Ungleichheit im Abseitsmarkt
55,4 Prozent der Arbeitnehmer verdienen unter 5 000 N$ im Monat
Zwei Ökonomen der First National Bank of Namibia haben in ihren Bericht über die Einkommensverteilung deutlich zum Vorschein gebracht, dass junge Menschen, Frauen und Akademiker um Berufe konkurrieren müssen die unter ihren Qualifikationen liegen.
Von Augetto Graig
(Bearbeitet von S. Noechel)
Windhoek
Eine Zunahme der Zahl der Absolventen in Namibia bedeutet nicht zwangsläufig ein höheres Einkommenswachstum. Die Einkommensverteilung veranschaulicht die Einkommemnsungleichheit in Namibia. So sollen 55,4 Prozent der arbeitenden Bevölkerung weniger als 5 000 N$ Bruttoeinkommen pro Monat verdienen und lediglich 2,6 Prozent der erwerbstätigen Arbeiterschaft erzielen ein Einkommen von mehr als 40 000 N$ monatlich.
„Diese Zahlen zeigen, dass ein sehr großer Teil der namibischen Arbeitskräfte in Niedriglohnjobs beschäftigt sind“, so die beiden Forscher Helena Mboti und Cheryl Emvula von der First National Bank of Namibia (FNB).
Nachdem die Namibische Statistik Agentur (NSA) in der vergangenen Woche die lang erwarteten Arbeitslosigkeitsstatistiken aus der nationalen Erhebung von 2023 veröffentlicht hatte, konnten die Ökonomen der Bank eine tiefere Analyse durchführen und Schlussfolgerungen ziehen, die die Arbeitsmarktlage in Namibia noch düsterer erscheinen lassen.
Während in 2023 bis zu 36,6 Prozent der Bevölkerung eine Sekundarschulbildung erreichen konnten – eine Verbesserung gegenüber den 26,3 Prozent aus dem Jahr 2011 –, zeigt der Arbeitsmarkt laut Forschungsergebnissen eine erhebliche Diskrepanz zwischen Bildungsniveau und verfügbaren Arbeitsmöglichkeiten. Trotz der Tatsache, dass 76,7 Prozent der Erwerbstätigen mindestens einen Schulabschluss haben, ist ein großer Teil der Arbeitskräfte in geringer qualifizierten Berufen tätig, so die Ökonomen der Bank.
Mboti und Emvula fanden heraus, dass 40,2 Prozent der Arbeitnehmer in Tätigkeiten beschäftigt waren, die höchstens eine Sekundarschulbildung erforderten, davon arbeiteten 13,4 Prozent im Dienstleistungssektor und 46,9 Provent in einfachen Berufen, im Handwerk, in der Produktion oder im Verkaufs- und Dienstleistungsbereich. „Diese Arten von Tätigkeiten bieten typischerweise niedrigere Löhne und stellen geringere Anforderungen an die Qualifikation.“ Im Gegensatz dazu sind nur 30,3 Prozent der Arbeitnehmer in höher qualifizierten Positionen beschäftigt, wie Fachkräfte, Führungskräfte, Techniker oder verwandte Berufe.
„Diese Diskrepanz zwischen Bildungsabschluss und den dazu passenden Beschäftigungsmöglichkeiten verdeutlicht eine Fehlanpassung auf dem Arbeitsmarkt, die zu Entmutigung unter den Arbeitnehmern führen und die gesamtwirtschaftliche Produktivität beeinträchtigen kann“, erklären die beiden Ökonomen.
Wenig selbstständige Berufschancen
Ihre Analyse zeigt zudem, dass Namibias Arbeitskräfte stark von einer festen Anstellung abhängig sind: Nur 9,2 Prozent aller Arbeitnehmer arbeiten selbstständig, und lediglich 2,8 Prozent dieser Unternehmer sind in der Lage, weitere Arbeitskräfte zu beschäftigen. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass es nur begrenzte Möglichkeiten für Unternehmertum und Selbstständigkeit gibt. Darüber hinaus wird der Unterschied zwischen der engen Definition von Arbeitslosigkeit, die in der Analyse von 2023 angewandt wurde, und den weiter gefassten Definitionen aus dem Jahr 2018 hervorgehoben.
„Der Unterschied zwischen der engen und der weit gefassten Definition verdeutlicht das Ausmaß der Unterbeschäftigung, da entmutigte Arbeitskräfte in der offiziellen Zählung von 2023 nicht berücksichtigt werden“, erklären die Ökonomen. Offiziell liegt die Arbeitslosenquote derzeit bei 36,9 Prozent, doch wenn die weiter gefasste Definition angewandt wird, steigt sie auf 54,8 Prozent – „eine der höchsten weltweit“, so die Experten.
Alarmierend hohe Zahlen
„Unabhängig von der Messmethode ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit alarmierend“, betonen Mboti und Emvula. Sie weisen darauf hin, dass das Problem systemisch ist, da die Arbeitslosigkeit in ländlichen Gebieten mit 38 Prozent nur geringfügig höher ist als in städtischen Gebieten mit 36,4 Prozent. Besonders besorgniserregend sei die wirtschaftliche Notlage in den Regionen Kavango Ost und West, wo die Arbeitslosenquote mit über 52 Prozent am höchsten sein soll.
Die hohe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen ist für die Ökonomen eine noch größere Sorge, da die NSA-Statistiken zeigen, dass nur 24,8 Prozent der jungen Menschen in Namibia erwerbstätig sind. Darüber hinaus sind scheinbar 41,9 Prozent der 15- bis 24-Jährigen weder beschäftigt noch in der Schule oder gehen sie einer anderen Ausbildung nach. „In Kombination mit dem hohen Anteil potenzieller Arbeitskräfte (53,6 Prozent) deutet dies auf eine besorgniserregende Entwicklung hin – insbesondere, da junge Menschen knapp 71,1 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen“, heißt es im FNB-Bericht.
Die informelle Beschäftigung könnte eine tragfähigere Option darstellen, doch Aspekte wie Arbeitsbedingungen, geleistete Arbeitsstunden und Art der Tätigkeiten wurden in der nationalen Erhebung nicht erfasst. Die Forscher stellten zudem einen erheblichen Geschlechterunterschied fest: 51,1 Prozent der Männer sind in Namibia erwerbstätig, verglichen mit nur 41,9 Prozent der Frauen.
(Bearbeitet von S. Noechel)
Windhoek
Eine Zunahme der Zahl der Absolventen in Namibia bedeutet nicht zwangsläufig ein höheres Einkommenswachstum. Die Einkommensverteilung veranschaulicht die Einkommemnsungleichheit in Namibia. So sollen 55,4 Prozent der arbeitenden Bevölkerung weniger als 5 000 N$ Bruttoeinkommen pro Monat verdienen und lediglich 2,6 Prozent der erwerbstätigen Arbeiterschaft erzielen ein Einkommen von mehr als 40 000 N$ monatlich.
„Diese Zahlen zeigen, dass ein sehr großer Teil der namibischen Arbeitskräfte in Niedriglohnjobs beschäftigt sind“, so die beiden Forscher Helena Mboti und Cheryl Emvula von der First National Bank of Namibia (FNB).
Nachdem die Namibische Statistik Agentur (NSA) in der vergangenen Woche die lang erwarteten Arbeitslosigkeitsstatistiken aus der nationalen Erhebung von 2023 veröffentlicht hatte, konnten die Ökonomen der Bank eine tiefere Analyse durchführen und Schlussfolgerungen ziehen, die die Arbeitsmarktlage in Namibia noch düsterer erscheinen lassen.
Während in 2023 bis zu 36,6 Prozent der Bevölkerung eine Sekundarschulbildung erreichen konnten – eine Verbesserung gegenüber den 26,3 Prozent aus dem Jahr 2011 –, zeigt der Arbeitsmarkt laut Forschungsergebnissen eine erhebliche Diskrepanz zwischen Bildungsniveau und verfügbaren Arbeitsmöglichkeiten. Trotz der Tatsache, dass 76,7 Prozent der Erwerbstätigen mindestens einen Schulabschluss haben, ist ein großer Teil der Arbeitskräfte in geringer qualifizierten Berufen tätig, so die Ökonomen der Bank.
Mboti und Emvula fanden heraus, dass 40,2 Prozent der Arbeitnehmer in Tätigkeiten beschäftigt waren, die höchstens eine Sekundarschulbildung erforderten, davon arbeiteten 13,4 Prozent im Dienstleistungssektor und 46,9 Provent in einfachen Berufen, im Handwerk, in der Produktion oder im Verkaufs- und Dienstleistungsbereich. „Diese Arten von Tätigkeiten bieten typischerweise niedrigere Löhne und stellen geringere Anforderungen an die Qualifikation.“ Im Gegensatz dazu sind nur 30,3 Prozent der Arbeitnehmer in höher qualifizierten Positionen beschäftigt, wie Fachkräfte, Führungskräfte, Techniker oder verwandte Berufe.
„Diese Diskrepanz zwischen Bildungsabschluss und den dazu passenden Beschäftigungsmöglichkeiten verdeutlicht eine Fehlanpassung auf dem Arbeitsmarkt, die zu Entmutigung unter den Arbeitnehmern führen und die gesamtwirtschaftliche Produktivität beeinträchtigen kann“, erklären die beiden Ökonomen.
Wenig selbstständige Berufschancen
Ihre Analyse zeigt zudem, dass Namibias Arbeitskräfte stark von einer festen Anstellung abhängig sind: Nur 9,2 Prozent aller Arbeitnehmer arbeiten selbstständig, und lediglich 2,8 Prozent dieser Unternehmer sind in der Lage, weitere Arbeitskräfte zu beschäftigen. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass es nur begrenzte Möglichkeiten für Unternehmertum und Selbstständigkeit gibt. Darüber hinaus wird der Unterschied zwischen der engen Definition von Arbeitslosigkeit, die in der Analyse von 2023 angewandt wurde, und den weiter gefassten Definitionen aus dem Jahr 2018 hervorgehoben.
„Der Unterschied zwischen der engen und der weit gefassten Definition verdeutlicht das Ausmaß der Unterbeschäftigung, da entmutigte Arbeitskräfte in der offiziellen Zählung von 2023 nicht berücksichtigt werden“, erklären die Ökonomen. Offiziell liegt die Arbeitslosenquote derzeit bei 36,9 Prozent, doch wenn die weiter gefasste Definition angewandt wird, steigt sie auf 54,8 Prozent – „eine der höchsten weltweit“, so die Experten.
Alarmierend hohe Zahlen
„Unabhängig von der Messmethode ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit alarmierend“, betonen Mboti und Emvula. Sie weisen darauf hin, dass das Problem systemisch ist, da die Arbeitslosigkeit in ländlichen Gebieten mit 38 Prozent nur geringfügig höher ist als in städtischen Gebieten mit 36,4 Prozent. Besonders besorgniserregend sei die wirtschaftliche Notlage in den Regionen Kavango Ost und West, wo die Arbeitslosenquote mit über 52 Prozent am höchsten sein soll.
Die hohe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen ist für die Ökonomen eine noch größere Sorge, da die NSA-Statistiken zeigen, dass nur 24,8 Prozent der jungen Menschen in Namibia erwerbstätig sind. Darüber hinaus sind scheinbar 41,9 Prozent der 15- bis 24-Jährigen weder beschäftigt noch in der Schule oder gehen sie einer anderen Ausbildung nach. „In Kombination mit dem hohen Anteil potenzieller Arbeitskräfte (53,6 Prozent) deutet dies auf eine besorgniserregende Entwicklung hin – insbesondere, da junge Menschen knapp 71,1 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen“, heißt es im FNB-Bericht.
Die informelle Beschäftigung könnte eine tragfähigere Option darstellen, doch Aspekte wie Arbeitsbedingungen, geleistete Arbeitsstunden und Art der Tätigkeiten wurden in der nationalen Erhebung nicht erfasst. Die Forscher stellten zudem einen erheblichen Geschlechterunterschied fest: 51,1 Prozent der Männer sind in Namibia erwerbstätig, verglichen mit nur 41,9 Prozent der Frauen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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