Von Wasserfall zu Wasserfall

"Kaokoveld im Dezember? Viel zu heiß!" Die Reaktionen auf eine Tourankündigung im letzten Jahresmonat sind meist von Skepsis und Unverständnis begleitet. Zugegeben steckt wohl auch etwas Neid dahinter, denn das ca. 50000 Quadratkilometer große Gebiet im Nordwesten Namibias gilt als eine der schönsten und aufregendsten Gegenden in diesem Land, welches Namibier und Touristen von außerhalb gleichermaßen in seinen Bann zieht. Neben den Erwartungen auf kontrastreiche und einmalige Landschaften, die Begegnung mit dem Alltag der Himba sowie atemberaubende, weil seltene Tierwelt (z.B. Wüstenelefanten), gibt es noch einen Grund, der tausende Besucher in den äußersten Norden zieht: Wasser, genauer: der Kunene.

Wer sich aufmacht ins Kaokoveld, braucht neben guter Ausrüstung inklusive Vorrat an Trinkwasser und Benzin vor allem eines: Zeit. Mindestens acht, besser zehn Tage sollte man für eine Tour einplanen, heißt es. Doch es geht auch auf kürzerem Weg, etwa zu einer Visite der Epupa-Fälle des Kunene. Ein Streifzug freilich, aber dennoch lohnenswert.


Als Zwischenstation für die Anreise eignet sich Kamanjab, von Windhoek aus ist dies eine bequeme Tagesroute (ca. 440 km) durchweg auf Teerstraße. Die Kamanjab Campsite bietet reichlich Platz zum Übernachten, dazu ein Schwimmbecken, gemauerte Sanitäreinrichtungen und eine rustikale Bar. Preis: N$ 35.00 pro Person und Nacht zuzüglich 15% VAT.


Von Kamanjab nach Opuwo sind es auf der kürzesten Route ca. 260 Kilometer, wobei sich ein Halt in dem kleinen Ort in mehrfacher Hinsicht lohnt. Einerseits bietet Opuwo die Möglichkeit für einen (garantierten) Tankstopp, andererseits gibt es dort das Kaoko Information Centre & Tour Guides. Das Büro, welches Montag bis Sonntag von 8 bis 17 Uhr geöffnet ist, hält Kartenmaterial parat und überdies noch Flyer und Broschüren von Übernachtungsmöglichkeiten sowie anderen touristischen Angeboten in der nördlichen Kunene-Region. Auch geführte Touren (zu den Epupa-Fällen, nach Ruacana, in das Marienfluss-Tal, an die Skelettküste oder auf Wunsch zu anderen Orten) können hier gebucht und gestartet werden. Ansprechpartner ist Munduu Styllish, der im Informationsbüro unter Telefon-Nr. 065-273420 zu erreichen ist.


Auf dem Weg nach Norden werden ein paar Kilometer jenseits von Opuwo die Besiedlung dünner und die Straßen etwas holpriger. Auch das Vegetationsbild ändert sich grundlegend: Mopanebäume und später auch Anabäume und Kameldornbäume beherrschen nun die Szenerie auf der rund 180 Kilometer langen Strecke nach Epupa. Des Weiteren tauchen links und rechts die ersten Dörfer der Himba auf, und nicht selten grüßen die Bewohner am Wegesrand die Vorbeifahrenden freundlich.


Nachdem sich der Weg durch einige Berge einen kleinen Pass hinaufwindet, gleitet hinter einer Abbiegung der Blick über ein Tal. Und die Augen werden schlagartig größer: Riesige Palmen ragen aus einem langen Grüngürtel heraus. Eine Fata Morgana? Keinesfalls. Denn auf dem zweiten Blick ist ganz deutlich Wasser zu sehen - blau und klar, dazu eine Fontäne weißer Gischt, die Epupa-Fälle.


Je näher man denen kommt, desto deutlicher ist auch das Rauschen zu vernehmen, welches der Kunene bei seinem Sturz in die Tiefe verursacht. Dieses Naturschauspiel ist ebenso faszinierend wie anziehend. Überhaupt ist die grüne Vegetation, die das Wasser umgibt, so ungewohnt, dass man stundenlang verharren und den Blick schweifen lassen möchte. Im Schatten und durch eine frisch-feuchte Brise lässt sich dies sogar ohne Probleme aushalten. Natürlich lädt der Kunene auch zum Baden und Abkühlen ein, allerdings sollten die Warnungen der Bewohner vor Krokodilen ernst genommen werden.


Direkt am Wasser gibt es zwei öffentliche Camps (Epupa und Omarunga) sowie ein privates Gelände (Hot Spring Camp). In letzterem werden N$ 35.00 pro Person und Nacht berechnet, Duschen und Toiletten sind auf allen Plätzen vorhanden. In dem Dorf nebenan gibt es sogar einen kleinen Laden für ein paar Notwendigkeiten.


Die Himba sind hier allgegenwärtig und haben sich bereits auf Touristen(ansprüche) eingerichtet. An den Epupa-Fällen oder auch am Straßenrand verkaufen sie Schmuck, traditionelle Teile ihrer Kleidung und andere Handarbeiten. Betteleien sind die Ausnahme, der wahrlich überwiegende Teil dieser Menschen reagiert auf Fremde mit freundlicher Bescheidenheit. Andere "Warnungen" haben durchaus eine Berechtigung. Denn die teilweise verdreckten Territorien durch achtloses Wegwerfen von Müll bleiben wohl niemandem verborgen.


Eine von der beschriebenen Anfahrt etwas abweichende Variante kann für die Rückroute genutzt werden. Zunächst geht es wieder nach Opuwo und von dort auf der D3704 gen Süden. Die weiten Ebenen sowie die Berglandschaft sind absolut faszinierend, und wer seinen Blick auf den Boden richtet, erkennt, dass die Wüstenelefanten stets präsent sind. Sie zu Gesicht zu bekommen, benötigt freilich viel Glück.


Nach dem Abzweig nach Sesfontein (der ignoriert wird) sind es nur noch wenige Kilometer bis Warmquelle und dann bis zum Ongongo Community Rest Camp in der Nachbarschaft. Die Unterkunft ist mit N$ 20.00 pro Person und Nacht denkbar preiswert, aber noch schöner ist der ausgeschilderte "Pool". Inmitten der kargen Gegend plätschert plötzlich ein kleiner Wasserfall aus einem Berg und ergießt sich in einem glasklaren Kolk - das Aha-Erlebnis ist perfekt. Und so bietet sich erneut eine wohltuende und einmalige Möglichkeit, sich in dieser trockenen Region zu erfrischen. Und dann lässt sich die Hitze auch viel besser ertragen.


Kaokoveld im Dezember? Meinetwegen auch ein zweites Mal.