Hyballa: "Ein schwacher Trainer ist wie ein schwacher Koch"

Der 28-jährige Fußballtrainer Peter Hyballa war in der Saison 2002/3 Trainer von Windhoek Optics Ramblers.

Weil die Vereinsführung ihn nicht die nötige Rückendeckung gab und es in der Kabine mit einigen Spielern eskalierte, warf er das Handtuch. Jetzt wird Hyballa ab 01.07.04 Nachwuchstrainer bei VfL Wolfsburg. Andreas Shiyoo sprach für die AZ mit den "Sunnyboy" über aktuelle Fußballereignisse, seine Erfahrungen in Namibia, den Nachwuchsfußball und seinen weiteren Zukunftsplänen.





AZ: Sie sind ein bekennender Bayern-Fan. Haben Sie den Fehler von Oliver Kahn im Champions-League-Spiel gegen Real Madrid schon verdaut?





P. Hyballa: Erst einmal muss ich sagen, dass die Bayern einen fantastischen Fußball gespielt haben und dass Oliver Kahn doch letztendlich auch nur ein Mensch ist, der auch Fehler machen darf. Natürlich kann dieser gravierende Fehlgriff für die Bayern finanziell und sportlich einiges kosten, aber Kahn hat auch schon viele Spiele für seine Mannschaft gewonnen. Enttäuscht war ich ein bisschen von Real, weil sie kaum in die Zweikämpfe gegangen sind. Doch ein Hochgenuss war sicherlich die technische Ballbehandlung von Zinedine Zidane, der mit der "Kugel" perfekt umgehen kann.





AZ: Sie sind dafür bekannt, dass Sie Technik mit Ball in Ihrem Training in den Vordergrund stellen; waren bei der letztjährigen Fußballschule 2003 in Swakopmund auch einige "kleine Zidanes" dabei?





P. Hyballa: (lacht) Ach, Zidanes vielleicht nicht, aber solche Spieler wachsen ja auch nicht auf den Bäumen. Aber auch bei der letzten Fußballschule von der Namibia Fußball Schule (NFS) gab es einige vielversprechende Talente, die technisch und koordinativ einiges beherrschen. Das muss man ja jetzt weiter im Training fördern, aber mit Georg Engelbauer haben viele namibische Talente einen Spitzentrainer, der die letztjährige Fußballschule in Swakop bestens organisiert hat.





AZ: Bald übernehmen Sie wieder eine Aufgabe in einem Bundesligaverein.





P. Hyballa: Ja, das stimmt. Ab dem 01.07.04 bin ich Cheftrainer der U 17 beim VfL Wolfsburg und freue mich riesig auf diese Aufgabe, denn der VfL ist ein seriöser Klub mit professionellem "Know-how" und es wird viel in die Nachwuchsarbeit investiert. Das Angebot kam gerade, als ich im Dezember aus Namibia wiederkam. Es war sehr verlockend und ich ging konform mit den Gedanken des Jugend- und Amateurkoordinators. Und so bin ich bald ein "Wolfstrainer."





AZ: Die Jugendarbeit in Europa wird mehr und mehr in den Vordergrund gestellt. Ist das der richtige Weg für die Zukunft?





P. Hyballa: Sicherlich, denn wenn die Stars von morgen eine perfekte Ausbildung bekommen, brauchen sich die Profimannschaften nicht immer die teuren Spieler kaufen. Wenn Talente aus dem eigenen "Stall" kommen, so ist dies auch für die Identifikation der Fans und des Umfelds wichtig. Doch gerade in Deutschland beginnt ein Umwandlungsprozess und so erhalten viele hoffnungsvolle Talente eine Chance. Doch, eins ist wichtig, Talentförderung ist stets perspektivisch zu sehen und junge Spieler muss man reifen lassen und dies ist eine geduldige und verantwortungsvolle Aufgabe, ob in Deutschland oder in Namibia.





AZ: Apropos Namibia. Vor gut einem Jahr haben Sie bei Ramblers in Windhoek das Handtuch geworfen. War die Zeit mit Ramblers für Ihre weitere Trainerlaufbahn eine positive oder negative Erfahrung?





P. Hyballa: Ich würde sagen beides. Aber zuerst war es mal eine Erfahrung, die ich nicht vergessen werde, denn sie ist bei mir im Gehirn abgespeichert und wird mir in verschiedenen Situationen meiner Trainerlaufbahn noch viel bringen. Negativ war es, weil ich gerne mit Ramblers namibischer Meister geworden wäre und auch die Jugendarbeit gerne vorangetrieben hätte. Dazu gibt es sicherlich schönere Abgänge. Es war gut, dass ich mein Gesicht gewahrt habe und mich nicht wie eine "Marionette" behandeln lassen habe. Ich kann mit gutem Gewissen in den Spiegel schauen.





AZ: Gab es nach Ihrem Rücktritt eigentlich eine Aussprache mit den Ramblers-Verantwortlichen?





P. Hyballa: Explizit gab es nie eine richtige Aussprache, aber das ist auch nicht wichtig. Ich werde noch des Öfteren nach Namibia kommen und habe kein Problem mit den Ramblers-Bossen. Ganz im Gegenteil. Ich fand die Zeit in Windhoek sehr schön und das Training mit den Spielern hat mir Riesenspaß gemacht. Auch mit einem Harald Hecht, den ich sehr sympathisch finde und für kompetent halte, besitze ich keineswegs Diskrepanzen. Ich denke, der Club, die Spieler und auch ich haben in einigen Situationen überreagiert und damit basta. Ich würde gerne noch mal mit den Ramblersleuten ein Sundowner trinken.





AZ: Doch Trainer in Namibia haben es ja wahrlich schwer, was man aus den jüngsten Beispielen mit Peter Überjahn und Erich Munjo bei Civics verfolgen konnte.





P. Hyballa: Diese Dinge kann man nicht pauschalisieren. Zu den Fällen Überjahn und Muinjo kann und will ich nichts sagen, da ich die Interna nicht kenne. Aber auf der gesamten Welt haben es Trainer schwer, die keinen Erfolg im Sinne von Siege haben. Doch in Namibia ist es wahrscheinlich das Problem, dass die Spieler nicht über eine gesamte Saison kontinuierlich ihr Leistungsvermögen abrufen wollen, weil Fußball im Leistungsbereich auch Arbeit darstellt. Dort muss auch eine positive und negative Kritikempfänglichkeit entstehen, wo viele (nicht alle) Spieler und Verantwortlichen Schwierigkeiten besitzen, damit umzugehen. Und wenn Spieler, Trainer und Verein nicht konform gehen, "knallt" es halt und man sollte sich trennen.





AZ: Sie sind Experte im deutschen Jugendfußball und kennen die namibische Fußballszene. Kann der namibische Nachwuchsfußball vom deutschen System lernen?





P. Hyballa: Ich glaube, dass man Fusßballmentalitäten und nationale Systeme nicht zu 100 Prozent kopieren sollte, was auch gar nicht geht. Der namibische Nachwuchs wird in den Schulen gefördert und in Deutschland in den Vereinen. Das ist schon der erste Unterschied. In Deutschland können die Talente Woche für Woche gegen Topmannschaften spielen und werden dadurch gefordert. In Namibia muss man weite Reisestrecken bewältigen und der Unterschied zwischen Top- und Flop-Talenten ist zu breit gestreut. Doch was beide Länder beherzigen sollten, ist, dass Trainer die wichtigsten Personen im Jugendfußball sind und dass sie sich gewissenhaft auf das Training vorbereiten. Denn ein schwacher Trainer ist wie ein schwacher Koch, er kann die Suppe ganz schön versalzen.





AZ: Das heißt, der namibische Fußball braucht gut ausgebildete Trainer für die Zukunft. Können Sie sich nochmal vorstellen, längerfristig in Namibia zu arbeiten?





P. Hyballa: Erst einmal möchte ich in Europa meine Erfahrungen sammeln und Namibia immer wieder besuchen, wie z.B. bei der jährlichen NFS-Fußballschule in Swakopmund oder zu anderen Projekten. Aber man sollte niemals nie sagen. Vielleicht trainiere ich ja mal die namibische Nationalmannschaft. Vielleicht heißt dann mein Co-Trainer Oliver Risser, vielleicht ist Harald Hecht Generalsekretär, Andreas Shiyoo wird Pressesprecher und "Alterspräsident" wird Georg Engelbauer. Und wenn die Brave Warriors sich dann für die WM qualifizieren, dann "brennt" die Independence Avenue. Das wäre doch was (lacht).





AZ: (Schmunzelnd) Auf das Angebot mit dem Pressesprecher komme ich gerne zurück. Vielen Dank für das Gespräch.