Wohin entwickelt sich die SADC?

Bedingt durch die Entwicklung in Asien und notorischer Krisenberichterstattung über Afrika geht ein historisch einmaliges Experiment an der Weltöffentlichkeit weitgehend vorbei. Die 14 Mitgliedsländer der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) wollen ernst machen mit der gemeinsamen Zukunft. Was erwartet die SADC-Staaten in 2005? Teil 3 von14: Malawi



Wer sich Malawi über die kalten Fakten nähert, bekommt schnell Depressionen. Laut offizieller Statistik ist das Land mit seinen rund 12 Millionen Einwohnern eines der zehn ärmsten Länder der Welt. Diese Tatsache erübrigt im Prinzip jedes weitere Eingehen auf die Eckdaten des Landes, wie Wirtschaftskraft, Kindersterblichkeit, Korruptionsindex usw. - alle diese Daten sind niederschmetternd.

Wer Malawi jedoch einmal bereist hat, sieht es oft mit ganz anderen Augen. Obwohl es im afrikanischen Maßstab mit 118480 qkm zu den kleineren Staaten gehört, verbirgt sich eine eigene Welt dort, mit quirligen, fröhlichen Menschen, denen ihr angebliches "Elend" in der Mehrheit gar nicht bewusst ist. Kalt ist dort gar nichts, weshalb es für die SADC-Bewohner auch zu einem beliebten Reiseland wurde. Im Gegenzug bereisen die fahrenden Händler des Landes inzwischen problemlos die Länder der SADC und bieten dort eine ganze Palette recht hoch entwickelter Handwerkskunst an. Mit ihren Geschichten unterhalten sie oft ganze Einkaufszentren, sie scheinen geborene Entertainer zu sein, die mit ihrer Haltung des "easy going" sogar in Afrika hervorstechen.

Aber genau hier fangen auch die Probleme des Landes an. Denn ihre entspannte Art des in den Tag hinein lebens sorgt seit der Unabhängigkeit im Jahr 1964 für genauso viel Probleme wie für Sympathien. In moderner Verwaltung, Organisation, Politik und Wirtschaft gibt es keinen Platz dafür, sie erfordert Disziplin und effiziente, sachliche Kommunikation. Vokabeln, die in Malawi eher belächelt als ernst genommen werden und Vertreter nördlicher Geberländer ein ums andere Mal in die Tischkante beißen lassen.

Aber auch den Regierungen anderer Länder im Südlichen Afrika reißt so langsam im Umgang mit Malawi der Geduldsfaden. Nachdem die Regierung drei Jahre hintereinander "vergessen" hatte seine Mitgliedsbeiträge an das SADC-Sekretariat in Botswana zu überweisen, wurde es den Nachbarländern zu viel. Bis zur vollständigen Zahlung der Beiträge in Höhe von 150 Millionen Malawi Kwacha (rund N$ neun Millionen) wurde Malawi mit einer Reihe von SADC-Restriktionen der "Bruderländer" belegt, die sich normalerweise schwer tun mit Kritik an ihren Nachbarn. Die Reaktion der Regierung war erneut bezeichnend. Sie verwies darauf, dass Malawi sowieso eher von der Mitgliedschaft in der Handelsorganisation COMESA (Common Market for Eastern and Southern Africa) profitiere. Was sie allerdings nicht erwähnte: auch dort steht Malawi mit Millionen an ausstehenden Beiträgen in der Kreide.

Solche Geschichten finden sich über Malawi zuhauf. Der Rat der zweitgrößten Stadt des Landes Blantyre z.B. war im vergangenen Jahr mehrere Wochen ohne Telefon- und Faxverbindungen, wegen unbezahlter Rechnungen. Der Weltwährungsfond IMF wiederum entschied sich vor einigen Jahren, ihre Bewertungen für eines der mit rund US$ 600 Millionen pro Jahr am stärksten alimentierten Länder der Welt in Bezug auf zugesagte Reformen zu ändern, da man die Regierung nicht unnötig demoralisieren wollte. Seitdem werden nicht mehr die erzielten Fortschritte gelobt, sondern die "Bemühungen", diese durchzusetzen.

In Malawi, wo 90 Prozent der Bevölkerung im Landwirtschaftsektor tätig sind, steht noch immer "Nahrungsmittelsicherheit" ganz oben auf der Entwicklungsagenda. Dabei blicken Länder wie Namibia voller Neid auf eines der größten Süßwasserreservoirs in Afrika - den 24400 qkm großen, kristallklaren Malawisee.

Heißt es also "Daumen runter" für das Land, gepaart mit einem arroganten "Die schaffen es sowieso nicht"? Ganz im Gegenteil. Sollte Malawi eines Tages auf den Weltmärkten faire Preise für dort exzellent gedeihende Produkte wie Tabak, Tee oder Baumwolle bekommen, könnte sich die Situation schnell ändern. Auch kürzlich entdeckte, noch völlig unerschlossene Vorkommen an Uran, Kohle und Bauxit könnten verarbeitet und exportiert werden.

Vieles wird vom 2004 neu gewählten Präsidenten Bingu Wa Mutharika und seinem Versprechen abhängen, endlich ernst zu machen mit der nachhaltigen Entwicklung des Landes. Hierzu müssen aber auch die Geberorganisationen endlich die Samthandschuhe ablegen und anfangen Tacheles zu reden. Denn sein Vorgänger Bakili Muluzi hat es geschafft, mit den gleichen Versprechen und trotz einer Komplettentschuldung im Jahr 2000 die Verschuldung des Landes bis Juni 2004 in Rekordzeit wieder auf 54 Milliarden Kwacha zu treiben. Über 30 Prozent des Staatshaushalts 2005 fließen bereits wieder in den Schuldendienst. So wird das nichts.