Die Faust Gottes
Das Taxi mit der Nummer F71 kommt etwas zu spät zum Treffpunkt. Am Nachmittag, im Gym, ist Walter Kautondokwa früher da als vereinbart. Hier ist er ein anderer. Im Ring frisst der „Henker" seine Gegner. Den letzten, Walter Dlamini, in weniger als drei Minuten. Natürlich durch K.o., so wie in elf seiner zwölf Profikämpfe.
Kautondokwa – rotes T-Shirt, gerahmte Brille, goldener Rand –schmunzelt darauf angesprochen. „In Namibia gibt es keinen Besseren als mich", sagt er. Es ist die einzige Aussage an diesem Vormittag, die vermuten lässt, dass dieser Mann sein Geld zunehmend im Boxring verdient. Der Vater dreier Kinder tritt bescheiden auf. Die Wucht, mit der er seine Gegner fallen lässt wie Bahnschranken, überrascht ihn selbst.
Eine Gabe, die Walter Panduleni Kautondokwa, so sein vollständiger Name, bereits von Kindesbeinen auf verfeinert hat. Geboren in Eenhana, Hauptstadt der Ohangwena-Region, und aufgewachsen bei seiner Oma in Ondema, kämpfte er schon früh mit den Fäusten. Selten ging der kleine Walter dabei Schlägen aus dem Weg. „Bei uns im Dorf war es normal, dass wir uns untereinander auch mal härter gerauft haben." Mit Boxen aber, das was Kautondokwa heute als seine größte Leidenschaft bezeichnet, hatte mit all dem nichts zu tun.
Seine Passion ist in den Ferien gewachsen. In Windhoek und Ondangwa, wo er die bunten Bilder von großen Kämpfern sah: Harry Simon, der seine WM-Titel nach tödlichen Autounfällen abgeben musste, und Bernhard Hopkins, legendärer Boxer aus den USA, den Kautondokwa in seinem Kampfnamen „The Executioner" (Henker) in Ehren trägt und nach dem er auch seinen jüngsten Sohn Bernhard, 7, benannt hat.
Beeindruckende Quote
„Beide haben mich mit ihrer Art zu boxen inspiriert", sagt der 31-Jährige rückblickend. Mittlerweile ist Kautondokwa in Namibia selbst eine große Nummer. Zwölf Kämpfe, zwölf Siege, elf durch K.o. – 92 Prozent. „Walter wird unser nächster Boxweltmeister", sagt Immanuel „Imms" Moses. Moses weiß, wie man Weltmeister formt. Seinen Bruder, Paulus „Hitman" Moses, und Superbantamgewichtler Paulus Ambunda, der in der namibischen Boxszene besser als „The Rock" bekannt ist, machte er zu Champions. Moses sagt, er habe selten einen disziplinierteren Boxer als Kautondokwa trainiert. Kein Alkohol, keine Süßigkeiten. Stattdessen Früchte, Pap und Fleisch. Bevor er den kleinen Bernhard in die Schule bringt, wird trainiert. Das Gym im Windhoeker Stadtteil Katutura hat noch nicht geöffnet zu dieser Zeit. Also Schattenboxen und Laufen – die Treppen der Independence Arena hinauf und auf der Aschenbahn. Im Ohr: afrikanischer Gospel. Die Sonne noch nicht am Himmel.
Besondere Doppelbelastung
Ist der erste Schweiß geflossen, folgt für Kautondokwa das, was diese Geschichte besonders macht: sein Job als Taxifahrer. Sechsmal die Woche fährt er, bis zu zehn Stunden täglich. „Ich weiß zu schätzen, dass ich mich damit über Wasser halten kann, aber meine Berufung ist es keineswegs", sagt Kautondokwa. Das Geld, das er als amtierender Mittelgewichtsafrikameister der WBO verdient, reicht nicht aus, um allein davon zu leben. Sein Sieg gegen den Südafrikaner Walter Dlamini vor einem Monat brachte ihm 15000 Namibia-Dollar ein. Mit Abstand die höchste Gage, die er jemals kassierte. Nicht einmal 1000 Euro.
Kautondokwa weiß, was es für ein Privileg ist, mit Boxsport sein Brot verdienen zu dürfen. Kennt er doch die andere Seite. 2010, nach einer Farce bei den nationalen Boxmeisterschaften in Walvis Bay, dachte er an sein Karriereende. Ein Jahr zuvor hatte er bei den Zone Six Games in Lesotho noch eine Bronzemedaille für sein Land geholt. Doch jetzt war er leer. Sportlich und finanziell in einem Tief. Eine Veränderung musste her. Ende 2011 machte Kautondokwa seinen Führerschein, 2012 begann er Taxi zu fahren. Der einzige Weg, um weiter boxen zu können.
Zurück kam er als Profi. Im September 2013 besiegte er in Oshikango, an der angolanischen Grenze, Moabi Mothiba aus Botswana einstimmig nach Punkten. Daraufhin folgten nur noch Knockouts. Es ist der Grund, warum der „Henker" im ganzen Land bekannt ist für seinen aggressiven, explosiven Boxstil. Schwächen sind kaum auszumachen, wobei er von den afrikanischen Kontrahenten bislang kaum gefordert wurde. In Europa könnte Kautondokwa seinen Stil so nicht boxen, sagen seine Kritiker.
Promoter Nestor „Sunshine" Tobias sieht das naturgemäß anders. „Nach 20 Kämpfen ohne Niederlage ist das erste WM-Duell nur eine Frage der Zeit, bei Walter könnte es schneller gehen", meint Afrikas „Don King" optimistisch.
Mit Geduld zum Titel
Kautondokwa zeigt sich geduldig. Sein Traum ist es, eines Tages einen WM-Titel nach Namibia zu holen und nicht weiter Taxi fahren zu müssen. Er will nur noch die Fäuste sprechen lassen: „Sie sind ein Geschenk Gottes."
Florian Gontek und
Robby Echelmeyer
Kautondokwa – rotes T-Shirt, gerahmte Brille, goldener Rand –schmunzelt darauf angesprochen. „In Namibia gibt es keinen Besseren als mich", sagt er. Es ist die einzige Aussage an diesem Vormittag, die vermuten lässt, dass dieser Mann sein Geld zunehmend im Boxring verdient. Der Vater dreier Kinder tritt bescheiden auf. Die Wucht, mit der er seine Gegner fallen lässt wie Bahnschranken, überrascht ihn selbst.
Eine Gabe, die Walter Panduleni Kautondokwa, so sein vollständiger Name, bereits von Kindesbeinen auf verfeinert hat. Geboren in Eenhana, Hauptstadt der Ohangwena-Region, und aufgewachsen bei seiner Oma in Ondema, kämpfte er schon früh mit den Fäusten. Selten ging der kleine Walter dabei Schlägen aus dem Weg. „Bei uns im Dorf war es normal, dass wir uns untereinander auch mal härter gerauft haben." Mit Boxen aber, das was Kautondokwa heute als seine größte Leidenschaft bezeichnet, hatte mit all dem nichts zu tun.
Seine Passion ist in den Ferien gewachsen. In Windhoek und Ondangwa, wo er die bunten Bilder von großen Kämpfern sah: Harry Simon, der seine WM-Titel nach tödlichen Autounfällen abgeben musste, und Bernhard Hopkins, legendärer Boxer aus den USA, den Kautondokwa in seinem Kampfnamen „The Executioner" (Henker) in Ehren trägt und nach dem er auch seinen jüngsten Sohn Bernhard, 7, benannt hat.
Beeindruckende Quote
„Beide haben mich mit ihrer Art zu boxen inspiriert", sagt der 31-Jährige rückblickend. Mittlerweile ist Kautondokwa in Namibia selbst eine große Nummer. Zwölf Kämpfe, zwölf Siege, elf durch K.o. – 92 Prozent. „Walter wird unser nächster Boxweltmeister", sagt Immanuel „Imms" Moses. Moses weiß, wie man Weltmeister formt. Seinen Bruder, Paulus „Hitman" Moses, und Superbantamgewichtler Paulus Ambunda, der in der namibischen Boxszene besser als „The Rock" bekannt ist, machte er zu Champions. Moses sagt, er habe selten einen disziplinierteren Boxer als Kautondokwa trainiert. Kein Alkohol, keine Süßigkeiten. Stattdessen Früchte, Pap und Fleisch. Bevor er den kleinen Bernhard in die Schule bringt, wird trainiert. Das Gym im Windhoeker Stadtteil Katutura hat noch nicht geöffnet zu dieser Zeit. Also Schattenboxen und Laufen – die Treppen der Independence Arena hinauf und auf der Aschenbahn. Im Ohr: afrikanischer Gospel. Die Sonne noch nicht am Himmel.
Besondere Doppelbelastung
Ist der erste Schweiß geflossen, folgt für Kautondokwa das, was diese Geschichte besonders macht: sein Job als Taxifahrer. Sechsmal die Woche fährt er, bis zu zehn Stunden täglich. „Ich weiß zu schätzen, dass ich mich damit über Wasser halten kann, aber meine Berufung ist es keineswegs", sagt Kautondokwa. Das Geld, das er als amtierender Mittelgewichtsafrikameister der WBO verdient, reicht nicht aus, um allein davon zu leben. Sein Sieg gegen den Südafrikaner Walter Dlamini vor einem Monat brachte ihm 15000 Namibia-Dollar ein. Mit Abstand die höchste Gage, die er jemals kassierte. Nicht einmal 1000 Euro.
Kautondokwa weiß, was es für ein Privileg ist, mit Boxsport sein Brot verdienen zu dürfen. Kennt er doch die andere Seite. 2010, nach einer Farce bei den nationalen Boxmeisterschaften in Walvis Bay, dachte er an sein Karriereende. Ein Jahr zuvor hatte er bei den Zone Six Games in Lesotho noch eine Bronzemedaille für sein Land geholt. Doch jetzt war er leer. Sportlich und finanziell in einem Tief. Eine Veränderung musste her. Ende 2011 machte Kautondokwa seinen Führerschein, 2012 begann er Taxi zu fahren. Der einzige Weg, um weiter boxen zu können.
Zurück kam er als Profi. Im September 2013 besiegte er in Oshikango, an der angolanischen Grenze, Moabi Mothiba aus Botswana einstimmig nach Punkten. Daraufhin folgten nur noch Knockouts. Es ist der Grund, warum der „Henker" im ganzen Land bekannt ist für seinen aggressiven, explosiven Boxstil. Schwächen sind kaum auszumachen, wobei er von den afrikanischen Kontrahenten bislang kaum gefordert wurde. In Europa könnte Kautondokwa seinen Stil so nicht boxen, sagen seine Kritiker.
Promoter Nestor „Sunshine" Tobias sieht das naturgemäß anders. „Nach 20 Kämpfen ohne Niederlage ist das erste WM-Duell nur eine Frage der Zeit, bei Walter könnte es schneller gehen", meint Afrikas „Don King" optimistisch.
Mit Geduld zum Titel
Kautondokwa zeigt sich geduldig. Sein Traum ist es, eines Tages einen WM-Titel nach Namibia zu holen und nicht weiter Taxi fahren zu müssen. Er will nur noch die Fäuste sprechen lassen: „Sie sind ein Geschenk Gottes."
Florian Gontek und
Robby Echelmeyer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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