Nach der Wahl: Jetzt kommt der Härtetest für die Demokratie am Kap
Noch ist nicht ganz klar, ob der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) die Zweidrittel-Mehrheit erhält. Sicher scheint jedoch, dass die Ex-Widerstandsbewegung die Wahl mit mehr als 60 Prozent gewinnt und sein umstrittener Spitzenkandidat Zuma neuer Präsident wird.
Allerdings war der deutliche Sieg des ANC bei der vierten freien Wahl seit dem Ende der Apartheid eine ausgemachte Sache. Wie zuvor gleicht das Resultat auch diesmal fast einem ethnischen Zensus: Die überwältigende Mehrheit der Schwarzen, die in Südafrika fast 80 Prozent der Bevölkerung stellen, hat für den ANC votiert, der noch immer von seiner Aura als Befreier zehrt. Kein Zweifel: Auch 15 Jahre nach Abschaffung der Rassentrennung besteht am Kap eine enge Korrelation zwischen der Hautfarbe und der Loyalität gegenüber einer bestimmten Partei. Wechselwähler sind am Kap noch immer eine rare Spezies.
Ebenso sicher ist aber, dass die neue Oppositionspartei Congress of the People (COPE), die sich letztes Jahr als Folge eines ANC-internen Machtkampfes formiert hatte, weit hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben ist. Trotz des enormen Medienrummels, die ihre Abspaltung damals vom ANC auslöste, hat sie es nicht geschafft, die Regierungspartei ernsthaft in Bedrängnis zu bringen und dürfte allenfalls zehn Prozent aller Stimmen gewinnen.
Dass die ethnischen Loyalitäten am Kap dennoch langsam aufweichen, zeigt das gute Abschneiden der liberalen Democratic Alliance (DA), die von der dynamischen Kapstädter Bürgermeisterin Helen Zille geführt wird. Sie hat ihren Stimmenanteil gegenüber der letzten Wahl um etwa ein Drittel von zwölf auf rund 18 Prozent gesteigert und bleibt damit die offizielle Opposition am Kap. Vieles deutet daraufhin, dass die DA die Provinz Westkap mit Kapstadt als Zentrum vom ANC zurückerobern wird, was mehr als nur ein Achtungserfolg wäre. Die Zugewinne der DA jenseits der weißen Volksgruppe könnte zudem womöglich eine Ära einläuten, in der Oppositionsparteien ein stärkeres Gegengewicht zum ANC bilden - sowohl im Parlament als auch der Zivilgesellschaft.
Obwohl sich in Südafrika ganz allmählich eine politische Kultur herausschält, die von mehr Toleranz als im Rest Afrikas geprägt ist, ist das Land damit noch längst keine "normale" Demokratie im westlichen Sinne - und wird es wohl auch lange noch nicht sein. Sichtbar ist dies zum einen an der extrem schwachen Qualität der politischen Debatte aber mehr noch daran, dass die Geduldsschwelle der Wähler in Afrika mit den eigenen Machthabern selbst bei schwersten Versäumnissen viel länger als anderswo ist.
So sterben pro Jahr auch deshalb fast 300000 Südafrikaner an Aids, weil die Regierung das Thema lange Zeit wissentlich ignorierte. Daneben ist die Arbeitslosigkeit, die bei 30 Prozent liegt, inzwischen strukturell verankert, weil der ANC sich vehement gegen Lockerungen der rigiden Arbeitsgesetze stemmt.
Wohin eine solche Nibelungentreue gegenüber den einstigen Befreiern im schlimmsten Fall führen kann, hat zuletzt erst Simbabwe gezeigt. Mit seiner unumschränkten Machtfülle hat Robert Mugabe dort einen Ein-Parteien-Staat geschaffen und den Rechtsstaat systematisch ausgehebelt. Heute ist der frühere Musterstaat des Kontinents eine Ruine - und Südafrika hat dieser Selbstzerstörung zehn Jahre lang schweigend zugeschaut.
Noch ist das Land am Kap weit von solchen Verhältnissen entfernt, Doch Vorsicht ist geboten. Vieles deutet darauf hin, dass der ANC die Macht genau so wie einst seine weißen Vorgänger will. Zumas Vorgänger Thabo Mbeki hat die Macht in seiner Person bereits extrem stark zentralisiert und viele Schlüsselstellen in einst unabhängigen staatlichen Institutionen wie Polizei, Strafverfolgungsbehörde oder Staatsfernsehen mit ihm ergebenen Gefolgsleuten besetzt.
Auch Zuma zeigt solche Tendenzen. Trotz seiner Dementis scheint auch er als Führer eines de facto Ein-Parteien-Staates daraus einen unzulässigen Besitzanspruch seines ANC über den südafrikanischen Staat herzuleiten. Dass kurz vor den Wahlen ein Korruptionsverfahren gegen ihn aus fadenscheinigen Gründen eingestellt wurde, ist ein erstes ominöses Zeichen für den zunehmenden Druck auf die Justiz.
Andererseits sollte nicht vergessen werde, dass Südafrika Zuma Einiges zu verdanken hat - insbesondere den Freiraum, den er in seinem Kampf gegen Mbeki für Südafrikas geknebelte Zivilgesellschaft zurückerobert hat. Viel wird nun auch davon abhängen, ob sich der neue Präsident mit kompetenten Beratern umgibt oder wie Mbeki allein mit loyalen Gefolgsleuten umgibt.
Sicher ist, dass die Wahl Zumas einen Schlussstrich unter die die desaströse Präsidentschaft von Thabo Mbeki zieht, der dem Land vor allem politisch einen Scherbenhaufen hinterlässt. Kassandra-Rufer gibt es deshalb viele, zumal Zuma selber höchst kontrovers ist. Bei allen Vorbehalten gibt es somit auch neue Chancen: Eine davon liegt in der Fußball-WM, die nächstes Jahr am Kap stattfindet. Sie hat nicht nur dafür gesorgt, dass der Staat frühzeitig Milliarden von Rand in die Infrastruktur Südafrikas gepumpt und damit eine tiefe Wirtschaftskrise zunächst verhindert hat. Wichtiger ist noch, dass die WM dazu beitragen dürfte, dass das Interesse an Südafrika im Ausland nun nicht gleich wieder erlischt, sondern der Westen der neuen Regierung am Kap genau auf Finger schaut. Für Südafrikas gefährdete junge Demokratie kann dies nur von Vorteil sein.
Allerdings war der deutliche Sieg des ANC bei der vierten freien Wahl seit dem Ende der Apartheid eine ausgemachte Sache. Wie zuvor gleicht das Resultat auch diesmal fast einem ethnischen Zensus: Die überwältigende Mehrheit der Schwarzen, die in Südafrika fast 80 Prozent der Bevölkerung stellen, hat für den ANC votiert, der noch immer von seiner Aura als Befreier zehrt. Kein Zweifel: Auch 15 Jahre nach Abschaffung der Rassentrennung besteht am Kap eine enge Korrelation zwischen der Hautfarbe und der Loyalität gegenüber einer bestimmten Partei. Wechselwähler sind am Kap noch immer eine rare Spezies.
Ebenso sicher ist aber, dass die neue Oppositionspartei Congress of the People (COPE), die sich letztes Jahr als Folge eines ANC-internen Machtkampfes formiert hatte, weit hinter den hohen Erwartungen zurückgeblieben ist. Trotz des enormen Medienrummels, die ihre Abspaltung damals vom ANC auslöste, hat sie es nicht geschafft, die Regierungspartei ernsthaft in Bedrängnis zu bringen und dürfte allenfalls zehn Prozent aller Stimmen gewinnen.
Dass die ethnischen Loyalitäten am Kap dennoch langsam aufweichen, zeigt das gute Abschneiden der liberalen Democratic Alliance (DA), die von der dynamischen Kapstädter Bürgermeisterin Helen Zille geführt wird. Sie hat ihren Stimmenanteil gegenüber der letzten Wahl um etwa ein Drittel von zwölf auf rund 18 Prozent gesteigert und bleibt damit die offizielle Opposition am Kap. Vieles deutet daraufhin, dass die DA die Provinz Westkap mit Kapstadt als Zentrum vom ANC zurückerobern wird, was mehr als nur ein Achtungserfolg wäre. Die Zugewinne der DA jenseits der weißen Volksgruppe könnte zudem womöglich eine Ära einläuten, in der Oppositionsparteien ein stärkeres Gegengewicht zum ANC bilden - sowohl im Parlament als auch der Zivilgesellschaft.
Obwohl sich in Südafrika ganz allmählich eine politische Kultur herausschält, die von mehr Toleranz als im Rest Afrikas geprägt ist, ist das Land damit noch längst keine "normale" Demokratie im westlichen Sinne - und wird es wohl auch lange noch nicht sein. Sichtbar ist dies zum einen an der extrem schwachen Qualität der politischen Debatte aber mehr noch daran, dass die Geduldsschwelle der Wähler in Afrika mit den eigenen Machthabern selbst bei schwersten Versäumnissen viel länger als anderswo ist.
So sterben pro Jahr auch deshalb fast 300000 Südafrikaner an Aids, weil die Regierung das Thema lange Zeit wissentlich ignorierte. Daneben ist die Arbeitslosigkeit, die bei 30 Prozent liegt, inzwischen strukturell verankert, weil der ANC sich vehement gegen Lockerungen der rigiden Arbeitsgesetze stemmt.
Wohin eine solche Nibelungentreue gegenüber den einstigen Befreiern im schlimmsten Fall führen kann, hat zuletzt erst Simbabwe gezeigt. Mit seiner unumschränkten Machtfülle hat Robert Mugabe dort einen Ein-Parteien-Staat geschaffen und den Rechtsstaat systematisch ausgehebelt. Heute ist der frühere Musterstaat des Kontinents eine Ruine - und Südafrika hat dieser Selbstzerstörung zehn Jahre lang schweigend zugeschaut.
Noch ist das Land am Kap weit von solchen Verhältnissen entfernt, Doch Vorsicht ist geboten. Vieles deutet darauf hin, dass der ANC die Macht genau so wie einst seine weißen Vorgänger will. Zumas Vorgänger Thabo Mbeki hat die Macht in seiner Person bereits extrem stark zentralisiert und viele Schlüsselstellen in einst unabhängigen staatlichen Institutionen wie Polizei, Strafverfolgungsbehörde oder Staatsfernsehen mit ihm ergebenen Gefolgsleuten besetzt.
Auch Zuma zeigt solche Tendenzen. Trotz seiner Dementis scheint auch er als Führer eines de facto Ein-Parteien-Staates daraus einen unzulässigen Besitzanspruch seines ANC über den südafrikanischen Staat herzuleiten. Dass kurz vor den Wahlen ein Korruptionsverfahren gegen ihn aus fadenscheinigen Gründen eingestellt wurde, ist ein erstes ominöses Zeichen für den zunehmenden Druck auf die Justiz.
Andererseits sollte nicht vergessen werde, dass Südafrika Zuma Einiges zu verdanken hat - insbesondere den Freiraum, den er in seinem Kampf gegen Mbeki für Südafrikas geknebelte Zivilgesellschaft zurückerobert hat. Viel wird nun auch davon abhängen, ob sich der neue Präsident mit kompetenten Beratern umgibt oder wie Mbeki allein mit loyalen Gefolgsleuten umgibt.
Sicher ist, dass die Wahl Zumas einen Schlussstrich unter die die desaströse Präsidentschaft von Thabo Mbeki zieht, der dem Land vor allem politisch einen Scherbenhaufen hinterlässt. Kassandra-Rufer gibt es deshalb viele, zumal Zuma selber höchst kontrovers ist. Bei allen Vorbehalten gibt es somit auch neue Chancen: Eine davon liegt in der Fußball-WM, die nächstes Jahr am Kap stattfindet. Sie hat nicht nur dafür gesorgt, dass der Staat frühzeitig Milliarden von Rand in die Infrastruktur Südafrikas gepumpt und damit eine tiefe Wirtschaftskrise zunächst verhindert hat. Wichtiger ist noch, dass die WM dazu beitragen dürfte, dass das Interesse an Südafrika im Ausland nun nicht gleich wieder erlischt, sondern der Westen der neuen Regierung am Kap genau auf Finger schaut. Für Südafrikas gefährdete junge Demokratie kann dies nur von Vorteil sein.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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