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Genozid-Frage neu aufgerollt

Windhoek - Der Referent und Jurist ist ein ehemaliger Hochschullehrer der Rechtswissenschaft (Universität des Westkaplands, 1990-2008). Das Thema lautete: ,,Is Genocide a New Crime or an Old Crime with a New Name: Why the Events of 1904-1908 qualify as Genocide." Sarkin ist als Anwalt in den USA und in Südafrika zugelassen. Derzeit ist er ,,Chairperson-Rapporteur" des Menschenrechts-Rates der UNO, Arbeitskreis für den Bereich Zwangsentführungen. Prof. Sarkin betonte, dass er in Windhoek lediglich in persönlicher Eigenschaft auftrete.
Nach einem historischen Überblick des Kolonialkriegs in Namibia behandelte Sarkin Definitionen des Völkermords. Der Referent zitierte auch aus der so genannten Hunnenrede von Kaiser Wilhelm II, der am 27. Juli 1900 bei der Verabschiedung des ostasiatischen Expeditionskorps in Bremerhaven den Auftrag gegeben haben soll, "keine Gefangenen zu nehmen". Der Terminus Völkermord, so Sarkin weiter, sei 1941 zum ersten Mal von dem Polen Raphael Lemkin im Vorfeld der späteren Genozid-Konvention der UNO von 1948 juristisch definiert worden. "Es war ein neuer Begriff, aber kein neues Verbrechen." Als Vokabel hat Sarkin den Begriff bis ins Jahr 1831 zurückverfolgt. Auch der Begriff "holocaustrum" finde schon seit einem Millennium Verwendung. Als Vorläufer der Genozid-Konvention verwies Sarkin auf die Haager Konvention 1899-1907. "Kein anderes Verbrechen überbietet Genozid, wenn man die Schmach und den moralischen Hass in Betracht zieht", so Sarkin. Er stimmt nicht mit dem Argument "einiger Leute" überein, dass Genozid erst ab 1945 als Begriff anwendbar sei. Die deutsche Ministerin Wieczorek-Zeul habe 2004 bei ihrem Auftritt auf Ohamakari ebenfalls erklärt, dass der damalige General Lothar von Trotha im Kolonialkrieg von 1904-1907 nach heutigem Recht des Genozids angeklagt werden könne. Sarkin sagte, die juristische Definition des Begriffs sei eindeutig, aber es gebe gewiss noch "500 politische" Deutungen.
Ovaherero-Chef Kuaima Riruako beteiligte sich an der Diskussion und erinnerte daran, dass die namibische Nationalversammlung eine Resolution zur Reparation verabschiedet habe. "Ich setze die Regierung seit 2004 unter Druck. In den sechs Jahren ist jedoch nichts passiert. Ich werde nicht ruhig bleiben und werde die Regierung provozieren. Das ist keine Herero-Angelegenheit mehr. Es ist eine nationale Sache."
Den Umstand, dass aus der Reparationsklage gegen Deutschland, bzw. gegen Nachfolgefirmen der Baufirma nicht nichts geworden ist, die im und nach dem Kolonialkrieg mit damaligen Kriegsgefangenen Eisenbahnstrecken gebaut hat, erklärte Sarkin damit, dass bei weiteren solchen Verhandlungen "Pandoras Büchse" geöffnet werde. Er beließ es dabei, ohne die Erläuterung zu vertiefen, dass damit wohl weitere Reparationsforderungen gegen ehemalige Kolonialmächte gemeint sind.
Der Schirmherr des Ovaherero-Genozid-Komitees, Festus Muundjua, formulierte in seinen Dankesworten an Sarkin auch die Absichten Organisation für weitere Aktionen. Das Komitee suche in der Reparationsfrage weiterhin den Dialog mit der Bundesrepublik Deutschland. "Wir wollen diese Frage wieder international einbringen, im EU-Menschenrechtsgericht, bei der UNO und der Afrikanischen Union und wir bemühen uns um die juristische Formulierung, um die Regierung von Deutschland in Namibia vor Gericht zu zitieren."
Als Sarkin von der AZ vor dem Publikum befragt wurde, ob US-amerikanische Juristen, Akademiker und Historiker den Begriff Genozid nach der von ihm ausgeführten juristischen Definition rückwirkend auch auf die Dezimierung, Verdrängung und weitgehenden Vernichtung der US-amerikanischen indigenen Urbevölkerung (Indianer) anwendeten, verhaspelte sich der Jurist. Obwohl er den Begriff auf Armenien, Ruanda, die Judenverfolgung und auf den namibischen Kolonialkrieg angewandt hatte, zog er sich auf diese Frage hinter seine Amtsfunktion als UN-Rapporteur zurück und übte Selbstzensur aus, im Widerspruch zu seiner Beteuerung eingangs, dass er lediglich als Privatperson auftrete. "Als Kraft der UNO kann ich mich auf diese Frage nicht einlassen."

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-06-18

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