Ein Porträt von August Stauch

Als Enkel von August Stauch möchte ich zu dem Artikel von Irmgard Schreiber "Ewige Faszination Kolmanskuppe" und gewissen Auslegungen über meinen Großvater Stellung nehmen. Ich habe das Buch leider noch nicht gelesen und konnte auch nicht zur Vorstellung dieses Bandes kommen. Ich beziehe mich daher nur auf die Auslegungen in der AZ.

Um ein wirkliches Bild über diesen "geschäftstüchtigen" Abenteurer und um gewisse tendenziöse Äußerungen in dem Bericht zu berichtigen, muss ich kurz über Werdegang und Leben berichten, um sein Handeln klar zu stellen. August Stauch wuchs in Ettenhausen, unweit von Eisenach, auf einem kleinen Bauernhof auf. Er war der zweite Sohn von zwei Kindern, ging früh morgens zum Dorfpfarrer, um Lesen und Schreiben zu lernen und dann den Rest des Tages mit auf dem Hof zu helfen, um die nötigen Arbeiten zu verrichten. Der ältere Bruder übernahm den Hof; August ging zur Bahn, um eine Lehre zu machen, absolvierte diese und trat in den Dienst der Bahn. Er wurde nach Pommern versetzt, wo er seine Frau Ida kennen lernte. Er litt an Asthma und sein Vorgesetzter empfahl ihm, zwei Jahre nach Südwestafrika zu gehen, um an der Bahnstrecke Aus - Lüderitzbucht zu arbeiten, denn das trockene Klima werde seinem Leiden gut tun. Er nahm diesen Vorschlag an, ließ seine Frau und zwei Kinder in Pommern zurück und kam an den trostlosen Ort Grasplatz, unweit von Kolmanskuppe, um die Strecke zur Küste frei von Treibsand zu halten.

August Stauch war mit einem wachen, scharfen Intellekt begnadet und wollte gewiss nicht in der Einsamkeit verblöden. Er interessierte sich für alles um ihn herum und benutzte jede freie Stunde, die Wüste zu erforschen. Er hielt seine Arbeiter an, ihm alles Interessante zu bringen. So geschah es, dass Lewalla einen schönen, klitzekleinen Stein fand und diesen einem anderen Vorarbeiter Blohm gab, der diesen auch nicht als Diamant erkannte, wie so viele vorher. Bei Pomona wurden sie sogar weggeschaufelt, um nach Kupfer und anderen Mineralien zu suchen. Als Großvater den Stein bekam, ritzte er mit diesem an seinem Uhrglas, um die Härte zu prüfen und kam zu der Überzeugung, dass es sich um einen Diamanten handeln müsste. Auf diese Idee war ja bisher kein anderer gekommen.

Die meisten Leute in Lüderitzbucht lächelten, spotteten hierüber, zweifelten und dachten an Betrug, denn wie konnte es sein, dass Diamanten einfach im Wüstensand liegen ohne irgendwelche Begleiterscheinungen, zum Beispiel den Blaugrund? August jedoch grübelte Nächte lang über dieses Phänomen, denn er war sich über seine Erkenntnisse sicher. Er verließ den Dienst bei der Bahn und rüstete mit Hilfe weniger Freunde und seiner wenigen Ersparnisse eine Exkursion in das Innere der Namib aus. Er besorgte sich die nötige Prospektiergenehmigung.

Die Theorie, seine Überlegungen und Erkenntnis, zu der er in den vielen schlaflosen Nächten kam, war einfach und gilt heute genau so wie damals vor fast hundert Jahren. Die Edelsteine sind aus diamantreichen "Pipes" hauptsächlich in den Oranje gelangt und über eine lange Zeitepoche in den Atlantik gespült worden, der diese wiederum durch den Benguelastrom nach Norden transportierte. Das Meer bildete sich über diese Zeitepoche zurück und ließ Muscheln und eben Diamanten im Wüstensand zurück. Der starke Südwestwind transportierte den Sand in das Inland und die schwereren Diamanten blieben auf dem harten Untergrund liegen, wo Großvater diese dann in Pomona fand. Die größten Diamanten findet man direkt nördlich der Oranje-Mündung. Er belegte in der Zeit, wo alle zweifelten und spotteten, die Wüste mit "Claims". Als aus Berlin die Bestätigung kam, dass es wirklich Diamanten waren, rannten alle los, um sich an dem Glück zu beteiligen. Ich glaube nicht, dass man hier von einer großen Geschäftstüchtigkeit sprechen kann, wie es im Bericht der AZ zu lesen ist.

Kolmannskuppe wurde aufgebaut mit den damals neusten technischen Möglichkeiten, mit einer elektrischen Eisenbahn bis Bogenfels. Die Diamantfelder trugen enorm zur Wirtschaft des Landes bei. Nach dem Feldzug und der Kapitulation 1915 kamen die Aktivitäten der Diamantgesellschaft zum Erliegen und sollten an die De Beers-Gruppe übergehen. Durch Vermittlungen von Dr. Erich Lübbert erklärte sich die südafrikanische Firma De Beers bereit, die damaligen Anteilhaber zu übernehmen oder ihnen eine Abfindung zu zahlen. Viele der Arbeiter wurden ebenfalls übernommen. 1924 zog sich mein Großvater von der CDM zurück und widmete sich der Landwirtschaft. Er gründete die "Land und Settlement Bank", die vielen neuen Siedlern zu ihren ersten Ankäufen von Land oder Vieh verhalf. Er gründete Schlachtereien und Molkereien, im Norden und in der Mitte des Landes, damit die Siedler Absatz für ihre Produkte hatten. In der Depression der 30er Jahre verlor er fast seinen ganzen Besitz. Er übergab die Farmen Dordabis/Ibenstein seinen Kindern und widmete sich seinen Studien. 1938 ging er nach Breslau, um Mathematik und Physik zu studieren und verweilte dort, bis er dem Einmarsch der Russen weichen musste. Er zog sich in seinen Geburtsort Ettenhausen zurück, wo er nach erfülltem Leben als armer Mann an Krebs starb.

Wie lange Lewalla im Dienst der Diamantgesellschaft blieb ist unbekannt, ob er seinen Lohn nutzte und vermehrte, ist ebenfalls nicht bekannt, ebenso, wo und wann er starb. Eines ist jedoch gewiss: Mein Großvater, dem dieser Weg bestimmt nicht vorgezeichnet war, hat durch Kreativität, enormen Einsatz, scharfen und wachen Intellekt sowie Mut, Beharrlichkeit und den Glauben an sich selbst nicht nur die Diamantwirtschaft gegründet. Sie ist heute noch die Hauptsäule der hiesigen Wirtschaft zum Wohle aller Einwohner dieses Landes und wird dies noch in der näheren Zukunft bleiben. Ist es dann verwerflich, wenn alte Bücher und auch der Klaus Hess Verlag ihm eine ganze Seite mit seinem Foto widmen? Sollte er nicht noch einen Platz im Heldenacker erhalten? Verdient hätte er es.

Michael Krafft

Farm Ibenstein/Dordabis