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Obama-Besuch in Ghana: Stippvisite mit Symbolcharakter

Auf dem Rückweg vom G8-Gipfel in Italien wird Obama zwei Tage lang im westafrikanischen Ghana Station machen - dem Land, das 1957 als erstes in Schwarzafrika unabhängig wurde und zu den wenigen politischen Stabilitätsankern auf dem Kontinent zählt.
Dies liegt zum einen an der lebendigen Opposition, zum anderen an der wachen Zivilgesellschaft. Auch waren die Wahlen in Ghana im letzten Jahr die einzig wirklich freien auf dem Kontinent - ganz im Gegensatz zu den Urnengängen in Angola und vor allem Simbabwe. Dennoch überrascht viele Beobachter, dass der weltweit zweitgrößte Kakaoproduzent noch immer als afrikanischer Musterstaat gilt. Denn gemessen am globalen Standard ist Ghana mit einem Pro-Kopf-Einkommen von knapp 300 US-Dollar noch immer bitterarm. Zudem finanzieren die Geberländer noch immer rund 40 Prozent seines Staatshaushalts.
Für Obama ist die Visite wegen seiner Herkunft vor allem von symbolischer Bedeutung. Politisch dürfte hingegen wenig herauskommen. Nach Ansicht des südafrikanischen Analysten Barney Mthombothi ist kaum damit zu rechnen, dass sich Amerikas Politik gegenüber Afrika unter dem ersten schwarzen Präsidenten grundsätzlich verändern wird. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass George W. Bush in weiten Teilen Afrikas ausgesprochen beliebt war, zumal er die amerikanische Entwicklungshilfe gegenüber dem schwarzen Kontinent stark erhöhte.
Nach Angaben aus amerikanischen Regierungskreisen hat Obama Ghana als erstes Reiseziel in Afrika gewählt, um damit die Bedeutung guter Regierungsführung und einer aktiven Zivilgesellschaft bei der Demokratisierung eines Landes herauszustellen. Pikanterweise befinden sich in seiner Regierung zahlreiche Befürworter einer harten Linie gegenüber afrikanischen Unrechtsregimen wie etwa im Sudan. US-Vizepräsident Joe Biden hat in der Vergangenheit wiederholt eine militärische Aktion gegen das Bashir-Regime im Sudan für den Fall angedroht, dass das Morden in der Westprovinz Darfur nicht endlich aufhören würde. Aber auch Susan Rice, Amerikas neue UNO-Botschafterin, hat sich für eine mögliche Anwendung von Gewalt ausgesprochen.
Umso mehr dürfte die US-Regierung darüber empört sein, dass die Afrikanische Union (AU) erst letzte Woche auf Druck ihres gegenwärtigen Vorsitzenden, des libyschen Staatschefs Muammar al Gaddafi, beschlossen hatte, einen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichthofes (IStGH) gegen Sudans Staatschef Omar al Baschir zu missachten. Dies ist umso bemerkenswerter, als zuvor 30 afrikanische Staaten die Statuten des Gerichtshofes ausdrücklich ratifiziert hatten. Musste Sudans Staatschef zuvor bei einem Besuch dieser Länder mit seiner Festnahme rechnen, kann er nach dem AU-Entscheid nun praktisch in ganz Afrika ungehindert umherreisen. Allein Botswana hat zu Wochenbeginn wissen lassen, die Entscheidung der AU nicht mitzutragen.

Ein wichtiges Zeichen für seine Politik gegenüber Afrika hat Obama bereits dadurch gesetzt, dass ihn seine erste Reise auf den Kontinent nicht wie erwartet in die kenianische Heimat seines verstorbenen Vaters, sondern nach Ghana führt. Unter der kenianischen Bevölkerung ist diese diplomatische Ohrfeige mit großer Zustimmung aufgenommen worden. In den Medien des Landes wurde Obama jedenfalls ausdrücklich zu dem Schritt gratuliert. Aus Sorge vor einem Abgleiten des Landes in einen Bürgerkrieg schätzen es viele Kenianer, dass ihre tief zerstrittene Einheitsregierung von einem Mann gemaßregelt wird, der in Afrika schon Kraft seiner Herkunft über ein bislang beispielloses Maß an Respekt verfügt.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-06-03

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