EX-SPION HAT AUSGEPACKT
Die Enthüllung ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten. Ein Agent des US-Geheimdienstes CIA soll Nelson Mandela vor 54 Jahren an die südafrikanische Polizei verraten haben: Ausgerechnet der „freien Welt“ ist es offenbar zuzuschreiben, dass der bedeutendste Staatsmann des vergangenen Jahrhunderts von den Häschern des Rassistenregime verhaftet werden konnte. Das Eingeständnis geht aus einem Gespräch hervor, das der britische Filmemacher John Irvin mit dem inzwischen verstorbenen CIA-Agenten Donald Rickard Anfang dieses Jahres für seinen neuen Film „Mandela’s Gun“ (Mandelas Pistole) aufgezeichnet hat.
In dem Interview lässt Rickard keinen Zweifel an den Vorgängen, die im August 1962 zur Verhaftung des flüchtigen Nelson Mandela in der Nähe des zwischen Durban und Johannesburg gelegenen Städtchens Howick führte. „Ich hatte herausgefunden, wann und wie er nach Johannesburg fahren würde“, sagte der damalige US-Vize-Konsul in Durban: „Auf diese Weise wurde Mandela verhaftet.“ Gemeinsam mit zwölf weiteren, kurz später aufgegriffenen Führern des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) wurde der damals 42-jährige Mandela anschließend wegen Sabotage vor Gericht gestellt: Er entging nur knapp der Todesstrafe und verbrachte 27 Jahre hinter Gittern. Mit seinem Hinweis an die südafrikanische Polizei musste Rickard damit rechnen, dass Mandela hingerichtet werden würde: Trotzdem zeigte der 1978 pensionierte CIA-Agent bis zu seinem Tod im März keine Reue.
Mandela sei „der gefährlichste Kommunist außerhalb der Sowjetunion“ gewesen, sagte Rickard in dem Interview für den Film, der bei den Filmfestspielen in Cannes öffentlich vorgestellt wird. Südafrika habe sich am „Abgrund zu einem Rassenkrieg“ befunden, so der Agent weiter: „Mandela hätte einen Krieg willkommen geheißen. Und wenn die Sowjets mit Macht gekommen wären, hätten sich auch die USA einschalten müssen. Dann wäre hier die Hölle ausgebrochen.“
Moskau unterstützte ANC
Tatsächlich wurde der Afrikanische Nationalkongress damals von der Sowjetunion unterstützt und arbeitete eng mit der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) zusammen, die noch heute in einer symbiotischen Allianz mit dem ANC regiert. Mandelas Verhältnis zur Kommunistischen Partei war allerdings zumindest widersprüchlich: Der damalige Generalsekretär des ANC stritt sich immer wieder öffentlich mit Kommunisten und gehörte seinen eigenen Angaben zufolge niemals der SACP an. Der Afrikanist Stephen Ellis will zwar herausgefunden haben, dass Mandela Anfang der 60er Jahre sehr wohl dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei angehörte. Doch dabei kann es sich um eine pragmatische Entscheidung gehandelt haben, weil die SACP im Untergrund wesentlich besser als der ANC organisiert war.
Als Mandela 27 Jahre später aus der Haft entlassen wurde, verblüffte er die Welt mit seiner Bereitschaft zur Versöhnung. Er traf sich mit dem Staatsanwalt, der im Sabotageprozess die Todesstrafe für ihn gefordert hatte, und machte sich für eine Verfassung stark, die allen Südafrikanern gleiche Rechte einräumt. Als erster schwarzer Präsident des Landes erteilte er auch der Verstaatlichung der Schlüsselindustrie eine Absage, die von der Befreiungsbewegung ursprünglich gefordert worden war.
Mandela hatte wiederholt selbst den Verdacht geäußert, dass die CIA bei seiner Verhaftung eine Rolle gespielt haben könnte, wollte die Angelegenheit jedoch auf sich beruhen lassen. Nun werden in Südafrika Stimmen laut, die eine schonungslose Aufarbeitung der engen Beziehungen zwischen der US-Regierung und dem Rassistenregime am Kap fordern. Bislang hat Washington die Öffnung seiner Archive allerdings abgelehnt. Mandela stand absurderweise noch bis 2008 auf der „Terror-Watch-Liste“ der US-Regierung, was die Folge hatte, dass das State Department jeden seiner Aufenthalte im Land eigens genehmigen musste.
Von JOHANNES DIETERICH
Frankfurter Rundschau
In dem Interview lässt Rickard keinen Zweifel an den Vorgängen, die im August 1962 zur Verhaftung des flüchtigen Nelson Mandela in der Nähe des zwischen Durban und Johannesburg gelegenen Städtchens Howick führte. „Ich hatte herausgefunden, wann und wie er nach Johannesburg fahren würde“, sagte der damalige US-Vize-Konsul in Durban: „Auf diese Weise wurde Mandela verhaftet.“ Gemeinsam mit zwölf weiteren, kurz später aufgegriffenen Führern des verbotenen Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) wurde der damals 42-jährige Mandela anschließend wegen Sabotage vor Gericht gestellt: Er entging nur knapp der Todesstrafe und verbrachte 27 Jahre hinter Gittern. Mit seinem Hinweis an die südafrikanische Polizei musste Rickard damit rechnen, dass Mandela hingerichtet werden würde: Trotzdem zeigte der 1978 pensionierte CIA-Agent bis zu seinem Tod im März keine Reue.
Mandela sei „der gefährlichste Kommunist außerhalb der Sowjetunion“ gewesen, sagte Rickard in dem Interview für den Film, der bei den Filmfestspielen in Cannes öffentlich vorgestellt wird. Südafrika habe sich am „Abgrund zu einem Rassenkrieg“ befunden, so der Agent weiter: „Mandela hätte einen Krieg willkommen geheißen. Und wenn die Sowjets mit Macht gekommen wären, hätten sich auch die USA einschalten müssen. Dann wäre hier die Hölle ausgebrochen.“
Moskau unterstützte ANC
Tatsächlich wurde der Afrikanische Nationalkongress damals von der Sowjetunion unterstützt und arbeitete eng mit der Südafrikanischen Kommunistischen Partei (SACP) zusammen, die noch heute in einer symbiotischen Allianz mit dem ANC regiert. Mandelas Verhältnis zur Kommunistischen Partei war allerdings zumindest widersprüchlich: Der damalige Generalsekretär des ANC stritt sich immer wieder öffentlich mit Kommunisten und gehörte seinen eigenen Angaben zufolge niemals der SACP an. Der Afrikanist Stephen Ellis will zwar herausgefunden haben, dass Mandela Anfang der 60er Jahre sehr wohl dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei angehörte. Doch dabei kann es sich um eine pragmatische Entscheidung gehandelt haben, weil die SACP im Untergrund wesentlich besser als der ANC organisiert war.
Als Mandela 27 Jahre später aus der Haft entlassen wurde, verblüffte er die Welt mit seiner Bereitschaft zur Versöhnung. Er traf sich mit dem Staatsanwalt, der im Sabotageprozess die Todesstrafe für ihn gefordert hatte, und machte sich für eine Verfassung stark, die allen Südafrikanern gleiche Rechte einräumt. Als erster schwarzer Präsident des Landes erteilte er auch der Verstaatlichung der Schlüsselindustrie eine Absage, die von der Befreiungsbewegung ursprünglich gefordert worden war.
Mandela hatte wiederholt selbst den Verdacht geäußert, dass die CIA bei seiner Verhaftung eine Rolle gespielt haben könnte, wollte die Angelegenheit jedoch auf sich beruhen lassen. Nun werden in Südafrika Stimmen laut, die eine schonungslose Aufarbeitung der engen Beziehungen zwischen der US-Regierung und dem Rassistenregime am Kap fordern. Bislang hat Washington die Öffnung seiner Archive allerdings abgelehnt. Mandela stand absurderweise noch bis 2008 auf der „Terror-Watch-Liste“ der US-Regierung, was die Folge hatte, dass das State Department jeden seiner Aufenthalte im Land eigens genehmigen musste.
Von JOHANNES DIETERICH
Frankfurter Rundschau
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Allgemeine Zeitung
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