Frühling an der Westküste
Endlich Ferien. Nach Tagen feuchtkühlen Regenwetters strahlt heute die Sonne besonders schön vom wolkenlos-blauen Himmel und wir sind in bester Ausflugslaune. Unterwegs auf der Westcoast Road R27, von Kapstadt Richtung Velddrif, vorbei am Küstenort Yzerfontein, erreichen wir nach rund 120 km die Einfahrt zum Westcoast National Park.
Zwischen September und Oktober ist die beste Jahreszeit für einen Besuch, denn die sonst etwas eintönig-harsche Küsten-Vegetation steht jetzt in voller Blüte und schon bei der Zufahrt können wir die leuchtend gelben und roten Blütenkissen zwischen den weißen Sanddünen erkennen. Über rund 32000 Hektar erstreckt sich dieses geschützte Küstengebiet entlang des Atlantischen Ozeans und der Langebaan Lagune. Einbezogen sind auch die kleinen Inseln der Saldhana-Bucht mit den dort brütenden Seevogel-Kolonien.
Die so typischen wilden Riedbüsche und der Küsten-Vynbos säumen unseren Weg zum Meer. Plötzlich müssen wir uns aber bremsen. Hatten wir nicht wenige Meter zuvor ein seltsames Warnschild am Straßenrand entdeckt: Schildkröten haben Vorrang. Und jetzt sehen wir tatsächlich schon die erste wenige Meter vor uns erstaunlich flott über die Straße wandern. Als wir mit unserem Geländewagen knapp an sie heranfahren, bleibt sie abrupt stehen, senkt sich ab, wie ein alter Citroen und zieht den Kopf ein. Mein Sohn steigt aus und hebt sie behutsam über die Böschung, soll sie doch auch keinem anderen Auto zum Opfer fallen. Sie ist nur die erste von Dutzenden ihrer Art, denen wir am heutigen Tag noch begegnen werden, alle sind auf Hochzeitsreise. Der Frühling macht sich eben auch in der Tierwelt bemerkbar. Weiter geht es durch die blühenden Büsche und immer häufiger verdichten sich die einzelnen pinkfarbenen und sonnengelben Vygies zu großen in der Sonne leuchtenden Flächen.
Aber was saust denn da schon wieder um die nächste Kurve: ein Trupp mit einem Dutzend kleiner vorwitziger Straußen-Küken kommt uns frontal auf der Straße entgegen, wie kleine braune Nadelkissen laufen sie laut piepsend an unserem Auto vorbei und weiter in den Busch hinein. Aber wo sind denn Mama und Papa Strauß geblieben? Die vergnügen sich derweilen einige Kurven weiter im Gebüsch und picken eifrig an den Gräsern.
Der erste uns bekannte Europäer, der seinen Fuß hier an Land gesetzt hatte, war der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama. Schon 1497 war er auf seiner Weltumseglung in der St Helena Bay vor Anker gegangen. Beim Anblick dieser Landschaft muss ich dem französischen Komponisten Jaques Meyerbeer recht geben, der dem Protagonisten seiner Oper "Die Afrikanerin" die Worte in den Mund legte "O Land so wunderbar". Vasco da Gama hatte es damals bei seiner Landung sicher ähnlich empfunden, wie wir heute....
Auf unserer Weiterfahrt entdecken wir einen kleinen weißen Falken, der auf einem Mast sitzt und uns neugierig von oben herab beäugt. Jedes Mal, wenn wir aussteigen wollen, um ihn zu fotografieren, fliegt er ein paar Meter weiter bis zum nächsten Mast und treibt sein Spielchen mit uns. So geht es eine ganze Weile. Schließlich werden wir aber abgelenkt von dem zauberhaften Anblick, der sich jetzt vor uns ausbreitet: Vor uns liegt in der Morgensonne die Lagune von Langebaan, noch in feinen Frühnebel getaucht, in hellem Türkisblau, wie ein wunderschönes Aquarell in zarten Pastell-Tönen gemalt. Der friedliche Anblick mit den leise vor sich eindübelnden Hausbooten, die hier vor Anker liegen, lädt zum Stehenbleiben ein. Wie wir erfahren haben, war hier in den vergangenen Jahren am Südende der Lagune das "Geelbek Visitor Centre" eröffnet worden mit einem eigenen Restaurant, einer Vogelbeobachtungsstation und der Möglichkeit, mehr über die lokale Fauna und Flora sowie die Geschichte zu erfahren. Wir wollen aber weiter, haben wir doch noch eine größere Strecke vor uns und wie in allen Nationalparks sollte man pünktlich vor Sonnenuntergang wieder zurück sein.
Zuerst fahren wir zu meinem absoluten Lieblingsplatz, einer kleine Bucht direkt am Meer gelegen, der sogenannten "Tsaarsbank", wo die meterhohen Atlantikwellen laut donnernd auf die urzeitlichen Felsen gischten. Schon seit vielen Jahren komme ich immer wieder hierher, und bin jedes Mal von dieser Naturgewalt aufs Neue beeindruckt. Tonnen von angespülten Muscheln liegen im Sand zwischen den großen, abgeschliffenen runden Felsen. Hier kann man bei Ebbe so herrlich Picknick machen und ich erinnere mich noch zu gut daran, als bei einem solchen, die unerwartet heftig einsetzende Flut uns beinahe den Camping-Tisch mitsamt dem darauf servierten Lunch ins Meer spülte.
Zu Recht fühlt man sich an diesem Platz in die Urzeit versetzt. Die gesamte Westküste ist ein wahres Paradies für Fossilien-Sucher. Umfangreiche Funde, die bis auf 20 Millionen Jahre zurückdatiert werden können, wurden hier gemacht. Eine besondere Attraktion ist der 1995 entdeckte, versteinerte Fußabdruck eines frühzeitlichen, weiblichen Wesens und da er mit seinen über 110000 Jahren als der erste Beweis menschlicher Existenz südlich des Oranje gilt, wird er als "Eve's Footprint" bezeichnet.
Während unserer Mittagsrast beobachten wir schwarze Oystercatcher und die zahlreiche Möwen, die sich von der aufpeitschenden Gischt der Wellen nicht aus der Ruhe bringen lassen und laut kreischend ihren Anteil an unserem Mittags-Sandwich fordern. Rund 250 verschiedene Vogelarten gibt es in diesem Nationalpark, sowohl einheimische wie auch Zugvögel aus Europa, die hier jedes Jahr den Sommer verbringen. Der Hauptanziehungspunkt für sie sind die weiten Salzmarschen am südlichen Ende der Lagune, die größten ihrer Art in ganz Afrika. Auch verschiedene Flamingoarten soll es dort geben, die wir aber leider nicht zu Gesicht bekommen, da wir zu weit entfernt sind.
Nur für zwei Monate wird jedes Jahr ein ganz spezieller Teil des Nationalparks für Besucher geöffnet - der sogenannte "Postberg". Hier gibt es auch Antilopen und Kap-Bergzebras zu entdecken. Und wir haben wirklich Glück: Auf den weiten, blühenden Wiesen grasen in paradiesischem Frieden nebeneinander Elenantiolopen, Oryx und Bontebok. Etwas weiter entfernt sehen wir auch Springböcke, Streifengnus und Kudus. Auch vereinzelte kleinere Raubvögel sitzen auf Büschen, fliegen aber sofort davon, sowie wir uns ihnen nähern. Bei der großen Staubwolke, die wir jetzt hinter uns herziehen, absolut kein Wunder.
Es gibt hier um den Postberg herum verschiedene Abzweigungen und Rundwege, wie wir auf unserer Karte erkennen und wie es scheint, haben wir uns doch tatsächlich verfahren. Die nächste Kurve kommt uns schon bekannt vor. Genau an diesen verwitterten Baumstrunk waren wir bereits vor einer halben Stunde vorbeigekommen. Langsam senkt sich die Sonne in Richtung Meer. Eigentlich wollten wir noch auf den höchsten Aussichtspunkt des Nationalparks hinauffahren. Bereits bei der Einfahrt zum Postberg-Gebiet hatte man uns darauf aufmerksam gemacht, dass wir bis spätestens 5 Uhr dieses Areal verlassen müssen und ein Blick auf die Uhr zeigt, dass wir nur noch 20 Minuten Zeit haben. Aber bitte wo ist denn jetzt der richtige Ausfahrtsweg?
Unerwartet taucht mutterseelenallein mitten im Busch ein einzelner Naturschutzbeamter auf, der uns wild gestikulierend deutet, in welche Richtung wir fahren sollen. Zu gerne wären wir noch länger hier oben geblieben, durch dieses blühende Gebiet gefahren, hätten noch einen farbenprächtigen Sonnenuntergang am Atlantik beobachten wollen. So aber müssen wir wenden und fahren zurück in Richtung Lagune, begleitet von einem weiteren Fahrzeug, das ebenfalls den Heimweg antreten muss.
Während unserer Rückfahrt sieht die Lagune völlig verändert aus: die zarten Pastell-Töne des Morgens haben sich zu kräftigen, in der Sonne leuchtenden Schattierungen des späten Nachmittags gewandelt. Uns kommt ein Gedanke: Beim nächsten Besuch hier im Westcoast National Park werden wir eines dieser gemütlichen Hausboote für ein paar Tage mieten, nicht nur um das wechselnde Farbenspiel der Lagune während der verschiedenen Tageszeiten besser beobachten zu können, sondern auch um endlich die Flamingos zu sehen.
Kontakt: Westcoast National Park
Tel.: 022 772 2144
Web: www.sanparks.org
Zwischen September und Oktober ist die beste Jahreszeit für einen Besuch, denn die sonst etwas eintönig-harsche Küsten-Vegetation steht jetzt in voller Blüte und schon bei der Zufahrt können wir die leuchtend gelben und roten Blütenkissen zwischen den weißen Sanddünen erkennen. Über rund 32000 Hektar erstreckt sich dieses geschützte Küstengebiet entlang des Atlantischen Ozeans und der Langebaan Lagune. Einbezogen sind auch die kleinen Inseln der Saldhana-Bucht mit den dort brütenden Seevogel-Kolonien.
Die so typischen wilden Riedbüsche und der Küsten-Vynbos säumen unseren Weg zum Meer. Plötzlich müssen wir uns aber bremsen. Hatten wir nicht wenige Meter zuvor ein seltsames Warnschild am Straßenrand entdeckt: Schildkröten haben Vorrang. Und jetzt sehen wir tatsächlich schon die erste wenige Meter vor uns erstaunlich flott über die Straße wandern. Als wir mit unserem Geländewagen knapp an sie heranfahren, bleibt sie abrupt stehen, senkt sich ab, wie ein alter Citroen und zieht den Kopf ein. Mein Sohn steigt aus und hebt sie behutsam über die Böschung, soll sie doch auch keinem anderen Auto zum Opfer fallen. Sie ist nur die erste von Dutzenden ihrer Art, denen wir am heutigen Tag noch begegnen werden, alle sind auf Hochzeitsreise. Der Frühling macht sich eben auch in der Tierwelt bemerkbar. Weiter geht es durch die blühenden Büsche und immer häufiger verdichten sich die einzelnen pinkfarbenen und sonnengelben Vygies zu großen in der Sonne leuchtenden Flächen.
Aber was saust denn da schon wieder um die nächste Kurve: ein Trupp mit einem Dutzend kleiner vorwitziger Straußen-Küken kommt uns frontal auf der Straße entgegen, wie kleine braune Nadelkissen laufen sie laut piepsend an unserem Auto vorbei und weiter in den Busch hinein. Aber wo sind denn Mama und Papa Strauß geblieben? Die vergnügen sich derweilen einige Kurven weiter im Gebüsch und picken eifrig an den Gräsern.
Der erste uns bekannte Europäer, der seinen Fuß hier an Land gesetzt hatte, war der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama. Schon 1497 war er auf seiner Weltumseglung in der St Helena Bay vor Anker gegangen. Beim Anblick dieser Landschaft muss ich dem französischen Komponisten Jaques Meyerbeer recht geben, der dem Protagonisten seiner Oper "Die Afrikanerin" die Worte in den Mund legte "O Land so wunderbar". Vasco da Gama hatte es damals bei seiner Landung sicher ähnlich empfunden, wie wir heute....
Auf unserer Weiterfahrt entdecken wir einen kleinen weißen Falken, der auf einem Mast sitzt und uns neugierig von oben herab beäugt. Jedes Mal, wenn wir aussteigen wollen, um ihn zu fotografieren, fliegt er ein paar Meter weiter bis zum nächsten Mast und treibt sein Spielchen mit uns. So geht es eine ganze Weile. Schließlich werden wir aber abgelenkt von dem zauberhaften Anblick, der sich jetzt vor uns ausbreitet: Vor uns liegt in der Morgensonne die Lagune von Langebaan, noch in feinen Frühnebel getaucht, in hellem Türkisblau, wie ein wunderschönes Aquarell in zarten Pastell-Tönen gemalt. Der friedliche Anblick mit den leise vor sich eindübelnden Hausbooten, die hier vor Anker liegen, lädt zum Stehenbleiben ein. Wie wir erfahren haben, war hier in den vergangenen Jahren am Südende der Lagune das "Geelbek Visitor Centre" eröffnet worden mit einem eigenen Restaurant, einer Vogelbeobachtungsstation und der Möglichkeit, mehr über die lokale Fauna und Flora sowie die Geschichte zu erfahren. Wir wollen aber weiter, haben wir doch noch eine größere Strecke vor uns und wie in allen Nationalparks sollte man pünktlich vor Sonnenuntergang wieder zurück sein.
Zuerst fahren wir zu meinem absoluten Lieblingsplatz, einer kleine Bucht direkt am Meer gelegen, der sogenannten "Tsaarsbank", wo die meterhohen Atlantikwellen laut donnernd auf die urzeitlichen Felsen gischten. Schon seit vielen Jahren komme ich immer wieder hierher, und bin jedes Mal von dieser Naturgewalt aufs Neue beeindruckt. Tonnen von angespülten Muscheln liegen im Sand zwischen den großen, abgeschliffenen runden Felsen. Hier kann man bei Ebbe so herrlich Picknick machen und ich erinnere mich noch zu gut daran, als bei einem solchen, die unerwartet heftig einsetzende Flut uns beinahe den Camping-Tisch mitsamt dem darauf servierten Lunch ins Meer spülte.
Zu Recht fühlt man sich an diesem Platz in die Urzeit versetzt. Die gesamte Westküste ist ein wahres Paradies für Fossilien-Sucher. Umfangreiche Funde, die bis auf 20 Millionen Jahre zurückdatiert werden können, wurden hier gemacht. Eine besondere Attraktion ist der 1995 entdeckte, versteinerte Fußabdruck eines frühzeitlichen, weiblichen Wesens und da er mit seinen über 110000 Jahren als der erste Beweis menschlicher Existenz südlich des Oranje gilt, wird er als "Eve's Footprint" bezeichnet.
Während unserer Mittagsrast beobachten wir schwarze Oystercatcher und die zahlreiche Möwen, die sich von der aufpeitschenden Gischt der Wellen nicht aus der Ruhe bringen lassen und laut kreischend ihren Anteil an unserem Mittags-Sandwich fordern. Rund 250 verschiedene Vogelarten gibt es in diesem Nationalpark, sowohl einheimische wie auch Zugvögel aus Europa, die hier jedes Jahr den Sommer verbringen. Der Hauptanziehungspunkt für sie sind die weiten Salzmarschen am südlichen Ende der Lagune, die größten ihrer Art in ganz Afrika. Auch verschiedene Flamingoarten soll es dort geben, die wir aber leider nicht zu Gesicht bekommen, da wir zu weit entfernt sind.
Nur für zwei Monate wird jedes Jahr ein ganz spezieller Teil des Nationalparks für Besucher geöffnet - der sogenannte "Postberg". Hier gibt es auch Antilopen und Kap-Bergzebras zu entdecken. Und wir haben wirklich Glück: Auf den weiten, blühenden Wiesen grasen in paradiesischem Frieden nebeneinander Elenantiolopen, Oryx und Bontebok. Etwas weiter entfernt sehen wir auch Springböcke, Streifengnus und Kudus. Auch vereinzelte kleinere Raubvögel sitzen auf Büschen, fliegen aber sofort davon, sowie wir uns ihnen nähern. Bei der großen Staubwolke, die wir jetzt hinter uns herziehen, absolut kein Wunder.
Es gibt hier um den Postberg herum verschiedene Abzweigungen und Rundwege, wie wir auf unserer Karte erkennen und wie es scheint, haben wir uns doch tatsächlich verfahren. Die nächste Kurve kommt uns schon bekannt vor. Genau an diesen verwitterten Baumstrunk waren wir bereits vor einer halben Stunde vorbeigekommen. Langsam senkt sich die Sonne in Richtung Meer. Eigentlich wollten wir noch auf den höchsten Aussichtspunkt des Nationalparks hinauffahren. Bereits bei der Einfahrt zum Postberg-Gebiet hatte man uns darauf aufmerksam gemacht, dass wir bis spätestens 5 Uhr dieses Areal verlassen müssen und ein Blick auf die Uhr zeigt, dass wir nur noch 20 Minuten Zeit haben. Aber bitte wo ist denn jetzt der richtige Ausfahrtsweg?
Unerwartet taucht mutterseelenallein mitten im Busch ein einzelner Naturschutzbeamter auf, der uns wild gestikulierend deutet, in welche Richtung wir fahren sollen. Zu gerne wären wir noch länger hier oben geblieben, durch dieses blühende Gebiet gefahren, hätten noch einen farbenprächtigen Sonnenuntergang am Atlantik beobachten wollen. So aber müssen wir wenden und fahren zurück in Richtung Lagune, begleitet von einem weiteren Fahrzeug, das ebenfalls den Heimweg antreten muss.
Während unserer Rückfahrt sieht die Lagune völlig verändert aus: die zarten Pastell-Töne des Morgens haben sich zu kräftigen, in der Sonne leuchtenden Schattierungen des späten Nachmittags gewandelt. Uns kommt ein Gedanke: Beim nächsten Besuch hier im Westcoast National Park werden wir eines dieser gemütlichen Hausboote für ein paar Tage mieten, nicht nur um das wechselnde Farbenspiel der Lagune während der verschiedenen Tageszeiten besser beobachten zu können, sondern auch um endlich die Flamingos zu sehen.
Kontakt: Westcoast National Park
Tel.: 022 772 2144
Web: www.sanparks.org
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Allgemeine Zeitung
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