Rumpfs Zynismus lässt erschaudern
Sehr geehrte Redaktion,
mit diesem Brief möchte ich Stellung zu der Bekanntmachung von Herrn Botschafter Hanno Rumpf bezüglich meines Artikels über die Landreform im "Spiegel" nehmen.
Es ist schon traurig zu beobachten, wie leicht es sich der Herr Botschafter Rumpf macht.
Das Problem ist doch folgendes Unablässig wurde in der Vergangenheit verkündet, betroffen von der Landreform seien in erster Linie Ausländer, die Farmen in Namibia besäßen und sie nicht ordentlich bestellten. {Unter anderen hat ja nicht zuletzt Präsident Sam Nujoma in seiner unnachahmlichen Art in einem Interview mit Thomas Knemeyer sehr deutlich gemacht "Wer Bürger ist, gleichgültig welcher Hautfarbe oder Rasse, ja, der hat Anrecht auf Land. Aber nicht Ausländer." ("Die Welt", 2. Dez. 2002) Diesen Bekenntnissen aus dem Munde des Präsidenten höchst persönlich haben viele Menschen geglaubt.
Nun entsteht Irritation Plötzlich sollen Landwirte wie die Wieses um ihre Farm gebracht werden die in Namibia leben, die namibische Staatsangehörigkeit besitzen und im Übrigen Eigentümer nur einer einzigen Farm in Namibia sind. Sie sind keine Ausländer (in Deutschland dürfen, nebenbei, auch Ausländer Land erwerben), sie leben nicht in Deutschland, sie bewirtschaften ihr Land vorbildlich. Und sie haben ihrer Regierung vertraut.
Nicht nur die Wieses, viele Menschen in Namibia haben mir gegenüber die Sorge geäußert, dass diese Menschen nun ihrer Lebensgrundlage beraubt werden sollen. Und was fällt dem Herrn Botschafter zu diesen nachvollziehbaren Ängsten ein? Lediglich der zynische Kommentar, die Wieses könnten ja jetzt vor Gericht um ihre Existenz kämpfen, da Namibia ein Rechtsstaat sei und eine "international viel beachtete Verfassung habe". Eine derartige Stellungnahme trägt der zurecht erwähnten Komplexität des Themas leider in keiner Weise Rechnung. Sie lässt einen erschaudern.
Herr Rumpf legt auch ein erschreckendes Zeugnis bezüglich seiner Vorstellung von der Rolle der Presse ab. Er klagt über eine "äußerste Geringschätzung gegenüber der Regierung und den Amtsinhabern in Namibia". Doch es war nie die Aufgabe von Journalisten, besonders respektvoll oder servil mit Machthabern umzugehen. Unsere Aufgabe ist es hingegen, diejenigen zu kritisieren, die Macht missbrauchen. Unsere Aufgabe ist es, vor Gefahren zu warnen und gegebenenfalls den Finger auf die Wunde zu legen. Dass das sehr wohl nötig ist, zeigt im Übrigen die Reaktion auf den Artikel. Das mag für den Herrn Botschafter Rumpf sehr schmerzlich sein; er steht sicher auch unter Druck, seit Geschäftsleute wie Wilfried Pabst (übrigens schon vor Veröffentlichung der SPIEGEL-Geschichte) bekanntgeben haben, sie wollten nicht in Namibia investieren, da sie in Simbabwe schon genung Geld verloren hätten (Allgemeine Zeitung", 18. 06. 2004) und Gideon Shilongo vom namibischen Tourismusrat erklärt, erste Touristen hätten bereits Buchungen auf Gästefarmen storniert. Das ist sehr schade, denn Namibia ist ein wunderschönes Land. Für derartige Entwicklungen sind jedoch nicht die Überbringer, sondern die Verursacher schlechter Nachrichten verantwortlich.
So wie es das Recht des "Qualitätsjournalismus" (Rumpf) ist, nötigenfalls respektlos zu sein, ist es das Recht von Regierenden, ihr Land von Kim Jong Ils Baubrigaden verschandeln zu lassen. Um nicht schon wieder missverstanden zu werden Ich mag keine Kriegerdenkmale. Nicht diese und nicht jene. Es ist jedoch auch die Aufgabe der Presse, zu erwähnen, dass nordkoreanische Denkmalsexperten (deren Landsleute im Übrigen erbärmlich hungern müssen) nichts Besseres zu tun haben, als im international viel beachteten Namibia der Gegenwart Handgranaten-schwingende Krieger in Beton oder was auch immer zu gießen.
Präsident Sam Nujoma erklärt öffentlich, er sei bereit, binnen 24 Stunden Soldaten in den Krieg zu schicken, falls die Imperialisten Comrad Bobs dahinsiechendes Simbabwe überfallen sollten. Selbst als Journalist, der viel zu häufig solche Geschichten zu hören bekommt, muss ich sagen, dass Sam Nujoma der bislang einzige mir bekannte Mensch ist, der über einen nachgewiesenermaßen klaren Verstand verfügt und gleichzeitig befürchtet, der Imperialismus sei im Begriff, sich das bitterarme Simbabwe einzuverleiben. Statt auf solche Äußerungen beschämt zu reagieren, wird nun versucht, Journalisten daran zu hindern, Simbabwe im Zusammenhang mit Namibia auch nur zu erwähnen.
Weiße Farmer werden vom Präsidenten als Rassisten, Kolonialisten oder Schlangen verunglimpft. Wenn der SPIEGEL diesen Kriegs-Jargon jedoch in seiner Überschrift ("Kriegstrommeln in Südwest") persifliert, empört sich umgehend die Botschaft über eine "seltsam anmutende Nostalgie". (Die "Kriegstrommel" ist im Übrigen eine ziemliche gebräuchliche Metapher. Regelmäßige Zeitungsleser wissen das.)
Es gibt einige besorgte Menschen, die sich mit dem Kontinent befassen und beunruhigt sind. Der Afrikakenner und Schriftsteller Hans Christoph Buch schreibt am 17.06.2004 "Sam Nujoma, ein Autokrat, der nur die Interessen der Ovambo vertritt (weshalb die Bundesrepublik keine Wiedergutmachung für die Niederschlagung des Hereroaufstands zahlt), folgt dem Beispiel Robert Mugabes in Simbabwe."
Und Herr Botschafter Hanno Rumpf? Verkündet auf seinem Heimaturlaub, "die in Deutschland geführte Debatte über die Landreform in Namibia sei nicht problematisch" (Allgemeine Zeitung, 26.07.2004). Zu dieser beneidenswerten Sorglosigkeit kann ich ihn nur beglückwünschen.
PS Im Übrigen möchte ich besonders darauf hinweisen, dass das Ministerium für Ländereien fast täglich von mir besucht und um eine Stellungnahme gebeten worden ist (in Gegenwart des Fotografen, mit dem ich gearbeitet habe) und gleichwohl nicht in der Lage oder Willens war, einen Gesprächspartner zur Verfügung zu stellen.
Sich erst vor der Presse zu verkriechen und sich dann wie Rumpelstielzchen aufzuführen, zeugt von wenig Stil.
Thilo Thielke
P.O.Box 1361
00606 Nairobi
Kenia
mit diesem Brief möchte ich Stellung zu der Bekanntmachung von Herrn Botschafter Hanno Rumpf bezüglich meines Artikels über die Landreform im "Spiegel" nehmen.
Es ist schon traurig zu beobachten, wie leicht es sich der Herr Botschafter Rumpf macht.
Das Problem ist doch folgendes Unablässig wurde in der Vergangenheit verkündet, betroffen von der Landreform seien in erster Linie Ausländer, die Farmen in Namibia besäßen und sie nicht ordentlich bestellten. {Unter anderen hat ja nicht zuletzt Präsident Sam Nujoma in seiner unnachahmlichen Art in einem Interview mit Thomas Knemeyer sehr deutlich gemacht "Wer Bürger ist, gleichgültig welcher Hautfarbe oder Rasse, ja, der hat Anrecht auf Land. Aber nicht Ausländer." ("Die Welt", 2. Dez. 2002) Diesen Bekenntnissen aus dem Munde des Präsidenten höchst persönlich haben viele Menschen geglaubt.
Nun entsteht Irritation Plötzlich sollen Landwirte wie die Wieses um ihre Farm gebracht werden die in Namibia leben, die namibische Staatsangehörigkeit besitzen und im Übrigen Eigentümer nur einer einzigen Farm in Namibia sind. Sie sind keine Ausländer (in Deutschland dürfen, nebenbei, auch Ausländer Land erwerben), sie leben nicht in Deutschland, sie bewirtschaften ihr Land vorbildlich. Und sie haben ihrer Regierung vertraut.
Nicht nur die Wieses, viele Menschen in Namibia haben mir gegenüber die Sorge geäußert, dass diese Menschen nun ihrer Lebensgrundlage beraubt werden sollen. Und was fällt dem Herrn Botschafter zu diesen nachvollziehbaren Ängsten ein? Lediglich der zynische Kommentar, die Wieses könnten ja jetzt vor Gericht um ihre Existenz kämpfen, da Namibia ein Rechtsstaat sei und eine "international viel beachtete Verfassung habe". Eine derartige Stellungnahme trägt der zurecht erwähnten Komplexität des Themas leider in keiner Weise Rechnung. Sie lässt einen erschaudern.
Herr Rumpf legt auch ein erschreckendes Zeugnis bezüglich seiner Vorstellung von der Rolle der Presse ab. Er klagt über eine "äußerste Geringschätzung gegenüber der Regierung und den Amtsinhabern in Namibia". Doch es war nie die Aufgabe von Journalisten, besonders respektvoll oder servil mit Machthabern umzugehen. Unsere Aufgabe ist es hingegen, diejenigen zu kritisieren, die Macht missbrauchen. Unsere Aufgabe ist es, vor Gefahren zu warnen und gegebenenfalls den Finger auf die Wunde zu legen. Dass das sehr wohl nötig ist, zeigt im Übrigen die Reaktion auf den Artikel. Das mag für den Herrn Botschafter Rumpf sehr schmerzlich sein; er steht sicher auch unter Druck, seit Geschäftsleute wie Wilfried Pabst (übrigens schon vor Veröffentlichung der SPIEGEL-Geschichte) bekanntgeben haben, sie wollten nicht in Namibia investieren, da sie in Simbabwe schon genung Geld verloren hätten (Allgemeine Zeitung", 18. 06. 2004) und Gideon Shilongo vom namibischen Tourismusrat erklärt, erste Touristen hätten bereits Buchungen auf Gästefarmen storniert. Das ist sehr schade, denn Namibia ist ein wunderschönes Land. Für derartige Entwicklungen sind jedoch nicht die Überbringer, sondern die Verursacher schlechter Nachrichten verantwortlich.
So wie es das Recht des "Qualitätsjournalismus" (Rumpf) ist, nötigenfalls respektlos zu sein, ist es das Recht von Regierenden, ihr Land von Kim Jong Ils Baubrigaden verschandeln zu lassen. Um nicht schon wieder missverstanden zu werden Ich mag keine Kriegerdenkmale. Nicht diese und nicht jene. Es ist jedoch auch die Aufgabe der Presse, zu erwähnen, dass nordkoreanische Denkmalsexperten (deren Landsleute im Übrigen erbärmlich hungern müssen) nichts Besseres zu tun haben, als im international viel beachteten Namibia der Gegenwart Handgranaten-schwingende Krieger in Beton oder was auch immer zu gießen.
Präsident Sam Nujoma erklärt öffentlich, er sei bereit, binnen 24 Stunden Soldaten in den Krieg zu schicken, falls die Imperialisten Comrad Bobs dahinsiechendes Simbabwe überfallen sollten. Selbst als Journalist, der viel zu häufig solche Geschichten zu hören bekommt, muss ich sagen, dass Sam Nujoma der bislang einzige mir bekannte Mensch ist, der über einen nachgewiesenermaßen klaren Verstand verfügt und gleichzeitig befürchtet, der Imperialismus sei im Begriff, sich das bitterarme Simbabwe einzuverleiben. Statt auf solche Äußerungen beschämt zu reagieren, wird nun versucht, Journalisten daran zu hindern, Simbabwe im Zusammenhang mit Namibia auch nur zu erwähnen.
Weiße Farmer werden vom Präsidenten als Rassisten, Kolonialisten oder Schlangen verunglimpft. Wenn der SPIEGEL diesen Kriegs-Jargon jedoch in seiner Überschrift ("Kriegstrommeln in Südwest") persifliert, empört sich umgehend die Botschaft über eine "seltsam anmutende Nostalgie". (Die "Kriegstrommel" ist im Übrigen eine ziemliche gebräuchliche Metapher. Regelmäßige Zeitungsleser wissen das.)
Es gibt einige besorgte Menschen, die sich mit dem Kontinent befassen und beunruhigt sind. Der Afrikakenner und Schriftsteller Hans Christoph Buch schreibt am 17.06.2004 "Sam Nujoma, ein Autokrat, der nur die Interessen der Ovambo vertritt (weshalb die Bundesrepublik keine Wiedergutmachung für die Niederschlagung des Hereroaufstands zahlt), folgt dem Beispiel Robert Mugabes in Simbabwe."
Und Herr Botschafter Hanno Rumpf? Verkündet auf seinem Heimaturlaub, "die in Deutschland geführte Debatte über die Landreform in Namibia sei nicht problematisch" (Allgemeine Zeitung, 26.07.2004). Zu dieser beneidenswerten Sorglosigkeit kann ich ihn nur beglückwünschen.
PS Im Übrigen möchte ich besonders darauf hinweisen, dass das Ministerium für Ländereien fast täglich von mir besucht und um eine Stellungnahme gebeten worden ist (in Gegenwart des Fotografen, mit dem ich gearbeitet habe) und gleichwohl nicht in der Lage oder Willens war, einen Gesprächspartner zur Verfügung zu stellen.
Sich erst vor der Presse zu verkriechen und sich dann wie Rumpelstielzchen aufzuführen, zeugt von wenig Stil.
Thilo Thielke
P.O.Box 1361
00606 Nairobi
Kenia
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