Missionarin ohne Heiligenschein (Teil 11)
Diplomatische Beziehungen
Hier kommt mir der „Zufall“ zu Hilfe. Die Frau des deutschen Botschafters engagiert sich auch im Behindertenbereich. Unsere Arbeit in der Community ist ihr irgendwie suspekt. Sie ist davon überzeugt, dass das, was wir im Onyose-Projekt machen, Blödsinn ist. Diese Meinung äußert sie gegenüber meinem Kollegen Günther. Ich bin darüber ernsthaft verärgert. Sie war noch nie in meinem Projekt und verbreitet negative Stimmung. Sie soll uns doch erst einmal eine Chance geben. Wir benötigen Unterstützung, so kurz nach dem Start des Projektes, und keine zusätzlichen Steine im Weg. Kurzentschlossen suche ich mir die Nummer der Botschaft aus dem Telefonbuch heraus und äußere meinen Unmut. Ich bin schon immer der Überzeugung gewesen, dass man seinen Ärger an der Adresse loswerden sollte, wo er hingehört. Die Frau des Diplomaten ist höchst erstaunt über meinen Anruf. Allerdings scheint sie so beeindruckt von meiner ehrlichen Direktheit zu sein, dass sie mich für den nächsten Tag zum Kaffeetrinken in ihre Residenz einlädt. Ich kann’s kaum glauben, dass das gerade passiert ist.
Am nächsten Tag holt mich ein Chauffeur von meinem Büro ab und bringt mich zur deutschen Botschaftsresidenz nach Klein-Windhoek, die wunderschön auf einem Hügel gelegen ist. Der Ausblick von der großzügigen Terrasse mit Blick auf Swimmingpool und die Berge ist grandios. Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch in der Residenz am „Tag der deutschen Einheit“, der einen bleibenden Eindruck von dem luxuriösen Ambiente hinterlassen hat. Bei Kaffee und Kuchen kommen wir schnell ins Gespräch. Ich habe die Möglichkeit, ihr mein Projekt vorzustellen. Sie gibt zu, dass sie es sich nicht so vorgestellt hat und positiv beeindruckt ist. Plötzlich fragt sie mich: „Können Sie sich vorstellen, hier in der Residenz über ihre Arbeit einen Vortrag zu halten?“ Ich denke, dass sie nur höflich sein will und antworte großspurig: “Natürlich. Kein Problem. Sehr gerne.”
Dabei habe ich noch niemals zuvor einen Vortrag gehalten. Aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass das nicht wirklich ernstgemeint war. Ich bin nur froh, dass das Treffen so positiv verlaufen ist und Konflikte aussortiert werden konnten.
Am nächsten Tag klingelt früh morgens das Telefon in meinem Büro. Die Diplomatenfrau ist am Apparat. „Guten Morgen. Ich rufe Sie nur an, damit Sie mir mal schnell das Thema ihres Vortrags sagen können. Ich bin gerade dabei, die Einladungskarten zu schreiben.” Oh Gott. Sie hat das wirklich ernstgemeint. Ich antworte für mich selbst überraschend spontan: „Neue Wege in der Rehabilitation von behinderten Menschen in Namibia.” „Fantastisch. Dann erwarte ich Sie zu dem Vortrag am 28. Februar 1997 um 15 Uhr bei mir in der Residenz. Es werden so um die 50 Frauen anwesend sein“, sagt sie fröhlich.
Ich bin sprachlos, was eher selten vorkommt. Aber nun muss ich da wohl durch. Manchmal sollte ich mich wirklich etwas mehr zurückhalten mit meinen Äußerungen.
Zu dem Vortrag möchte ich zwei von den Family Visitors mitnehmen. Wir sind schließlich ein Team. Als ich zwei Wochen später die beiden jungen Damen bei ihnen Zuhause im Township abholen will, erkenne ich sie erst gar nicht wieder. Und fahre an ihnen vorbei. Beide waren beim Friseur und haben kunstvolle Frisuren. Zudem haben sich neu eingekleidet. Sie sehen aus wie Supermodels.
Mit meinen beiden Schönheiten, meinen vorgefertigten Flipchart Papieren und ein paar Fotos vom Projekt, fahre ich zur Residenz des Botschafters. Dort angekommen, verweigert die Hausherrin meinen beiden Mitarbeiterinnen ganz unerwartet den Eintritt in ihre Residenz. Die beiden sollen draußen bleiben. Sie redet irgend etwas von Sicherheitsbestimmungen. So ein Unfug. Ich bin total schockiert. Das zeige ich aber nicht nach außen. Jetzt gilt es Diplomatie walten zu lassen und nicht über Diskriminierung zu diskutieren.
„Madam, ich brauche meine beiden Mitarbeiterinnen unbedingt für meinen Vortrag. Ohne die beiden sehe ich mich außerstande, den Vortrag zu halten. Dann müssen wir das leider heute absagen. Auf Wiedersehen.“
Als sie merkt wie ernst es mir damit ist, ist das Gefasel über irgendwelche Sicherheitsvorschriften plötzlich vergessen. Wir dürfen gemeinsam die Residenz betreten. Meine beiden Mitarbeiterinnen singen zur Einstimmung ein wunderschönes Lied. Alle anwesenden Damen sind gerührt und hin und weg von „meinen” Mädels.
Am Ende des Vortrages bekommen meine Mitarbeiterinnen sogar ein paar Süßigkeiten von der Dame des Hauses geschenkt. Und ich eine Einladung zum Essen von einer der Zuhörerinnen. „Das ist der interessanteste Vortrag, den ich je gehört habe”, versichert mir die Frau, die sich als Frau Ulrich vorstellt und mir sofort sympathisch ist. „Wenn Sie erlauben, werde ich ein Abendessen organisieren und für ihr Projekt wichtige Leute einladen. Sie werden an dem Abend mein Ehrengast sein.“ Ich freue mich sehr über die herzliche Einladung und eine Woche später bin ich bereits auf der Suche nach der auf meinem Zettel angegebenen Adresse. Ludwigsdorf. Ein anderes Nobelviertel. Bin ich hier wirklich richtig? Die eingeladenen Gäste beim Vortrag waren doch Farmersfrauen. Ich dachte, die wohnen eher einfacher. Hm. Die Adresse scheint zu stimmen, auch wenn mich der hauseigene Tennisplatz, der Swimmingpool und das luxuriös eingerichtet großzügige Haus etwas verwirren. Ich werde herzlich willkommen geheißen. Die Hausdame stellt mich ihrem Mann, dem stellvertretenden deutschen Botschafter, vor. Oh je. Meine Gastgeberin ist die Frau vom stellvertretenden Botschafter meines Heimatlandes. Wo bin ich hier nun schon wieder gelandet? Bin ich angemessen genug angezogen? Meine Sorgen zerschlagen sich nach ein paar Minuten. Der Abend ist wirklich schön. Neben den kulinarischen Köstlichkeiten, genieße ich die Gesellschaft meiner Gesprächspartner. Minister, Ärzte und Politiker, die mich in interessante Gespräche verwickeln. Frau Ulrich hat nicht zu viel versprochen. Sie bringt mich mit einflußreichen Leuten zusammen, die mir bei dem Aufbau meines Projektes von Nutzen sein könnten. Wir werden später Freunde und ich besuche sie sogar mehrmals in Bonn, wo sie nach ihrer Rückkehr aus Namibia wieder lebt.
Irgendwie spricht es sich herum, dass der Vortrag so gut war. Und ich werde fortan immer mal wieder dazu eingeladen, Vorträge zu den verschiedensten Themen zu halten.
Ich entdecke zu meinem Erstaunen einige Fähigkeiten in mir, die mir bislang gar nicht bewußt waren und zu denen ich erst noch mehr Vertrauen fassen muss.
Am nächsten Tag holt mich ein Chauffeur von meinem Büro ab und bringt mich zur deutschen Botschaftsresidenz nach Klein-Windhoek, die wunderschön auf einem Hügel gelegen ist. Der Ausblick von der großzügigen Terrasse mit Blick auf Swimmingpool und die Berge ist grandios. Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch in der Residenz am „Tag der deutschen Einheit“, der einen bleibenden Eindruck von dem luxuriösen Ambiente hinterlassen hat. Bei Kaffee und Kuchen kommen wir schnell ins Gespräch. Ich habe die Möglichkeit, ihr mein Projekt vorzustellen. Sie gibt zu, dass sie es sich nicht so vorgestellt hat und positiv beeindruckt ist. Plötzlich fragt sie mich: „Können Sie sich vorstellen, hier in der Residenz über ihre Arbeit einen Vortrag zu halten?“ Ich denke, dass sie nur höflich sein will und antworte großspurig: “Natürlich. Kein Problem. Sehr gerne.”
Dabei habe ich noch niemals zuvor einen Vortrag gehalten. Aber ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass das nicht wirklich ernstgemeint war. Ich bin nur froh, dass das Treffen so positiv verlaufen ist und Konflikte aussortiert werden konnten.
Am nächsten Tag klingelt früh morgens das Telefon in meinem Büro. Die Diplomatenfrau ist am Apparat. „Guten Morgen. Ich rufe Sie nur an, damit Sie mir mal schnell das Thema ihres Vortrags sagen können. Ich bin gerade dabei, die Einladungskarten zu schreiben.” Oh Gott. Sie hat das wirklich ernstgemeint. Ich antworte für mich selbst überraschend spontan: „Neue Wege in der Rehabilitation von behinderten Menschen in Namibia.” „Fantastisch. Dann erwarte ich Sie zu dem Vortrag am 28. Februar 1997 um 15 Uhr bei mir in der Residenz. Es werden so um die 50 Frauen anwesend sein“, sagt sie fröhlich.
Ich bin sprachlos, was eher selten vorkommt. Aber nun muss ich da wohl durch. Manchmal sollte ich mich wirklich etwas mehr zurückhalten mit meinen Äußerungen.
Zu dem Vortrag möchte ich zwei von den Family Visitors mitnehmen. Wir sind schließlich ein Team. Als ich zwei Wochen später die beiden jungen Damen bei ihnen Zuhause im Township abholen will, erkenne ich sie erst gar nicht wieder. Und fahre an ihnen vorbei. Beide waren beim Friseur und haben kunstvolle Frisuren. Zudem haben sich neu eingekleidet. Sie sehen aus wie Supermodels.
Mit meinen beiden Schönheiten, meinen vorgefertigten Flipchart Papieren und ein paar Fotos vom Projekt, fahre ich zur Residenz des Botschafters. Dort angekommen, verweigert die Hausherrin meinen beiden Mitarbeiterinnen ganz unerwartet den Eintritt in ihre Residenz. Die beiden sollen draußen bleiben. Sie redet irgend etwas von Sicherheitsbestimmungen. So ein Unfug. Ich bin total schockiert. Das zeige ich aber nicht nach außen. Jetzt gilt es Diplomatie walten zu lassen und nicht über Diskriminierung zu diskutieren.
„Madam, ich brauche meine beiden Mitarbeiterinnen unbedingt für meinen Vortrag. Ohne die beiden sehe ich mich außerstande, den Vortrag zu halten. Dann müssen wir das leider heute absagen. Auf Wiedersehen.“
Als sie merkt wie ernst es mir damit ist, ist das Gefasel über irgendwelche Sicherheitsvorschriften plötzlich vergessen. Wir dürfen gemeinsam die Residenz betreten. Meine beiden Mitarbeiterinnen singen zur Einstimmung ein wunderschönes Lied. Alle anwesenden Damen sind gerührt und hin und weg von „meinen” Mädels.
Am Ende des Vortrages bekommen meine Mitarbeiterinnen sogar ein paar Süßigkeiten von der Dame des Hauses geschenkt. Und ich eine Einladung zum Essen von einer der Zuhörerinnen. „Das ist der interessanteste Vortrag, den ich je gehört habe”, versichert mir die Frau, die sich als Frau Ulrich vorstellt und mir sofort sympathisch ist. „Wenn Sie erlauben, werde ich ein Abendessen organisieren und für ihr Projekt wichtige Leute einladen. Sie werden an dem Abend mein Ehrengast sein.“ Ich freue mich sehr über die herzliche Einladung und eine Woche später bin ich bereits auf der Suche nach der auf meinem Zettel angegebenen Adresse. Ludwigsdorf. Ein anderes Nobelviertel. Bin ich hier wirklich richtig? Die eingeladenen Gäste beim Vortrag waren doch Farmersfrauen. Ich dachte, die wohnen eher einfacher. Hm. Die Adresse scheint zu stimmen, auch wenn mich der hauseigene Tennisplatz, der Swimmingpool und das luxuriös eingerichtet großzügige Haus etwas verwirren. Ich werde herzlich willkommen geheißen. Die Hausdame stellt mich ihrem Mann, dem stellvertretenden deutschen Botschafter, vor. Oh je. Meine Gastgeberin ist die Frau vom stellvertretenden Botschafter meines Heimatlandes. Wo bin ich hier nun schon wieder gelandet? Bin ich angemessen genug angezogen? Meine Sorgen zerschlagen sich nach ein paar Minuten. Der Abend ist wirklich schön. Neben den kulinarischen Köstlichkeiten, genieße ich die Gesellschaft meiner Gesprächspartner. Minister, Ärzte und Politiker, die mich in interessante Gespräche verwickeln. Frau Ulrich hat nicht zu viel versprochen. Sie bringt mich mit einflußreichen Leuten zusammen, die mir bei dem Aufbau meines Projektes von Nutzen sein könnten. Wir werden später Freunde und ich besuche sie sogar mehrmals in Bonn, wo sie nach ihrer Rückkehr aus Namibia wieder lebt.
Irgendwie spricht es sich herum, dass der Vortrag so gut war. Und ich werde fortan immer mal wieder dazu eingeladen, Vorträge zu den verschiedensten Themen zu halten.
Ich entdecke zu meinem Erstaunen einige Fähigkeiten in mir, die mir bislang gar nicht bewußt waren und zu denen ich erst noch mehr Vertrauen fassen muss.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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