Reiter für SS-Ehrung missbraucht
Schon lange beschäftige ich mich mit der Geschichte Ihres Landes und erfreue mich einer kleinen Sammlung. Es ist gut, dass der "Reiter von Südwest" seit einhundert Jahren in Ihrer Hauptstadt steht. Er möge an die geteilte Vergangenheit der Menschen im Lande erinnern und zu einer gemeinsamen friedlichen Zukunft ermutigen, damit Frauen auch in Namibia nicht mehr Söhne, Gatten und Brüder betrauern müssen.
Mit Bestürzung habe ich nun gelesen, dass auch die HIAG Ostsachsen einen Kranz am Denkmal abgelegt hat. Im Sinne der Gefallenen aller Seiten war das gewiss nicht, denn der 1992 aufgelöste Dachverband der HIAG hat seine Wurzeln bekanntlich in Hitlers SS. Die deutschen Soldaten jüdischen Glaubens in der Kaiserlichen Schutztruppe würden sich - gewiss mit vielen anderen Kameraden - im Grab umdrehen ob solcher "Ehrung". Dr. Heinrich Vedder auch. Stellvertretend für die jüdischen Soldaten in der Kaiserlichen Schutztruppe im einstigen DSWA nenne ich den 1904 bei Owikokorero gefallenen Leutnant der Reserve Albert Bendix. Spätestens ab 1933 wäre für Männer wie Leutnant Bendix im deutschen Militär kein Platz mehr gewesen, auch Kriegsauszeichnungen hätten sie nicht vor dem industriell organisierten Massenmord bewahrt.
Bekanntlich war für die jüdischen Soldaten des kaiserlichen Deutschlands ab 1933 auch in den Traditionsverbänden kein Platz mehr. Vorbei war es mit der Kameradschaft. Im einstigen DSWA gab es - so ein zeitgenössischer Text kaum Antisemitismus. Selbstverständlich konnte 1905 in Swakopmund eine Synagoge erbaut werden und der Bezirksamtmann - so ist zu lesen - stellte freundlich ein Gelände für einen jüdischen Friedhof in Aussicht. Gern denke ich an einen jüdischen Leser der AZ, der in Namibia geboren wurde, dessen Eltern von Deutschland aus nach Namibia fliehen konnten und den ich vor einigen Jahren in der Nähe von Jerusalem kennenlernen durfte. Ein echter "Südwester" aus Namibia, der jetzt in Israel lebt.
Unter denen, für die die HIAG steht, hätte es keine jüdischen Soldaten in der Schutztruppe gegeben, keine Synagoge und keinen jüdischen Friedhof. Was es gegeben hätte, ist hinlänglich bekannt.
Man sollte nicht zulassen, dass der "Reiter von Südwest" vor den falschen Karren gespannt wird. Zu oft wurden Ereignisse der Geschichte von denen missbraucht, die Deutschland nichts als Katastrophen beschert haben. Unter deren geistigen Nachfolgern wäre es nicht anders, kämen sie an die Macht. Den Anfängen ist zu wehren. Mögen der "Reiter von Südwest" und andere Gedenkstätten in Namibia noch lange Bestand haben, um die Menschen mahnend zum friedlichen Miteinander zu ermutigen.
Hartmut Bartmuß (Pfarrer i.R.), Bielefeld
Mit Bestürzung habe ich nun gelesen, dass auch die HIAG Ostsachsen einen Kranz am Denkmal abgelegt hat. Im Sinne der Gefallenen aller Seiten war das gewiss nicht, denn der 1992 aufgelöste Dachverband der HIAG hat seine Wurzeln bekanntlich in Hitlers SS. Die deutschen Soldaten jüdischen Glaubens in der Kaiserlichen Schutztruppe würden sich - gewiss mit vielen anderen Kameraden - im Grab umdrehen ob solcher "Ehrung". Dr. Heinrich Vedder auch. Stellvertretend für die jüdischen Soldaten in der Kaiserlichen Schutztruppe im einstigen DSWA nenne ich den 1904 bei Owikokorero gefallenen Leutnant der Reserve Albert Bendix. Spätestens ab 1933 wäre für Männer wie Leutnant Bendix im deutschen Militär kein Platz mehr gewesen, auch Kriegsauszeichnungen hätten sie nicht vor dem industriell organisierten Massenmord bewahrt.
Bekanntlich war für die jüdischen Soldaten des kaiserlichen Deutschlands ab 1933 auch in den Traditionsverbänden kein Platz mehr. Vorbei war es mit der Kameradschaft. Im einstigen DSWA gab es - so ein zeitgenössischer Text kaum Antisemitismus. Selbstverständlich konnte 1905 in Swakopmund eine Synagoge erbaut werden und der Bezirksamtmann - so ist zu lesen - stellte freundlich ein Gelände für einen jüdischen Friedhof in Aussicht. Gern denke ich an einen jüdischen Leser der AZ, der in Namibia geboren wurde, dessen Eltern von Deutschland aus nach Namibia fliehen konnten und den ich vor einigen Jahren in der Nähe von Jerusalem kennenlernen durfte. Ein echter "Südwester" aus Namibia, der jetzt in Israel lebt.
Unter denen, für die die HIAG steht, hätte es keine jüdischen Soldaten in der Schutztruppe gegeben, keine Synagoge und keinen jüdischen Friedhof. Was es gegeben hätte, ist hinlänglich bekannt.
Man sollte nicht zulassen, dass der "Reiter von Südwest" vor den falschen Karren gespannt wird. Zu oft wurden Ereignisse der Geschichte von denen missbraucht, die Deutschland nichts als Katastrophen beschert haben. Unter deren geistigen Nachfolgern wäre es nicht anders, kämen sie an die Macht. Den Anfängen ist zu wehren. Mögen der "Reiter von Südwest" und andere Gedenkstätten in Namibia noch lange Bestand haben, um die Menschen mahnend zum friedlichen Miteinander zu ermutigen.
Hartmut Bartmuß (Pfarrer i.R.), Bielefeld
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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