Der weiße Buschmann

Vom Wilderer zum Wildhüter
Claudia Reiter
1. Folge

Einleitung

Heute bin ich ein alter Mann. Viele Unglücksfälle, Operationen und Krankheiten haben meinen Körper vorzeitig geschwächt. Ich habe allerdings noch viele Abenteuer und Geschehnisse im Gedächtnis. Mein ganzes Leben lang hatte ich nie viel Geld gehabt, jedoch habe ich ein reiches Leben leben dürfen. Niemand kann mir meine Vergangenheit nehmen und dafür danke ich meinem Schöpfer. Nur ihm verdanke ich es, dass ich heute noch lebe.

Ich werde viel über mich selbst schreiben müssen, etwas, was ich ungern tue. Ich möchte nicht nur über das Schöne schreiben, nein, sondern auch über das Verkehrte. Schonungslos will ich die Wahrheit über mich selbst offenbaren. Mein ganzes Leben habe ich das Schreiben gehasst, wohl zurückzuführen auf eine unglückliche Schulzeit. Auf Drängen meiner Kinder und vieler Freunde greife ich dennoch zur Feder, wohl auch aus erzwungener Langeweile, die das Alter manchmal mit sich bringt.

Frau Trudi Stals möchte ich an dieser Stelle ganz besonders herzlich danken. Sie hat in mühevoller Arbeit und selbstlos mein handschriftliches Manuskript auf einen Computer übertragen, was sicherlich nicht immer ganz einfach für sie war.

Ein weiteres Wort des Dankes geht an den Enkel von Herrn Rudolf Böhme, Herrn Henning Barth, dass er die Kopie eines Berichtes aus dem Jahre 1943 zur Verfügung gestellt hat, in dem Herr Böhme die Begleitumstände schildert, wie es zu dem Verlust seines linken Armes kam.

Vorwort

Im Jahre 1955 ging der damals landesweit bekannte Verwalter der Farm Onguma, Peter Stark, nach Deutschland, um unter anderem ein staatliches Reitlehrer-examen zu absolvieren. Ich übernahm an seiner statt den Verwalterposten. Vier Wochen waren wir vor seiner Abreise noch zusammen. Ich war erst zwei Jahre zuvor aus Deutschland eingewandert, also recht unerfahren. Peter weihte

mich gründlich ins Handwerk ein. Wir gingen zusammen auf Jagd, um den Farmhaushalt und die Arbeiterschaft mit Fleisch zu versorgen, wir ritten auf schnellen Pferden hinaus, um junge Zebras und Elandantilopen zu fangen, direkt vom Sattel aus mit dem Rohlederriemen über dem Hals. Zu Fuß gingen wir auf den Fährten des Raubwildes, wenn Rinder gerissen worden waren. Peter war ein Meister im Spurenlesen und ein Meister darin, den rechten Weg zu finden. Er war geradezu genial, wenn es darauf ankam, kalte Winternächte weit draußen im Jagdfeld zu überstehen. Die Maultiere der Jagdkarre standen, gut mit Gras versorgt, in einem schnell errichteten Dornverhau. Während unser Essen im Dreifußtopf brodelte, grub Peter einen flachen Graben, gerade lang und breit genug, dass er darin hätte liegen können. Er entfachte darin drei einzelne Feuer, ließ sie zur Glut herunter brennen und schaufelte dann den Graben wieder zu. Ich folgte natürlich seinem Beispiel. Bevor Peter aber den Graben wieder zuschaufelte, stellte er den Topf in die Glut und hob ein wenig davon auf den Deckel. Nicht nur haben wir herrlich warm geschlafen, sondern sehr selten habe ich solch zartes Fleisch zum Frühstück gegessen. Er hat am Abend ein wenig Brotteig in einer Kaffeebüchse angesetzt und am Morgen in einem Erdloch im schnellentzündeten Feuer gebacken. Heißes, frisches Brot zum Frühstück weit draußen im Veld: Das war ein Jägerleben.

Ich hatte einmal den Trittsiegel eines Löwen in Gips ausgegossen und sorgfältig ausgesägt. Als Peter diesen Briefbeschwerer sah, grinste er nur, um kurz darauf mit einer verzinkten Gießkanne zurückzukehren. „Komm mit“ sagte er nur. Im hellen Mondlicht gingen wir eine kurze Strecke weit und dann begann Peter, breitbeinig und tief gebückt, eine Löwenfährte zu ziehen, immer zwei Abdrücke links hintereinander, dann zwei rechts. Unsere Fußabdrücke wischte ich mit

einem Grasbüschel weg. Die Fährte endete im Tränkkral, nur einen Steinwurf weit vom Hause entfernt und dann zogen wir weit hinaus gen Westen. Im Wandern setzte Peter die Tülle der Gießkanne wieder und wieder an den Mund und täuschend ähnlich erklang, auf- und abschwellend, das Gebrüll eines Löwen.

Die Imitation war wahrlich meisterhaft. Der Buschmann Willy hat dann am nächsten Morgen das Spiel sofort durchschaut. Das Farmerehepaar Böhme aber, das ja in der Nacht den „Löwen“ gehört hatte, fiel gut auf den Scherz herein. Peter wurde sogleich beauftragt, den Löwen zu suchen und wenn möglich, zu erlegen. Ich musste lernen und wurde also mitgeschickt. In Begleitung zweier Jagdgehilfen zogen wir hinaus. In sicherer Entfernung vom Hause erlegte Peter einen jungen Kudubullen. Die Leber wurde in der Asche eines schnell entzündeten Feuers gebraten, ein paar Markknochen dazu geröstet. Erst am Abend kehrten wir dann müde von einer erfolglosen „Löwenjagd“ heim.

Es gibt wohl kaum eine Autobiographie, in der der Autor so schonungslos und offen sein Leben, sein Handeln beschreibt, selbst wenn sein Tun und Lassen nicht immer im Rahmen aller Gesetze und Vorschriften lag.

Peter, alter Jagdgefährte, um Deine Offenheit bewundere ich Dich!

Helmut zur Strassen

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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