Ruten-Myrrhe (Commiphora virgata) und Eichenblatt-Myrrhe (Commiphora. wildii)
Bisher habe ich die verschiedenen Commiphora-Arten meist Balsambäume genannt, weil der Zusammenhang mit dem Harz dieser Bäume durch diesen Namen deutlich wurde. Die deutschen Namen werden dann jedoch sehr lang. Deshalb verwende ich ab jetzt lieber den ebenfalls für diese Bäume geltenden Namen Myrrhe. Die beiden unten beschriebenen Myrrhen-Arten sind zwar kaum von der Straße aus zu erkennen, werden aber dem aufmerksamen Betrachter beim Herumsteigen auf Felskuppen und Berghängen angrenzend an den Skelettküstenpark auffallen.
Die Ruten-Myrrhe (C. virgata)
Diese Myrrhe ist etwa ab dem Kuiseb Rivier auf den Felskuppen und steinigen Hängen der Namib und der angrenzenden Gebiete bis nach Angola recht häufig und an den sehr zahlreichen, dünnen, rutenartigen Zweigen leicht zu erkennen. Ein weiteres Merkmal ist der sehr angenehme Duft, den man wahrnimmt, wenn man ein Zweigstückchen zerreibt. Dieser Duft ähnelt dem der weiter unten beschriebenen Eichenblattmyrrhe. Die Ruten-Myrrhe ist ein 2 m hoher Strauch oder ein strauchiger Baum von 3 – 4 m Höhe, der sich dicht über dem Boden verzweigt. Die gelbweiße bis silbrige Rinde blättert an älteren Stämmen in papierartigen Streifen ab. Ältere Zweige sind rotbraun. Die dreiteiligen Blättchen sind ganzrandigen und unbehaart. Aus unscheinbaren kleinen, grünlichen Blüten (Okt – März) entwickeln sich runde Beeren von etwa 10 mm Durchmesser mit einem vierarmigen weißen bis blassroten Pseudarillus, der den Kern fast ganz umschließt.
Das Harz der Ruten-Myrrhe quillt erst hervor, wenn die Rinde einige Zentimeter tief eingeschnitten wird. Weil der Baum dadurch geschädigt wird, wird die kommerzielle Nutzung dieser Quelle nicht gefördert. Dagegen tritt das Harz der Eichenblattmyrrhe, die unten beschrieben wird, in der heißen Jahreszeit von selbst aus, fällt auf den Boden oder bleibt an den Zweigen kleben.
Namen: E. slender cork-wood; H. omumbara
Der Name Commiphora bedeutet ‚harzführend’, virgata bedeutet ‚verzweigt’. Die getrocknete, gelbe Papierrinde wird fein gestampft und besonders von Hererofrauen gern als Puder verwendet. Die Zweige dienen als Zahnbürsten. Kleinvieh frisst das Laub, das auch einer großen essbaren Raupe als Nahrung dient.
Die Eichenblattmyrrhe kommt entlang nur etwa ab dem Brandberg bis nach Südangola in den ariden westlichen Gebieten angrenzend an die Namib vor. In der Regel breiten sich seine dicken, halbsukkulenten Zweige waagerecht nahe über dem Boden aus. Nach Angaben aus „Indigenous Plant Products in Namibia“, herausgegeben von Venture Publications, schützt diese Wuchsform die Pflanze vor den kalten Südwestwinden. Wo sie vor diesen Winden sicher sind, wachsen die Zweige eher aufrecht. Die glatte, glänzende Rinde ist grau bis rötlich braun, reflektiert die Hitze und schützt die Pflanze vor dem Austrocknen. Unscheinbare kleine grünlichgelbe Blüten erscheinen im Frühjahr an langen Blütenstielen. Die runden oder ovalen Beeren erreichen einen Durchmesser bis 10 mm und sind orange bis rot. Ein vierarmiger gelber bis orangefarbener Pseudarillus bedeckt etwa ein Viertel des Kerns.
Namen: E. oak-leaved corkwood; H. omumbiri
Die zusammengesetzten Blätter ähneln Eichenblättern – daher der deutsche und der englische Name. Der Blattgrund setzt sich entlang der Mittelrippe und dem Blattstiel fort, so dass dieser geflügelt wirkt, der Artname wildii ehrt den britischen Botaniker Hiram Wild (1917–1982).
Bekanntlich parfümieren die Himbafrauen die rote Fettsalbe, mit der sie sich täglich einreiben, mit dem Harz der Balsambäume und das Harz der Eichenblattmyrrhe ist zu diesem Zweck weitaus am beliebtesten. Gesammelt wird nur das Harz, das die Bäume in der heißesten Jahreszeit spontan absondern. Es liegt dann in Klümpchen unter den Bäumen oder klebt an den Zweigen. Die Bäume werden also in keiner Weise durch das Ernten beschädigt. In einen aus Rinderhorn gefertigten Behälter kommt zu unterst ein Stück Harz. Dann wird mit dem mit Ocker vermischten Fett aufgefüllt. Der Duft des Harzes durchdringt die Fettmischung und teilt sich der Haut mit, wenn die Frauen sich damit einreiben. In der Regel sammeln sie nur so viel Harz, wie sie im Laufe eins Jahres brauchen. Das Harz hält sich aber mehrere Jahre, ohne an Duft einzubüßen.
Um den Frauen in den abgelegenen Gebieten der Kunene-Region zu einem eigenen Einkommen zu verhelfen, wurden durch die Mitwirkung des IRDNC „ Integrated Rural Development and Nature Conservatio Trust“ und verschiedener anderer Nichtregierungsorganisationen Produktions- und Absatzmöglichkeiten für dieses Naturprodukt untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass weit weniger Harz gesammelt wird, als natürlicherweise anfällt.
Das meiste Harz wird jetzt in den Hegegebieten Puros, Sanitatas, Orupembe, Marienfluss und Okondjombo vorwiegend von Frauen gesammelt. Zunächst wurde es als Rohstoff verkauft. Inzwischen gibt es in Opuwo eine Verarbeitungsanlage, in der die ätherischen Öle durch Dampfdestillation aus dem Harz gewonnen werden. Sie werden in Namibia, Südafrika, Frankreich und Deutschland verkauft. Eine französische Firma hat diese Entwicklung unterstützt und begleitet. Die Verarbeitungsanlage gehört den betreffenden Hegegemeinschaften und alle Gewinne fließen an die Gemeinschaft zurück.
Unter dem Markennamen „Mbiri“ werden Feuchtigkeitscreme, Lippenbalsam und ein festes Parfüm im Craft Centre in Windhoek und in anderen Souvenirläden zum Verkauf angeboten. Die Produkte haben einen sehr angenehmen herbfrischen Duft. Sie enthalten außerdem Marulaöl und das Kernöl der Kalaharimelone, also ebenfalls namibische Erzeugnisse.
Die Mehrzahl der Balsambäume in der Kunene-Region hat einen angenehm aromatischen Duft. Drei Arten, nämlich C. kraeuseliana, C. dinteri und C. oblanceolate sind jedoch wegen ihres unangenehmen Geruchs als „omumbungu“ oder ‚Baum der Hyäne“ bekannt.
Luise Hoffmann
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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