftauen weniger hinreichend lebensecht. Um das zu erreichen braucht es die erwähnt Durchflutung des Körperorgans mit Blut, was in der Praxis den Kunden das Leben kostet. Die Möglichkeit besteht dennoch mit Hilfe eines letalen Eingriffes der beschriebenen Methode mit vorausgegangener Vollnarkose – ob der Kunde je wieder erwacht, wird sich zeigen.
Mit dem Versprechen unerreichte Detailtreue zu erreichen und der Anwerbung von Anwärtern bewegt sich das Unternehmen allerdings auch auf einem schmalen Grat. Denn das Gehirn ist kein Computer, den man ein- und ausschalten kann. Aber dieser Theorie scheint das Unternehmen aufgesessen. Forschende Kollegen sehen die Sache faktenbasiert und haben ethische Bedenken: Solch einem Unsinn Glaubhaftigkeit zu verleihen sei zutiefst unethisch. Am Ende komme noch jemand auf die Idee, ,,sich umzubringen, um sein Gehirn zu spenden", sagte Sten Linnarsson vom schwedischen Karolinska-Institut dem Wissenschaftsmagazin des MIT.
Ein weiteres Problem das Wissenschaftler beschreiben, ist der Prozess nach dem Wiederaufwachen, im Falle eine Ganzkörper Kryokonservierung. Nach der sogenannten Kryostase, beginnen Verfallsprozesse im Körper, die man nach heutigem Stand nicht wieder rückgängig machen kann. Außerdem muss das toxische Frostschutzmittel wieder aus allen Zellen entfernt werden, das vorher verwendet wurde, um die Kristallbildung zu verhindern. Zudem bleiben Krankheitsbilder wie zum Beispiel Krebs auch über das Einfrieren erhalten.
Grund ist nicht ganz klar
Also wofür das Ganze dann? Zumal die Kosten auch nicht ohne sind. Das Koservieren eines Gehirns wird bei den anbietenden Instituten für rund 80 000 US-Dollar angeboten, ein ganzer Körper kommt einem Haus nahe (circa. 200 000 USD).
Vielleicht gibt es Menschen, die glauben, dass die Leistung ihres Gehirns so famos ist, dass ihr Denkapparat unbedingt der Nachwelt hinterlassen werden muss. Doch was nach heutigem Stand der Erkenntnis allenfalls bewahrt wird, ist die sauber konservierte Ruine eines Gehirns. Das Leben darin ausgelöscht, keine elektrischen Impulse mehr, die vormals durch das Netzwerk von Synapsen sausten. Was übrig bleibt, ist ein Geflecht der Hirnzellen mit ihren Leitungsbahnen. Zumal, falls es irgendwann möglich sein sollte, der konservierten Gewebestruktur wieder Impuls zu geben, muss dafür auch noch ein intakter Körper zur Verfügung stehen.
Die Forschenden verfolgen einen komplett anderen Ansatz. Hier ist der Blick mehr auf die Fusion von Mensch und Maschine gerichtet – sozusagen das menschliche Gehirn als Steuerungseinheit einer Maschine mit all seinen humanen Zügen und Intiutionen. Diese Verbindung fasziniert nicht nur die Wissenschaftler, sondern generell. Der Gedanke daran schürt gleichzeitig auch Angst, dabei ist es eigentlich egal ob aus der Retorte oder ob fusioniert. Die Frage ist, inwiefern wird der Mensch nur noch zweitrangig neben einem aufgetauten Gehirn in fremden Körper oder steuernder Denkapparat einer Maschine sein Dasein behaupten können.
Olaf Mueller
Quellen: ARD (Wissen vor acht), Nectome, Wikipedia, Gemeinsamer Bundesausschuss, Universitätsklinikum Ulm, Spiegel, Quarks, Berliner Morgenpost, STAT
Dabei ist die Idee der Koservierung von Menschen absolut nicht neu. Koservierung von Mensch oder Tier sind bekannt durch die Natur zum einen und den Menschen zum anderen. Die Vorkommnisse in der Natur sind bekannt durch Moorkonservierung oder Eigefroren-Sein im Eis. Der Mensch hat schon vor über tausend Jahren andere Menschen und mit ihnen Tiere konserviert; bestes Beispiel sind die Ägypter.
Auch der Gedanke und die zur Verfügung stehende Technologie, den die Ägypter dabei hegten, war ähnlich wie der, den ein Individuum heute verfolgt. Um ihre Mumien erweckungstauglich einzubalsamieren wurden stets die neusten Technologien bemüht. Der Gedanke war ewiges Leben oder das Leben nach dem Tod. Allerdings setzten die Ägypter dabei auf die Götter. Heutzutage wird auf die Forschung gesetzt, die in immer kürzeren Abständen neue Erkenntnisse gewinnt, auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz. Die andere Parallele ist auch hier die Verewigung.
Zellstrukturen beibehalten
Bisher war das Einfrieren und Auftauen eines Gehirns unter Beibehaltung der vollen Funktionen noch nicht durchführbar – bisher. Das amerikanische Unternehmen Nectome, gegründet von zwei Absolventen, Robert McIntyre und Michael McCanna, der Elitehochschule Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston, haben einen Weg gefunden, das Problem mit der Eiskristallbildung zu umgehen. Zumindest versprechen sie ihren Kunden, ihre Gehirne auf ewig einzufrieren - und das mit unerreichter Detailtreue. Dabei sollen die Strukturen von Abermillionen der Zellen mitsamt dem Geflecht der Leitungsbahnen und Synapsen, die sie verknüpfen, erhalten bleiben.
Das Unternehmen ist eine Forschungseirichtung, das sich darauf spezialisiert hat, herauszufinden, wie das Gehirn physisch Erinnerungen erzeugt. Zudem liegt ein Schwerpunkt auf der Entwicklung von Konservierungstechniken, um die physischen Strukturen der Gehirnmasse besser zu erhalten.
Neue Technik mit Haken
Dabei setzt Nectome auf eine völlig andere Herangehensweise wie beim herkömmlichen Einfrieren; wie zum Beispiel bei Ei- und Samenzellen, bei der die Spendenobjekte in flüssigen Stickstoff gebettet sind. Bei der McIntyre/McCanna-Methode wird eine balsamierende Substanz durch die Halsschlagader ins Hirn gepumpt. Ein Trick den das Unternehmen von den Ägyptern abgeschaut haben könnte. Diese Substanz fixiert die Zellstruktur. Auf gleichem Weg folgt danach ein Frostschutzmittel, das verhindert, dass die Neuronen beim anschließenden Tiefkühlen auf minus 135 Grad Celsius zerstört werden. Das schwammige Denkorgan wird zu einer glasigen superharten Skulptur.
Die ganze Sache hat nur einen Haken: Ein intaktes Gehirn benötigt eine gute Durchblutung wie ein Ei eine Henne braucht, die es legt. Damit ist das Produkt nach dem Auftauen weniger hinreichend lebensecht. Um das zu erreichen braucht es die erwähnt Durchflutung des Körperorgans mit Blut, was in der Praxis den Kunden das Leben kostet. Die Möglichkeit besteht dennoch mit Hilfe eines letalen Eingriffes der beschriebenen Methode mit vorausgegangener Vollnarkose – ob der Kunde je wieder erwacht, wird sich zeigen.
Mit dem Versprechen unerreichte Detailtreue zu erreichen und der Anwerbung von Anwärtern bewegt sich das Unternehmen allerdings auch auf einem schmalen Grat. Denn das Gehirn ist kein Computer, den man ein- und ausschalten kann. Aber dieser Theorie scheint das Unternehmen aufgesessen. Forschende Kollegen sehen die Sache faktenbasiert und haben ethische Bedenken: Solch einem Unsinn Glaubhaftigkeit zu verleihen sei zutiefst unethisch. Am Ende komme noch jemand auf die Idee, ,,sich umzubringen, um sein Gehirn zu spenden", sagte Sten Linnarsson vom schwedischen Karolinska-Institut dem Wissenschaftsmagazin des MIT.
Ein weiteres Problem das Wissenschaftler beschreiben, ist der Prozess nach dem Wiederaufwachen, im Falle eine Ganzkörper Kryokonservierung. Nach der sogenannten Kryostase, beginnen Verfallsprozesse im Körper, die man nach heutigem Stand nicht wieder rückgängig machen kann. Außerdem muss das toxische Frostschutzmittel wieder aus allen Zellen entfernt werden, das vorher verwendet wurde, um die Kristallbildung zu verhindern. Zudem bleiben Krankheitsbilder wie zum Beispiel Krebs auch über das Einfrieren erhalten.
Grund ist nicht ganz klar
Also wofür das Ganze dann? Zumal die Kosten auch nicht ohne sind. Das Koservieren eines Gehirns wird bei den anbietenden Instituten für rund 80 000 US-Dollar angeboten, ein ganzer Körper kommt einem Haus nahe (circa. 200 000 USD).
Vielleicht gibt es Menschen, die glauben, dass die Leistung ihres Gehirns so famos ist, dass ihr Denkapparat unbedingt der Nachwelt hinterlassen werden muss. Doch was nach heutigem Stand der Erkenntnis allenfalls bewahrt wird, ist die sauber konservierte Ruine eines Gehirns. Das Leben darin ausgelöscht, keine elektrischen Impulse mehr, die vormals durch das Netzwerk von Synapsen sausten. Was übrig bleibt, ist ein Geflecht der Hirnzellen mit ihren Leitungsbahnen. Zumal, falls es irgendwann möglich sein sollte, der konservierten Gewebestruktur wieder Impuls zu geben, muss dafür auch noch ein intakter Körper zur Verfügung stehen.
Die Forschenden verfolgen einen komplett anderen Ansatz. Hier ist der Blick mehr auf die Fusion von Mensch und Maschine gerichtet – sozusagen das menschliche Gehirn als Steuerungseinheit einer Maschine mit all seinen humanen Zügen und Intiutionen. Diese Verbindung fasziniert nicht nur die Wissenschaftler, sondern generell. Der Gedanke daran schürt gleichzeitig auch Angst, dabei ist es eigentlich egal ob aus der Retorte oder ob fusioniert. Die Frage ist, inwiefern wird der Mensch nur noch zweitrangig neben einem aufgetauten Gehirn in fremden Körper oder steuernder Denkapparat einer Maschine sein Dasein behaupten können.
Olaf Mueller
Quellen: ARD (Wissen vor acht), Nectome, Wikipedia, Gemeinsamer Bundesausschuss, Universitätsklinikum Ulm, Spiegel, Quarks, Berliner Morgenpost, STAT
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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