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Simbabwe vorm Kollaps: Die Wirtschaft wird Mugabe zum Verhängnis

Bis zu viermal am Tag werden die Preisschilder in den Supermärkten inzwischen ausgetauscht. "Ich streife durch die Läden, um zu sehen, welche Sachen noch nicht raufgesetzt worden sind", erzählt Charles, ein junger Mann mit Rastalocken, der bislang als Vorarbeiter in einer Fabrik tätig war. Gerade hat er Haargel für 30000 Simbabwe-Dollar (Z$) entdeckt, das anderswo bereits für 130000 Z$ über den Tresen geht. Die sechs von ihm gekauften Tuben verhökert er im Schwarzhandel auf der Straße für ein Mehrfaches.
Lange ist der ökonomische Niedergang im Zeitlupentempo erfolgt. Doch nun scheint Simbabwes Wirtschaft endgültig kollabiert zu sein. Die Inflation ist völlig aus dem Ruder gelaufen - und die Notenbank kommt mit dem Drucken der Geldscheine nicht mehr nach. In ihrer Not greifen Mugabe und seine Schergen zu immer irrationaleren Maßnahmen: Seit wenigen Tagen hat das Regime in Harare mehr als 1000 Geschäftsleute, darunter auch Topmanager aus Südafrika, festnehmen lassen. Ihnen wird vorgeworfen, die vor zwei Wochen von Mugabe verhängten Preiskontrollen missachtet zu haben. Die meisten sind mittlerweile gegen die Zahlung einer Geldstrafe wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

Ein Ökonom, der anonym bleiben will, sagt: "Die Regale in den Supermärkten sind fast überall leer, weil es sich der Einzelhandel nicht leisten kann, die zuvor teuer erworbenen Waren mit Verlust zu verkaufen. Daran wird sich auch nichts ändern, bis das Regime alle Hersteller und Importeure zu ähnlichen Preisnachlässen zwingt. Doch wenn das passiert, wird es nur noch kurze Zeit dauern bis alle Fabriken schließen und die gesamte Produktion zum Erliegen kommt."

Genau diesen Punkt scheint Simbabwe sieben Jahren nach der gewaltsamen Vertreibung der weißen Großfarmer nun erreicht zu haben. Seit Monatsbeginn hat sich der Niedergang im einstigen Musterland Afrikas dramatisch beschleunigt. In den letzten beiden Wochen ist der Wechselkurs für einen US$ auf dem Schwarzmarkt von 80000 über 150000 auf nun 400000 Simbabwe-Dollar geschnellt. Offiziell liegt er noch immer bei 1:250. Vieles deutet darauf hin, dass die 27-jährige Alleinherrschaft des Mugabe-Regimes nicht von der Opposition, sondern den wirtschaftlichen Realitäten beendet wird. "Das Gesetz der Wirtschaft ist das einzige, das Mugabe nicht einseitig brechen kann", sagt Christopher Dell, US-Botschafter in Simbabwe. Er ist überzeugt, dass die Inflation nun komplett ausufern und bis zum Jahresende auf einen Stand von über einer Million Prozent klettern wird. "Bislang hat noch kein Regime solche Inflationsraten überlebt. Nie war echter Wandel in Simbabwe so nahe wie jetzt", sagt Dell.

Die Zentralbank in Harare druckt derweil unaufhörlich frisches Geld, um die benötigten Benzin- und Stromeinfuhren zu bezahlen. Denn an den Kreditmärkten kann das Land schon lange kein Geld mehr aufnehmen. Seit Jahren finanziert Simbabwe das Defizit zwischen staatlichen Einnahmen und Ausgaben durch das Drucken von Geld. Doch die Pressen kommen nicht mehr nach, auch wenn immer mal wieder drei Nullen hinten gestrichen werden. "Es ist so, als hätte man den Stöpsel aus einer Badewanne gezogen" sagt Dell. "Zunächst fließt das Wasser langsam ab. Doch je näher es an den Ausguss kommt, desto schneller wird es." Er glaubt, dass Simbabwe sich im letzten Strudel befindet.

Neben den Preiskontrollen hat Mugabe ausländischen Firmen wiederholt mit der Verstaatlichung gedroht - und dabei die illegale Übernahme der Farmen zum Modell erhoben. Inzwischen gibt es auch ein Gesetz, wonach Fusionen, Übernahmen und andere Umstrukturierungen nur noch dann genehmigt werden, wenn mindestens 51% der betroffenen Unternehmen in die Hände schwarzer Simbabwer wandern.

Als letzten Ausweg haben Beobachter nun eine Koppelung der südafrikanischen Randwährung an den wertlosen Simbabwe-Dollar ins Spiel gebracht. Bereits jetzt verbindet Südafrika eine solche Währungsunion mit seinen Nachbarn Namibia, Lesotho und Swasiland. Überall dort ist der Rand offizielles Zahlungsmitteln. Allerdings ist ein solcher Schritt nach Ansicht von Sanlam-Chefökonom Jac Laubscher nur bei einer relativ starken Verzahnung der Volkswirtschaften möglich. Eine gemeinsame Geldpolitik erfordere auch gleiche Zinssätze in den jeweiligen Ländern. Während jedoch der Leitzins der südafrikanischen Zentralbank bei 9,5% und damit rund drei Prozent über der Inflationsrate am Kap liegt, beträgt der Zinssatz für die besten Schuldner in Simbabwe 600 Prozent - und liegt damit Tausende von Prozent unter der offiziellen Inflationsrate.

Sollte es zu einer Währungsunion kommen, müsste Simbabwe positive Zinsraten einführen - und zu diesem Zweck vor allem umfassende politische Reformen durchführen, die der allein auf seinen Machterhalt bedachte Mugabe aber strikt ablehnt. Symptomatisch für seine Verweigerungshaltung ist auch, dass seine Delegation bei den von Südafrika anberaumten Verhandlungen mit der simbabwischen Opposition zu Wochenbeginn gar nicht erst in Pretoria erschien - trotz der gegenwärtigen Notlage. Beobachter sehen darin ein weiteres Indiz, dass Mugabe schon aus Sorge vor einer strafrechtlichen Verfolgung nicht zu einer Aufgabe seiner selbstzerstörerischen Politik bereit ist.

Dass sich sein Regime trotz der immer schlimmeren Lage noch am Ruder hält, liegt vor allem daran, dass Mugabe von einem kleinen aber mächtigen Kreis an Loyalisten gestützt wird. Diese ziehen aus der gegenwärtigen Notlage des Landes viele Vorteile, vor allem beim Geldumtausch. "Es ist nicht nur Mugabe, der Simbabwe ruiniert", sagt Roy Bennett, führendes Mitglied der oppositionellen Partei MDC. Neben dem Präsidenten gäbe es rund 5000 Nutznießer, die ganz unmittelbar vom Status Quo profitierten - und viele davon säßen in hochrangigen Positionen. "Sie wissen, dass nur Mugabe diese Privilegien garantiert", sagt Bennett.

Daneben scheinen auch die oberen Ränge in Armee und Polizei noch immer zu Mugabe zu stehen. Und schließlich hat sich innerhalb der regierenden Zanu-PF noch kein Nachfolger für den 83-Jährigen offiziell aus der Deckung gewagt. Allerdings ist die Lage nach dem Zusammenbruch der Lebensmittel- und Benzinversorgung so prekär wie lange nicht mehr. Roy Bennet glaubt, dass das so oft prophezeite Ende des Despoten nur noch eine Frage der Zeit ist. "Die wirtschaftliche Lage ist zuletzt derart schnell eskaliert, dass eine überraschende Wende jetzt möglich ist."

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-06-04

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