Genozid-Dialog steht obenan
Von Eberhard Hofmann und Stefan Fischer, Windhoek
Bundestagspräsident Norbert Lammert wurde von seinem namibischen Amtskollegen, dem Speaker Peter Katjavivi, gestern freundlich im Tintenpalast empfangen. Dabei hat Katjavivi in der vorformulierten Begrüßungsrede gleich das Thema angesprochen, das derzeit obenan zu stehen scheint: Fortsetzung des bilateralen parlamentarischen Austauschs über das Genozid-Thema, das Katjavivi einen „brennenden Gesprächspunkt“ nennt und das einer dringenden Lösung bedürfe. Inzwischen hat die Reparationslobby von Ovaherero-Chef Reinhard Vekuii Rukoro gestern vermehrte Anerkennung erhalten, indem Lammert sich mit der Gruppe zu Mittag getroffen hat. Die Herero und Nama fordern, dass die Nachfahren aus dem Kolonialkrieg direkt auf Regierungs- und Parlamentsebene in die Gespräche eingebunden werden (AZ berichtete).
Im parlamentarischen Geist der Mehrparteiendemokratie ist Lammert gestern nach der Begegnung mit Katjavivi mit anderen Parlamentariern zusammengetroffen, darunter der Vorsitzende des ständigen Ausschusses für öffentliche Bilanzen, Usutuaije Maamberua (SWANU), und Ida Hoffmann (SWAPO) vom Technischen Genozidkomitee. Dem Oppositionsführer und DTA-Präsidenten McHenry Venaani hat Lammert zudem einen Anstandsbesuch abgestattet. Der Gast betonte die guten Voraussetzungen namibisch-deutscher Zusammenarbeit. Venaani hat darauf seinerseits neue Schwerpunkte der Kooperation hervorgehoben, wie er sie sieht: Berufsbildung, Modernisierung der Landwirtschaft und Aufarbeitung des Genozid-Themas. Er würdigte die starke Unterstützung, die Namibia von Deutschland erhalte.
Zur Genozid-Frage erinnerte Venaani an Aussprache und Austausch, die zwischen zwei parlamentarischen (der deutschen und namibischen) Gruppen stattfinden. Er sprach dem Bundestagspräsidenten seine Anerkennung aus, dass dieser für eine Aufarbeitung des Themas empfänglich sei. Venaani wünscht sich einen „bedeutungsvollen Dialog“. Und: „Der Dialog darf nicht im Bezug monetärer Begriffe, sondern muss eher im gelehrten Rahmen gesehen werden.“ Venaani vertraut darauf, dass in den Beziehungen zwischen Deutschland und Namibia ein neues Kapitel aufgeschlagen werde.
Nach dem politischen Spitzentreffen besuchte Lammert die Deutsche Höhere Privatschule (DHPS) und ließ sich bei einem ausgedehnten Rundgang über den Schulalltag informieren. Er und seine Gattin Gertrud - selbst 40 Jahre als Lehrerin tätig - waren begeistert von dem modernen udn vielseitigen Bildungsstandort sowie von den Begegnungen mit Schülern, Lehrern und Schulvorstand. „Ihr habt´s schön hier“, sagte der Bundestagspräsident, und: „Ich bin schwer beeindruckt.“ Schulleiterin Kristin Eichholz stellte als ein besonderes Merkmal der DHPS heraus, das hier nicht nur Kinder von deutschen Diplomaten und von anderen befristet in Namibia lebenden Deutschen, sondern auch Namibier im deutschen und englischen Zweig unterrichtet werden. Die DHPS hat rund 1300 Kinder und Jugendliche von der Krabbelgruppe (Babys ab 3 Monate) bis zum Abitur (12. Klasse) in ihrer Obhut.
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Allgemeine Zeitung
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