Genozid: Ja oder Nein
Betr.: Reflektionen zu den Leserbriefen von Dr. Voigts u. Herrn Hartmann
In den Kreisen der Sportler ist „fairness” ein fast heiliger Begriff . Dagegen haben Politiker, Historiker , Mythologen und andere -logen wenig mit diesem Begriff am Hute. Ich frage mich, warum gleich unter die Gürtellinie, wenn man mit dem Anderen nicht übereinstimmt?
Nun zu mir. Meine Großeltern wanderten 1895 und 1897 in das damalige DSWA als Siedler ein und bauten ihre Existenz bei Okombahe auf, einer aus etwa 600 Seelen bestehenden Gemeinschaft aus Damara und Herero! Nachdem Großvater 1904 sämtliches Vieh abgetrieben worden war, brachte er sich in Okombahe in Sicherheit. Ich gehöre als Geodätiker/Landmesser den „exakten Wissenschaften” an und war mehr als 50 Jahre in unserem Land tätig und zwar mehrheitlich in der Kalahari. Fakten, harte, klare Fakten sollten meiner Meinung nach Grundlage und Ausgangspunkt jeder Diskussion sein.
Fangen wir damit an:
Kurz nach unserer Unabhängigkeit berief der damalige erste Minister Geingob die erste Landkonferenz ein. Geladen waren Vertreter aller ethnischen Gruppen. Ich war als Beobacher zugegen. Man wollte versuchen festzustellen, wem das Land ursprünglich gehört hatte. Ich kann mich noch lebhaft an den Vertreter der Damara erinnern, der der Konferenz anschaulich vortrug, wo es die volkstümlichen Damaragräber gibt und so dokumentieren würde, dass die Damara in allen Teilen des Landes gesiedelt hätten. Nach mehrtägigen Ringen beschloss die Konferenz: ich zitiere: „The conference resolves that nobody except the San/Bushmen can claim ancestral rights to any part of our country” / „Die Konferenz beschließt, dass niemand außer den San/Busmännern die angestammten Rechte auf irgendeinen Teil unseres Landes beanspruchen kann“.(Anm. d. Red.) Dieses wurde mit dem darauf folgenden Satz gleich wieder eingeschränkt, in welchem dargestellt wurde, dass es zu wenig Buschleute gebe, um das Land in Besitz zu nehmen . Danach blieb alles wie gehabt.
Gehen wir in der Geschichte weiter zurück in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, als man die UNO gründete. Diese verabschiedete sehr bald nach ihrer Gründung eine Resolution, in der der Begriff „Genozid“ definiert wurde. Dieses Dokument können Sie in der Sprache Ihrer Wahl „googeln“ und werden dort eine sehr detailierte Auflistung dessen finden, was geschehen sein muss, um als Genozid erklärt zu werden. Folgende Fakten machen es für mich schwer, dem damaligen blutigen Geschehen vorbehaltlos den Stempel eines Völkermordes aufzudrücken. Als erstes ist hier zu erwähnen, dass Samuel Maharero den Befehl erteilte: „Tötet alle Weissen“ (mit den allgemein bekannten Ausnahmen) zu einer Zeit, als die deutsche Zivilbevölkerung diesem schutzlos ausgeliefert war. Und es wurden viele Männer, Frauen und Kinder hingemetzelt. Einen weiteren Punkt sollte man nicht auslassen, nämlich das, was am zweiten Tag der „Schlacht am Waterberg“ geschah: Der Kampf konnte nicht weitergeführt werden, da die Herero samt Vieh durch eine Lücke in der Umzingelung der deutschen Truppe gen Osten entwichen waren. Es fand kein Gefecht statt. Die Herero waren ausgebrochen und erhofften, irgendwie Betschuanaland zu erreichen, wo sie dann sicher vor von Trothas Truppen gewesen wären, wohl wissend , dass sie eine lange, wasserlose Strecke zu Fuß überqueren mussten, bevor sie in Sicherheit waren. Und damit beginnt die eigentliche Vernichtung der Herero. Einem weiteren Befehl von Trothas folgend und gegen den Rat der Fährtenleser wurde in der ersten Dämmerung am nächsten Tag die Verfolgung der Flüchtenden aufgenommen. Man traf nur auf die Nachzügler, die sich aber keiner Kampfhandlung stellten. Gegen Mitternacht desselben Tages wurde aber klar, dass die Schutztruppler in ihr eigenes Verderben liefen und gaben die Verfolgung auf. Etwas später wurde wieder eine Abteilung Soldaten zusammengestellt, die den Auftrag hatte, zurückdrängende Herero an ihrem Vorhaben zu hindern. Diese Abteilung führte eine Feldkanone mit, die aber nicht zum Einsatz kam. Auch diese Abteilung scheiterte, weil es dort kein Wasser gab. Die Kanone mussten sie zurücklassen, weil die Zugpferde verendet waren. Noch viele Jahre später wurde dieser Punkt der Umkehr auf den Landkarten als „oorlogsend“ markiert.
Wir wollen nicht mit Zahlen jonglieren, da die Schätzungen zwischen sechzigtausend und der doppelten Anzahl doch sehr unterschiedlich sind. Nur wenige erreichten ihr Ziel. Trotz dem Befehl des Generals (NB: zweiteilig) waren relativ wenige durch eine Kugel getötet worden. Die Übrigen irrten umher, ohne Vieh, ohne irgend etwas, in einem erbärmlichen Zustand. Hier ist auch der Anfang des grossen Leides zu finden. Die Zivilverwaltung musste bei dem Geschehen in den Auffanglagern versagen, in denen unentschuldbar viel Entsetzliches geschah.
Als die Lage 1908 wieder „normal“ wurde, waren die Herero und die Nama ohne ihre vorherige Grundlage: sie hatten kein Vieh und auch kein Land mehr, Land das ihre Vorfahren vor langer Zeit anderen weggenommen hatten.
Wir sollten darüber nachdenken, ob dieses nicht der eigentliche Grund für die „Genozid Debatte“ ist.
Eberhard Mercker, Swakopmund
Nun zu mir. Meine Großeltern wanderten 1895 und 1897 in das damalige DSWA als Siedler ein und bauten ihre Existenz bei Okombahe auf, einer aus etwa 600 Seelen bestehenden Gemeinschaft aus Damara und Herero! Nachdem Großvater 1904 sämtliches Vieh abgetrieben worden war, brachte er sich in Okombahe in Sicherheit. Ich gehöre als Geodätiker/Landmesser den „exakten Wissenschaften” an und war mehr als 50 Jahre in unserem Land tätig und zwar mehrheitlich in der Kalahari. Fakten, harte, klare Fakten sollten meiner Meinung nach Grundlage und Ausgangspunkt jeder Diskussion sein.
Fangen wir damit an:
Kurz nach unserer Unabhängigkeit berief der damalige erste Minister Geingob die erste Landkonferenz ein. Geladen waren Vertreter aller ethnischen Gruppen. Ich war als Beobacher zugegen. Man wollte versuchen festzustellen, wem das Land ursprünglich gehört hatte. Ich kann mich noch lebhaft an den Vertreter der Damara erinnern, der der Konferenz anschaulich vortrug, wo es die volkstümlichen Damaragräber gibt und so dokumentieren würde, dass die Damara in allen Teilen des Landes gesiedelt hätten. Nach mehrtägigen Ringen beschloss die Konferenz: ich zitiere: „The conference resolves that nobody except the San/Bushmen can claim ancestral rights to any part of our country” / „Die Konferenz beschließt, dass niemand außer den San/Busmännern die angestammten Rechte auf irgendeinen Teil unseres Landes beanspruchen kann“.(Anm. d. Red.) Dieses wurde mit dem darauf folgenden Satz gleich wieder eingeschränkt, in welchem dargestellt wurde, dass es zu wenig Buschleute gebe, um das Land in Besitz zu nehmen . Danach blieb alles wie gehabt.
Gehen wir in der Geschichte weiter zurück in die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg, als man die UNO gründete. Diese verabschiedete sehr bald nach ihrer Gründung eine Resolution, in der der Begriff „Genozid“ definiert wurde. Dieses Dokument können Sie in der Sprache Ihrer Wahl „googeln“ und werden dort eine sehr detailierte Auflistung dessen finden, was geschehen sein muss, um als Genozid erklärt zu werden. Folgende Fakten machen es für mich schwer, dem damaligen blutigen Geschehen vorbehaltlos den Stempel eines Völkermordes aufzudrücken. Als erstes ist hier zu erwähnen, dass Samuel Maharero den Befehl erteilte: „Tötet alle Weissen“ (mit den allgemein bekannten Ausnahmen) zu einer Zeit, als die deutsche Zivilbevölkerung diesem schutzlos ausgeliefert war. Und es wurden viele Männer, Frauen und Kinder hingemetzelt. Einen weiteren Punkt sollte man nicht auslassen, nämlich das, was am zweiten Tag der „Schlacht am Waterberg“ geschah: Der Kampf konnte nicht weitergeführt werden, da die Herero samt Vieh durch eine Lücke in der Umzingelung der deutschen Truppe gen Osten entwichen waren. Es fand kein Gefecht statt. Die Herero waren ausgebrochen und erhofften, irgendwie Betschuanaland zu erreichen, wo sie dann sicher vor von Trothas Truppen gewesen wären, wohl wissend , dass sie eine lange, wasserlose Strecke zu Fuß überqueren mussten, bevor sie in Sicherheit waren. Und damit beginnt die eigentliche Vernichtung der Herero. Einem weiteren Befehl von Trothas folgend und gegen den Rat der Fährtenleser wurde in der ersten Dämmerung am nächsten Tag die Verfolgung der Flüchtenden aufgenommen. Man traf nur auf die Nachzügler, die sich aber keiner Kampfhandlung stellten. Gegen Mitternacht desselben Tages wurde aber klar, dass die Schutztruppler in ihr eigenes Verderben liefen und gaben die Verfolgung auf. Etwas später wurde wieder eine Abteilung Soldaten zusammengestellt, die den Auftrag hatte, zurückdrängende Herero an ihrem Vorhaben zu hindern. Diese Abteilung führte eine Feldkanone mit, die aber nicht zum Einsatz kam. Auch diese Abteilung scheiterte, weil es dort kein Wasser gab. Die Kanone mussten sie zurücklassen, weil die Zugpferde verendet waren. Noch viele Jahre später wurde dieser Punkt der Umkehr auf den Landkarten als „oorlogsend“ markiert.
Wir wollen nicht mit Zahlen jonglieren, da die Schätzungen zwischen sechzigtausend und der doppelten Anzahl doch sehr unterschiedlich sind. Nur wenige erreichten ihr Ziel. Trotz dem Befehl des Generals (NB: zweiteilig) waren relativ wenige durch eine Kugel getötet worden. Die Übrigen irrten umher, ohne Vieh, ohne irgend etwas, in einem erbärmlichen Zustand. Hier ist auch der Anfang des grossen Leides zu finden. Die Zivilverwaltung musste bei dem Geschehen in den Auffanglagern versagen, in denen unentschuldbar viel Entsetzliches geschah.
Als die Lage 1908 wieder „normal“ wurde, waren die Herero und die Nama ohne ihre vorherige Grundlage: sie hatten kein Vieh und auch kein Land mehr, Land das ihre Vorfahren vor langer Zeit anderen weggenommen hatten.
Wir sollten darüber nachdenken, ob dieses nicht der eigentliche Grund für die „Genozid Debatte“ ist.
Eberhard Mercker, Swakopmund
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Allgemeine Zeitung
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