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Ein Lächeln, wo die Hasenscharte war

Eins von 750 Babys kommt in Afrika mit einer sogenannten Hasenscharte oder einem Wolfsrachen auf die Welt. Sie entstehen bereits in der vierten bis sechsten Woche der Schwangerschaft und sind Folge eines gestörten Knochenwachstums des Embryos. Forscher glauben, dass die Ursache meistens ein Gendefekt oder Vitamin-B-Mangel ist.

Die Folgen können bitter sein. "Essen, reden und atmen fällt diesen Menschen oft schwer. Jeder zweite Säugling mit Hasenscharte stirbt deswegen", sagt Sarah Driver-Jowitt, Regionaldirektorin des "Operation Smile"-Teams.

Sie kennt diese Probleme, denn sie arbeitet täglich mit Kindern wie Johannes. Häufig haben die Betroffenen nicht das Geld für eine Operation (insgesamt rund 28 000 Namibische Dollar). Deswegen boten 100 Ärzte und Freiwillige dieses Jahr ihre Hilfe kostenlos an.

Kinder und Erwachsene mit Hasenscharte oder Wolfsrachen konnten ab Mittwoch ins Windhoeker Zentralrankenhaus kommen, um sich untersuchen und dann operieren zu lassen. Viele kamen von weither, reisten mit schwerem Gepäck und vielen Tüten.
Die Familien aus dörflichen Gegenden bekommen die Reise nach Windhoek vom namibischen Gesundheitsministerium bezahlt. Trotzdem bleibt die Aktion für viele Betroffene ein Tabu, so Driver-Jowitt: "In ländlichen Gegenden wird eine Hasenscharte häufig noch als Fluch betrachtet. Eine Operation wird gar nicht in Betracht gezogen."

Wer es hierher geschafft hat, muss sich anmelden. Übersetzer stehen für die Mütter bereit, die weder Englisch noch Afrikaans sprechen. Danach müssen die Kinder zum medizinischen Check-up. Sie werden gewogen, ihr Blutdruck und ihre Herzfrequenz gemessen. Mindestens fünfzig Patienten kriegen dann eine kostenlose Operation und eine anschließende Sprachtherapie.

"Danach ist das Leben anders", so Richard Frankle (50), der 356 000 namibische Dollar an Spenden für die Aktion sammelte und selbst einst eine Hasenscharte hatte. "Plötzlich kann man Lachen und Reden. Das ist wie eine Neugeburt", sagt er.

Rührende Geschichten spielen sich hier ab. Ein 8-Jähriges Mädchen reiste ganz alleine an, um endlich ihre Hasenscharte loszuwerden. Ein Mann, der 15 Jahre verheiratet war, freut sich, seine Frau endlich küssen zu können.
Zwischen dem alten und dem neuen Leben liegen für die Betroffenen nur ein 45-minütiger Eingriff, trotzdem wird oft nicht operiert.

"In Namibia gibt es nur eine einzige Frau, die solche Operationen durchführen kann", sagt Driver-Jowitt, "wir haben extra für diese Operation viele Ärzte aus dem Ausland holen müssen."

Auch Johannes Ndilinawa aus Oshabati soll von seiner gespaltenen Oberlippe befreit werden, damit er aufwachsen kann wie alle anderen.

Ohne Scham in der Schule, ohne Hemmungen vor Mädchen und ohne gesundheitliche Schäden.

Für das Team um "Operation Smile" ist es seit 29 Jahren eine Pflicht, Kindern wir ihm dabei zu helfen. Die auf Spenden angewiesene Organisation hat nicht nur 200 000 Operationen weltweit ermöglicht, sondern bildet Mediziner auch weiter.

"Uns ist es wichtig, den Namibiern beizubringen, wie sie die Kinder selbst unterstützen können", sagt Natalie Miller, Vize-Präsidentin "Operation Smile" in Africa. Deswegen wurden vergangene Woche auch namibische Krankenschwestern und Ärzte zu einer Fortbildung eingeladen, praktische Trainings mit ihnen gemacht.

Das Ziel: Operative Eingriffe einfacher zu machen. Damit weniger Kinder mit einer Hasenscharte herumlaufen müssen ¬ aber umso mehr mit einem Lächeln.

Julia Dombrowsky

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-05-23

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