Zum Welt-Lehrer-Tag: Jeden Tag aufs Neue gefordert
„Ich gehe morgens frohen Mutes zur Arbeit, weil ich das Gefühl habe, etwas Sinnvolles und Erfüllendes zu leisten.
Ich liebte die Grammatik schon in der Schule und gehöre somit sicherlich zu einer winzigen Minderheit. Die Vermittlung der deutschen Sprache als Muttersprache war und ist in diesem Land eine große Herausforderung. Und wenn ich in meinem Deutschunterricht versuche, das Indefinitpronomen mit Händen und Füßen zu erklären und so richtig in meinem Element bin, dieses als etwas Spannendes und Wichtiges zu verkaufen, und es kommt dann inmitten meiner größten Bemühungen die Frage: ,Können wir heute in der Klassenlehrerstunde wieder das Pizza-Spiel spielen?´, dann wird mir wieder bewusst, dass wir Lehrer mit unseren Schülern in zwei Welten leben: Die eine ist die Wirkliche, in der es WhatsApp, Internet, Instagram, X-Box, Sport, Musik und Liebesdramen gibt, mit dem Streben nach Neuigkeiten, Wichtigtuerei und Anerkennung. Die andere Welt ist die, in der wir Lehrer versuchen, mit unserer Grammatik, dem Dreisatz oder chemischen Formeln den Kindern und Jugendlichen etwas Grundsätzliches mitzugeben und sie auf das wirkliche Leben außerhalb unseres Klassenzimmers vorzubereiten.
Daher sollte man in unserem Beruf, in dem wir es mit Menschen zu tun haben, stets mit Unvorhergesehenem und Überraschungen rechnen. Eine hohe Flexibilität sowie ein solides Nervenkostüm bringen klar einen Vorteil. Man muss Kinder, Jugendliche und sich selbst mögen, ohne deren Kumpel sein zu wollen. Kinder sind kleine clevere ,(B)Engelchen´, die sehr wohl vieles sehen und hören, was nicht unbedingt für ihre Ohren bestimmt ist. In der Klasse hat man dann aber zeitweilig das Gefühl, dass sie vielleicht ein auditives Problem haben. Schafft man es jedoch, deren Bedürfnisse und Probleme ernst zu nehmen, ihnen mit Respekt zu begegnen, setzt man Grenzen, innerhalb welcher sie sich frei entfalten können und dürfen, achtet auf deren Einhaltung und ist dabei auch noch gerecht und berechenbar, dann hat man schon ziemlich gute Karten.
Wie oft hört man Erwachsene sagen: Ich habe die Schule gehasst, oder: Mein letzter Schultag war mein schönster Tag. Vor 30 Jahren gab es noch nicht so tolle Unterrichtsformen wie: offen, binnendifferenziert, individualisiert, inklusiv, oder Methoden wie „Fisch bowl“, KL usw. Da hieß es: Kinder hört zu, seid still, schreibt die fünf Tafeln ab und lernt das zuhause auswendig.
Ich erinnere mich noch genau an meinen Berufseinstieg in Swakopmund. Ich sollte eine 4. Klasse übernehmen mit den Fächern Deutsch und Mathematik - das wäre genau mein Ding. Bei der Ankunft dann aber, eine Woche vor Schulbeginn, bat mich der stellvertretende Schulleiter, eine 1. Klasse zu führen. Mich traf der Schlag: Wie bringt man nur diesen Kleinen Lesen und Schreiben bei? Ich hatte ja eine ganz andere Ausbildung. Gleich im 1. Jahr machte ich wertvolle Erfahrungen und erkannte die unterschiedlichen Lerntypen: Der eine ist eher der auditive Lerner, der andere eher der kinetische. Und diesen Spagat zwischen den verschiedenen Lerntypen und Persönlichkeiten hinzubekommen, fordert uns jeden Tag aufs Neue heraus.
Auch kann ich mich noch gut an den kleinen Farmerjungen erinnern, der des Öfteren aus der Klasse rannte und sich versteckte. Wenn ich ihn dann endlich gefunden hatte, wurde ein bisschen geknuddelt und dann ging’s wieder. Nur zu gut wusste ich, wie er sich fühlte, war ich doch selber zwölf Jahre im Internat. Die Kinder und Eltern waren so verständnisvoll und unterstützend und ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit bei allen damaligen Eltern in Swakopmund. Ihr habt meinen Einstieg ins Berufsleben wahrlich geebnet.
Ich bin heute noch nach fast 30 Jahren gerne Lehrerin, weil:
- meine Fächer mir Spaß machen. Gerade die Mathematik ist nicht jedermanns Sache und ich versuche den Kindern, wenn sie in der 5. Klasse bei mir ankommen, immer erst einmal zu zeigen, dass Mathe (manchmal) auch Spaß machen kann, z.B. den Quader mit Hilfe einer Smartiebox kennenzulernen oder eine Mathe-Olympiade zu veranstalten, bei der die Zahnstocher als Speere umfunktioniert werden.
- es selten langweilig wird, die Unterrichtsstunden vergehen meistens viel zu schnell.
- ich meinen Kindern und mir gegenüber ehrlich sein kann. Junge Menschen sind noch so unvoreingenommen, offen und ehrlich. Ein Verkäufer verfolgt dagegen bisweilen andere Interessen als seine Kunden.
- ich vortragen kann, was ich denke und mein Publikum nicht einfach weglaufen kann.
- meine Schüler mir oft etwas zurückgeben. Wenn wir Erwachsenen genau hinschauen und -hören, erfahren wir so manches Wertvolle.
- es schön ist, mitzuerleben, wie aus Kindern junge Erwachsene werden und man sie ein Stück dabei begleitet. Wenn ehemalige Schüler sich noch gerne an das „50-Cent-Spiel“ in unserem Deutschunterricht erinnern , dann stimmt mich das glücklich und stolz. Kurz zum Verständnis: Wer in meinem Unterricht einen nicht-deutschen oder typischen namlischen Ausdruck benutzt, wie: eine Form einfüllen, oder bei NaDEET hörte ich die Kinder sagen: „Oukies, ihr müsst nicht so mit Wasser morschen“, der muss 50 Cent in die Klassenkasse zahlen; mit dem Geld gehen wir dann Ende des Jahres Eis essen.
- wir ein tolles, hilfsbereites und vielfältiges Kollegium sind, bei dem ein reger Austausch stattfindet und genau das macht es so spannend. Unsere Schule befindet sich immer im Wandel. Laufend muss man sich neuen Herausforderungen und Pflichten stellen, darf an Fortbildungen teilnehmen, nicht pädagogische Arbeiten erfüllen wie neue Curricular oder Konzepte schreiben. Und gerade wenn man denkt, einem gehe die Puste aus, ist es besonders schön, wenn man von Schülern mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ begrüßt wird und nette Kolleginnen und Kollegen im Lehrerzimmer trifft.
Ich bedanke mich daher bei meinen Kollegen und Kolleginnen, bei meiner Schulleiterin, bei unserem Vorstand und allen denjenigen, die mir das Vertrauen entgegen gebracht und dazu beigetragen haben, dass ich heute abend hier oben stehen darf. Ich bedanke mich bei meiner Familie, die so manches mal auf mich verzichten oder zurückstecken musste. Ich bedanke mich bei meinen Schülern, die mich oft zum Lachen bringen ( manchmal auch zur Verzweiflung) und mir das Gefühl und Vertrauen geben, ich trage zu deren Leben bei.
Und natürlich bedanke ich mich ganz herzlich beim Kuratorium, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, unseren Beruf einmal im Jahr besonders hervorzuheben, junge Menschen und uns, die schon etwas länger diesen Beruf ausüben, zu motivieren und mir diese Anerkennung hat zukommen lassen.“
Ich liebte die Grammatik schon in der Schule und gehöre somit sicherlich zu einer winzigen Minderheit. Die Vermittlung der deutschen Sprache als Muttersprache war und ist in diesem Land eine große Herausforderung. Und wenn ich in meinem Deutschunterricht versuche, das Indefinitpronomen mit Händen und Füßen zu erklären und so richtig in meinem Element bin, dieses als etwas Spannendes und Wichtiges zu verkaufen, und es kommt dann inmitten meiner größten Bemühungen die Frage: ,Können wir heute in der Klassenlehrerstunde wieder das Pizza-Spiel spielen?´, dann wird mir wieder bewusst, dass wir Lehrer mit unseren Schülern in zwei Welten leben: Die eine ist die Wirkliche, in der es WhatsApp, Internet, Instagram, X-Box, Sport, Musik und Liebesdramen gibt, mit dem Streben nach Neuigkeiten, Wichtigtuerei und Anerkennung. Die andere Welt ist die, in der wir Lehrer versuchen, mit unserer Grammatik, dem Dreisatz oder chemischen Formeln den Kindern und Jugendlichen etwas Grundsätzliches mitzugeben und sie auf das wirkliche Leben außerhalb unseres Klassenzimmers vorzubereiten.
Daher sollte man in unserem Beruf, in dem wir es mit Menschen zu tun haben, stets mit Unvorhergesehenem und Überraschungen rechnen. Eine hohe Flexibilität sowie ein solides Nervenkostüm bringen klar einen Vorteil. Man muss Kinder, Jugendliche und sich selbst mögen, ohne deren Kumpel sein zu wollen. Kinder sind kleine clevere ,(B)Engelchen´, die sehr wohl vieles sehen und hören, was nicht unbedingt für ihre Ohren bestimmt ist. In der Klasse hat man dann aber zeitweilig das Gefühl, dass sie vielleicht ein auditives Problem haben. Schafft man es jedoch, deren Bedürfnisse und Probleme ernst zu nehmen, ihnen mit Respekt zu begegnen, setzt man Grenzen, innerhalb welcher sie sich frei entfalten können und dürfen, achtet auf deren Einhaltung und ist dabei auch noch gerecht und berechenbar, dann hat man schon ziemlich gute Karten.
Wie oft hört man Erwachsene sagen: Ich habe die Schule gehasst, oder: Mein letzter Schultag war mein schönster Tag. Vor 30 Jahren gab es noch nicht so tolle Unterrichtsformen wie: offen, binnendifferenziert, individualisiert, inklusiv, oder Methoden wie „Fisch bowl“, KL usw. Da hieß es: Kinder hört zu, seid still, schreibt die fünf Tafeln ab und lernt das zuhause auswendig.
Ich erinnere mich noch genau an meinen Berufseinstieg in Swakopmund. Ich sollte eine 4. Klasse übernehmen mit den Fächern Deutsch und Mathematik - das wäre genau mein Ding. Bei der Ankunft dann aber, eine Woche vor Schulbeginn, bat mich der stellvertretende Schulleiter, eine 1. Klasse zu führen. Mich traf der Schlag: Wie bringt man nur diesen Kleinen Lesen und Schreiben bei? Ich hatte ja eine ganz andere Ausbildung. Gleich im 1. Jahr machte ich wertvolle Erfahrungen und erkannte die unterschiedlichen Lerntypen: Der eine ist eher der auditive Lerner, der andere eher der kinetische. Und diesen Spagat zwischen den verschiedenen Lerntypen und Persönlichkeiten hinzubekommen, fordert uns jeden Tag aufs Neue heraus.
Auch kann ich mich noch gut an den kleinen Farmerjungen erinnern, der des Öfteren aus der Klasse rannte und sich versteckte. Wenn ich ihn dann endlich gefunden hatte, wurde ein bisschen geknuddelt und dann ging’s wieder. Nur zu gut wusste ich, wie er sich fühlte, war ich doch selber zwölf Jahre im Internat. Die Kinder und Eltern waren so verständnisvoll und unterstützend und ich bedanke mich bei dieser Gelegenheit bei allen damaligen Eltern in Swakopmund. Ihr habt meinen Einstieg ins Berufsleben wahrlich geebnet.
Ich bin heute noch nach fast 30 Jahren gerne Lehrerin, weil:
- meine Fächer mir Spaß machen. Gerade die Mathematik ist nicht jedermanns Sache und ich versuche den Kindern, wenn sie in der 5. Klasse bei mir ankommen, immer erst einmal zu zeigen, dass Mathe (manchmal) auch Spaß machen kann, z.B. den Quader mit Hilfe einer Smartiebox kennenzulernen oder eine Mathe-Olympiade zu veranstalten, bei der die Zahnstocher als Speere umfunktioniert werden.
- es selten langweilig wird, die Unterrichtsstunden vergehen meistens viel zu schnell.
- ich meinen Kindern und mir gegenüber ehrlich sein kann. Junge Menschen sind noch so unvoreingenommen, offen und ehrlich. Ein Verkäufer verfolgt dagegen bisweilen andere Interessen als seine Kunden.
- ich vortragen kann, was ich denke und mein Publikum nicht einfach weglaufen kann.
- meine Schüler mir oft etwas zurückgeben. Wenn wir Erwachsenen genau hinschauen und -hören, erfahren wir so manches Wertvolle.
- es schön ist, mitzuerleben, wie aus Kindern junge Erwachsene werden und man sie ein Stück dabei begleitet. Wenn ehemalige Schüler sich noch gerne an das „50-Cent-Spiel“ in unserem Deutschunterricht erinnern , dann stimmt mich das glücklich und stolz. Kurz zum Verständnis: Wer in meinem Unterricht einen nicht-deutschen oder typischen namlischen Ausdruck benutzt, wie: eine Form einfüllen, oder bei NaDEET hörte ich die Kinder sagen: „Oukies, ihr müsst nicht so mit Wasser morschen“, der muss 50 Cent in die Klassenkasse zahlen; mit dem Geld gehen wir dann Ende des Jahres Eis essen.
- wir ein tolles, hilfsbereites und vielfältiges Kollegium sind, bei dem ein reger Austausch stattfindet und genau das macht es so spannend. Unsere Schule befindet sich immer im Wandel. Laufend muss man sich neuen Herausforderungen und Pflichten stellen, darf an Fortbildungen teilnehmen, nicht pädagogische Arbeiten erfüllen wie neue Curricular oder Konzepte schreiben. Und gerade wenn man denkt, einem gehe die Puste aus, ist es besonders schön, wenn man von Schülern mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ begrüßt wird und nette Kolleginnen und Kollegen im Lehrerzimmer trifft.
Ich bedanke mich daher bei meinen Kollegen und Kolleginnen, bei meiner Schulleiterin, bei unserem Vorstand und allen denjenigen, die mir das Vertrauen entgegen gebracht und dazu beigetragen haben, dass ich heute abend hier oben stehen darf. Ich bedanke mich bei meiner Familie, die so manches mal auf mich verzichten oder zurückstecken musste. Ich bedanke mich bei meinen Schülern, die mich oft zum Lachen bringen ( manchmal auch zur Verzweiflung) und mir das Gefühl und Vertrauen geben, ich trage zu deren Leben bei.
Und natürlich bedanke ich mich ganz herzlich beim Kuratorium, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, unseren Beruf einmal im Jahr besonders hervorzuheben, junge Menschen und uns, die schon etwas länger diesen Beruf ausüben, zu motivieren und mir diese Anerkennung hat zukommen lassen.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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