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Wahlfälschung und Randale: Auf welchem Weg ist Togo?

Vier Wochen nach der manipulierten Parlamentswahl in Simbabwe ist nun der westafrikanische Kleinstaat Togo durch eine gefälschte Wahl in eine schwere Krise geraten: Seit den blutigen Zusammenstößen zwischen Regierungs- und Oppositionsanhängern im Anschluss an die Präsidentenwahl vor zehn Tagen ist die Lage in der ehemaligen deutschen Kolonie stark angespannt. Inoffiziellen Angaben zufolge sind bei den Unruhen bislang mindestens 25 Menschen ums Leben gekommen. Andere Quellen sprechen von über 100 Toten. Deutschland, das Togo zwischen 1884 und 1914 als "Schutzgebiet" verwaltete, ist unerwartet in en Sog der Krise geraten: Ende letzter Woche wurde sein Goethe-Institut in der Hauptstadt Lomé gezielt angegriffen. Menschen kamen dabei aber nicht zu Schaden. Es war der erste direkte Anschlag auf ein Goethe-Institut weltweit. Außenminister Joschka Fischer verurteilte den Anschlag auf das Kulturinstitut als "gesetzlosen Gewaltakt" und verlngte Aufklärung. Die weniger als 300 Deutschen, die zurzeit dauerhaft in Togo leben, waren am vergangenen Wochenende aufgefordert worden, das Land vorübergehend zu verlassen. Das togolesische Regime wirft Deutschland seit längerem vor, die Opposition im Land direkt zu unterstützen. Als Indiz wird nun auch angeführt, dass der fristlos entlassene Innenminister Francois Boko vor einigen Tagen in der deutschen Botschaft Zuflucht suchte, weil er um sein Leben fürchtet. Unmittelbar vor seiner Amtsenthebung hatte Boko vor einem Bürgerkrieg in Togo gewarnt falls die Wahlen entgegen den Wünschen der Opposition schon jetzt stattfinden würden.

Obwohl Deutschland wegen seiner Kritik an den chaotischen Verhältnissen in Togo nun in die Rolle des Sündenbocks geschlüpft ist, sind die Beziehungen Lomés zur Europäischen Union (EU) seit langem zerrüttet. Die EU hatte fast alle Kontakte zu Togo vor 12 Jahren abgebrochen, als der im Februar verstorbene Langzeit-Diktator Gnassingbé Eyadema zum wiederholten Male eine Wahl gefälscht hatte und dabei, wie auch jetzt, etliche Oppositionelle ums Leben gekommen waren.

Sein Sohn Fauré Gnassingbé scheint nun direkt in die Fußstapfen seines Vaters zu treten. Allerdings scheiterte ein erster Versuch des 39-Jährigen, sich gleich nach dem Tod des Vaters verfassungswidrig zu dessen Nachfolger zu küren. Die dazu angewandten Betrügereien waren derart eklatant, dass selbst die für gewöhnlich träge Afrikanische Union (AU) und die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) protestierten und Gnassingbe zum Rücktritt zwangen. Danach versuchte der Diktatorensohn, wie von seinem Vater mehrfach vorgeführt, die Macht durch Wahlfälschung zu erhalten, was auch gelang. Angesichts der starken Polarisierung besteht derzeit kaum Aussicht auf eine rasche Lösung der Krise wie sie gegenwärtig eine Delegation der Ecowas versucht. Gnassingbé verfügt über einen gut geölten Regierungs- und Sicherheitsapparat und kontrolliert die staatlichen Medien.

Der Sohn von Langzeitdiktator Eyadema war letzte Woche mit 60 Prozent der Stimmen zum Wahlsieger erklärt und am Mittwoch vereidigt worden. Oppositionskandidat Emmanuel Bob Akitani wies das Ergebnis umgehend zurück und erklärte sich selbst zum Präsidenten. Die Opposition selbst kündigte an, dem Land neue Impulse zu verleihen. Togo leidet vor allem unter einem markanten Rückgang seiner Phosphatausfuhren, die zusammen mit der Baumwolle für rund Zweidrittel seiner Exporte verantwortlich sind. Das Pro-Kopf-Einkommen des Landes gehört mit knapp 400 Dollar pro Jahr zu den niedrigsten der Welt; seine Gesamtschulden belaufen sich auf mehr als 100 Prozent des Sozialprodukts.

Da Togos Wirtschaftswachstum mit 3,5% nur leicht über dem Bevölkerungszuwachs von 3% liegt, hat sich die Armut zuletzt kaum vermindert. Bezeichnend ist auch, dass nach 37 Jahren Diktatur nur kaum 60% der 5,5 Millionen Togolesen lesen und schreiben können. Dass Togo wirtschaftlich nicht weiter zurückgefallen ist, hat es seiner starken Ausrichtung auf die Region zu verdanken. Angesichts des Abbruchs seiner Beziehungen zum Westen gehen die meisten Exporte heute notgedrungen in die Anrainerstaaten, vor allem nach Mali, Burkina Faso und Niger. Für Togo sprechen zudem sein natürlicher Tiefseehafen und eine im afrikanischen Vergleich eher moderate Korruption. Auch haben sich viele der im Oktober aus der Elfenbeinküste vertriebenen Franzosen in Lomé angesiedelt. Ein Grund dafür ist, dass Togo im Gegensatz zum benachbarten Ghana der "Zone Franc" angehört - der Währungsunion der frankophonen afrikanischen Nationen. Ob dies allerdings ausreichen wird, um das Land wirtschaftlich auf die Sprünge zu helfen, muss nach den Entwicklungen der letzten Tage bezweifelt werden.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-06-18

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