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Präparationen: Eine Kunst, die viel Fingerfertigkeit und Phantasie erfordert

Nur wenige Leute können sich vorstellen, wie aufwändig und zeitraubend die Tierpräparation ist", sagt Manfred Gorn. Seine Zuhörer, eine Gruppe Touristen, die sich zur Firmenführung bei dem Unternehmen "Trophäendienste" außerhalb von Windhoek eingefunden haben, hängen dem Gründer und Geschäftsführer des Betriebs gebannt an den Lippen. Hin und wieder lässt einer der Besucher seinen Blick durch die große Lagerhalle schweifen von deren Wänden Kopf- und Schultermontagen verschiedener präparierter Tiere auf die Gäste herabblicken.

Um seinem Publikum ein besseres Verständnis für die Kunst der Taxidermie zu ermöglichen, fängt Gorn ganz am Anfang mit dem ersten Kundenkontakt an und führt die Gruppe zum Empfangsbüro seiner Firma. Hier geben seine Auftraggeber die Trophäe(n) ab, die sie präpariert haben wollen. Sofern es sich dabei um eine Vollmontage handelt, liegen oft Fotos oder Skizzen bei. Darauf ist dargestellt, welche Pose das Tier einnehmen soll, wenn es von den Präparatoren äußerlich wieder zum Leben erweckt wurde.

"Die angelieferte Trophäe wird zunächst mit einer reißfesten Markierung aus Kunststoff versehen, die während des gesamten Vorgangs der Präparation haften bleibt und die Zuordnung zum Auftraggeber ermöglicht", erklärt Gorn. Dann lotst er die interessierten Teilnehmer des Rundgangs einige Meter weiter über den Innenhof des Werksgeländes zu einem Unterstand, in dem sich zahlreiche Betonbecken befinden.
Hier beginnt die "Auferstehung" des zuvor erlegten Tieres. Dessen Schädel, der bei der Ablieferung zumeist nur notdürftig gereinigt ist, wird in eines der Wasserbecken verbracht, in dem sich keinerlei Chemikalien befinden. "Die Schädelknochen werden durch einen natürlichen Prozess der Fäulnis von Fleisch und Fettresten befreit, wobei Bakterien die noch vorhandenen Gewebepartikel zersetzen", erläutert Gorn. Dieser als "Mazeration" bekannte Vorgang dauert je nach Temperatur des Wassers zwischen vier und acht Tage. Weil sich der Prozess im Winter deutlich verzögert, da die Bakterien im kalten Wasser weniger aktiv sind, hat Gorn ein kleines Gewächshaus errichtet und dort weitere Wasserbecken installiert, um die Mazeration im warmen Innenraum der kleinen Plexiglas-Hütte zu beschleunigen.

Sobald sich sämtliche Hautpartikel und Fettreste bei der erstaunlich geruchsneutralen Auslaugung von dem Tierschädel gelöst haben, wird dieser in eine mit Wasser gefüllte Stahlwanne gelegt und dort für einen weiteren Tag gekocht, um verbleibende Keime abzutöten. Sofern möglich, werden die Hörner der Trophäe vorher abgezogen, zusammengebunden und markiert, damit sie später leichter dem anschließend ausgekochten Tierschädel zugeordnet werden können.

Nach dem Abkochen und der Behandlung mit Wasserstoffperoxyd ist eine Mindestanforderung der Europäischen Union erfüllt, deren Veterinärvorschriften genau definiert, in welchem Zustand eine Jagdtrophäe in die Staatengemeinschaft importiert werden darf. "Etwa 50 Prozent unserer Kunden, von denen die meisten ausländische Jagdgäste sind, genügt die Bleichung, bei der die Trophäe von sämtlichen Geweberückständen befreit und damit keimfrei wird", klärt Gorn auf. Diese Kunden ließen sich den gereinigten Schädel der Trophäe in ihr Heimatland exportieren und dort bei Bedarf vor Ort zu einer Kopf- oder Schultermontage weiterverarbeiten.
Wer diese Arbeit in Namibia verrichten lassen will, ist bei der Firma Trophäendienste in guten Händen. "Wir haben hier schon alle erdenklichen Tierarten präpariert", sagt Gorn und ergänzt: "Am häufigsten sind Kudus, Oryx und Springböcke - wir haben aber auch schon Büffel, Giraffen und selbst Elefanten präpariert. Bei manchen Tierarten ist dieser Prozess etwas arbeitsaufwändiger, aber im Prinzip immer derselbe."

Für eine Schulter- oder Vollmontage heißt dies, dass zunächst das Fell des Tieres gegerbt werden muss. Das geschieht in der hauseigenen Gerberei, wo die so genannte Decke des Tieres von Fleisch - und Geweberesten befreit wird. Bei diesem Prozess kommt nur Salz in geringen Mengen zum Einsatz. Insgesamt ist die Taxidermie ein für den Laien erstaunlich sauberer Vorgang, bei dem nur wenige giftige Substanzen verwendet werden. "Wir benutzen hier kaum Chemikalien", betont Gorn nicht ohne Stolz. "Die meisten Abfälle sind biologisch abbaubar und wir müssen nichts auf dem Sondermüll entsorgen."

Sobald sämtliche Fleischreste von dem Fell abgetragen und dieses fertig gegerbt wurde, kommen die Präparatoren zum Einsatz. Ihre Aufgabe ist es, aus Bauschaum eine naturgetreue Nachbildung des jeweiligen Tieres anzufertigen und mit dem vorher gegerbten Fell zu beziehen.

Der Bauschaum wird dabei mit Feilen und Sägen solange modelliert, bis jede Muskelfaser sichtbar wird. Der leitende Tierpräparator von Trophäendienste, Louw Nel, vergleicht seine Arbeit mit der eines Bildhauers, der aus einem Steinblock eine Skulptur formt. Vor allem am Kopf der Trophäe ist dabei viel Geschick gefordert, damit die Gesichtszüge des präparierten Tieres später authentisch wirken.
Ähnlich wie Maskenbilder verwenden die Präparatoren, von denen einige früher als Schnitzer gearbeitet haben, eine Knetmasse, aus der sie das Muskelspiel auf Körper und Gesicht der Plastik formen, die später mit dem Fell überzogen wird. Dabei orientieren sie sich an Fotos oder Skizzen der Kunden, die genau zeigen, welche Körperhaltung das Tier in der fertigen Vollmontage einnehmen soll. Gerade bei Raubtieren ist diese Pose meist spannungsgeladen - sei es ein Gepard, der zum Sprung ansetzt, oder ein Löwe, der zu einem Prankenhieb ausholt.

Sobald das Schaumstoff-Modell fertig ist, wird das Fell des Tieres auf den Kunstkörper geleimt und bis zum Trocknen mit Deko-Nadeln fixiert. Anschließend werden Glasaugen und Kunstgebiss eingesetzt und kleine Makel an dem Präparat mit Farbe retuschiert. Nun muss das Präparat nur noch verpackt werden und ist dann versandfertig. Etwa 50 Prozent aller angefertigten Trophäen werden für Jäger aus Deutschland erschaffen und machen somit den Großteil aller verschickten Präparate aus.

"Wir übernehmen alles was mit dem Export zusammenhängt und nehmen unseren Kunden damit viel Arbeit ab", erläutert Gorn. Insgesamt hält sich der Aufwand für ausländische Klienten stark in Grenzen. Die meisten von ihnen sind Gäste namibischer Jagdfarmen, deren Eigentümer schon lange mit Gorn zusammenarbeiten und die Präparation der erlegten Tiere direkt mit ihm regeln. Deshalb kann sich der Eigentümer von Trophäendienste über einen ständigen Strom an Kundschaft freuen und muss kaum Werbung machen oder auf ausländischen Messen um Auftraggeber buhlen.
Nachdem Gorn die Reisegruppe freundlich verabschiedet hat, gönnt er sich eine kurze Pause an der Kaffeebar, die im angrenzenden Souvenirladen auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Dort lässt er seinen Blick über die, hauptsächlich mit Jagdliteratur gefüllten, Bücherregale schweifen und sagt: "Wir haben hier gemeinsam viel erreicht."

Das Werksgelände, das Gorn im Jahre 1986 erworben hat, ist der sichtbare Beweis dafür. Die gesamte Infrastruktur auf der ehemaligen Kleinsiedlung, darunter diverse Hallen und Büroräume haben Gorn und seine Mitarbeiter selbst errichtet. Aus den bescheidenen Anfängen, als der ehemalige Lanschaftsgärtner und passionierte Jäger Gorn zu Hause mit der Präparation von Jagdtrophäen experimentiert hat, ist ein Unternehmen mit über 70 Mitarbeitern gewachsen. Während der Gründer der Firma früher in seiner Freizeit einige wenige Trophäen fertig gestellt hat, sind es inzwischen über 3000 Kopf-, Schulter- und Vollmontagen im Jahr.
Abgesehen davon, dass er mit seiner Firma zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen hat, freut den Unternehmer vor allem eins: "Unsere Arbeit trägt dazu bei, dem Wild in Namibia einen Wert zu geben und es somit schützenswert zu machen", sagt er.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-05-15

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