Briefe 1893 - 1904 (53. Brief (Teil 2/2)
Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari
Wenn du willst, lieber Vater, daß ich eine Farm kaufe, dann müsste ich eine oben bei Outjo-Grootfontein kaufen und nur einen Mann draufsetzen, solange ich noch handle, um später nach Jahren dorthin zu ziehen. Hier im Hereroland macht die Regierung zu viele Schwierigkeiten, weil sie will, daß die Ansiedler Regierungsland kaufen sollen. Jedenfalls werde ich, sobald ich Gelegenheit habe, den Versuch machen. Vorläufig habe ich noch keine Eile, da die Verhältnisse sich ändern können und ich lieber auf einen anderen Platz eventuell ziehen würde. Die 2 Pakete von dir liegen auf Okahandja und ich habe Geld zum Verzollen hingeschickt. Dann erhalte ich sie. Ich danke dir vielmals, ich freue mich schon auf die nützlichen Bücher.
Jetzt, als ich mit Fracht von Karibib kam, hatte ich starken Regen unterwegs, mußte 2x die halbe Fracht abladen und nachher nachholen, da der Wagen bis an die Achsen in Schlamm einfiel. Ich habe 4 Springböcke geschossen, 4 Steinböcke und 2 große Trappen. Ich habe jetzt Unglück mit meinem Kleinvieh, das ich auf dem Weg gehandelt habe (36 Stück). 4 Stück sind mir an einer, der Rinderpest ähnlichen Krankheit, eingegangen. Vielleicht kommen noch mehr. Die Rinderpest unter dem Rindvieh ist augenblicklich zu Ende, doch kommt sie sicher über kurz oder lang wieder.
Ich werde, wenn ich mal Gelegenheit habe, den Missionar besuchen [Eich]. Er soll ein guter Mann sein. Ich werde nächstes Mal Fotographien schicken. Ich habe schon 8 Stück Aufnahmen von allem möglichen afrikanischen Wild, das wird Paul besonders interessieren. Ich suche Bilder von hier oben, habe aber noch keine bisher gekriegt.
Daß jetzt im Lande und besonders bei der Bahn so viele Arbeitskräfte vorhanden sind und infolgedessen die Löhne so niedrig sind, ist nur die Folge des südafrikanischen Krieges. In Swakopmund soll die Arbeitslosigkeit groß sein. Auch oben im Land trifft man viele Stellensuchende. Mich soll es nur wundern, wie es werden wird, wenn die Bahn fertig ist. Hoffentlich wird sie wieder weggespült.
Die Politik unserer Regierung den Herren Eingeborenen gegenüber ist noch immer dieselbe. Die Truppe hat ja noch vor den Hereros Angst, von den Wambos gar nicht zu reden. Neulich hat ein Polizist in seiner Eigenschaft als Vollstreckungsbeamter bei einem Kaffern (Kapitain) Pfändung vornehmen sollen. Der Herero hält ihm das Gewehr vor die Schnauze, mein Polizist verduftet sich. Nun soll mich mal wundern, was danach kommen wird. Mein Polizist wird einen Rüffel bekommen, meinem Kaffern wird allerdings so viel Vieh weggenommen werden, als die Schuld ausmacht, aber weiter wird ihm nichts geschehen! Wenn es ein Deutscher gewesen wäre, hätte er wegen bewaffneten Widerstandes gegen einen Beamten Gefängnis bekommen.
Ein gewisser Schneidewirt (Schneidewindt?) ist vor ziemlich langer Zeit von den Owambos ausgeplündert worden. Vor einigen Monaten ist Hauptmann Kliffoht (Kliefoth) von Outjo mit 30 Reitern und 2 Geschützen nach der betreffenden Owambo-Werft geritten, um Schadensersatz einzutreiben. Die Owambos haben Schwierigkeiten gemacht und als mein Hauptmann abends hört, daß bewaffnete Owambos um ihn lagern, tritt er bei Nacht und Nebel den Rückzug an, ohne einen Schwanz mitzubringen, kommt auch bei Nacht und Nebel wieder in Outjo an. Jetzt ist er nach Windhoek berufen und Leutnant Franke an seine Stelle gesetzt; letzterer ist ein sehr tapferer Offizier.
Welch eine Bestechung und Gunst-Wirtschaft bei der Bahn ist, kann ich dir in folgendem Bilde zeigen: Ein gewisser von Dewitz war als Postenhalter von Major Pufahl (Hauptmann Pophal) angestellt (über Kühe und Kleinvieh). Von Dewitz kaufte damals auch das Vieh für die Bahn auf. Nun soll der betreffende kolossal viel Vieh auf die Seite gebracht haben. Er hat mit Hilfe der Bahnkaffern seine Privatarbeiten machen lassen, hat für andere Leute mit Bahnkaffern Bahnachsen und Fuhrwerk Frachten gefahren (er hatte nebenbei seine eigene Privat-Farm) Die Sache war die, der Major Pufahl war sein Freund und drückte ein Auge oder vielmehr alle beiden zu. Jetzt vor Weihnachten ging von Dewitz auf Urlaub nach Deutschland.
Und ferner die Beamten bei der Bahn. Das ist himmelschreiend! Schneider und Schuster spielen Zugführer und Bahnmeister und die Leute, die etwas verstehen, werden weggejagt. Die Hauptsache ist die, daß einer gut schmusen und strammstehen kann.
Was ein großer Übelstand ist beim Viehverkauf für uns Händler, das ist, daß keine Viehwaage da ist. So wird das Vieh immer zu niedrig abtaxiert. Könntest du nicht mal in der Zeitung darauf hinweisen? Daß es doch Notsache wäre, bei so viel Vieh, wie hier die Regierung und die Bahn nötig hat, eine Viehwaage anzuschaffen.
Leinhos ist gestern ins Handelsfeld gefahren, es regnet noch immer, aber es hat nur wenig Kost [Lebensmittel] auf dem Wagen, da Reis und Mehl jetzt nicht viel gekauft wird, weil jetzt die Kühe wegen des grünen Grases genug Milch geben. Die Zeit, wo Kost gekauft wird, kommt erst in den Monaten Juni, Juli und später, wenn die Kühe nicht so viel Milch geben. Jetzt werden mehr Kleider, Schuhe, Decken im Handelsfeld von den Hereros gekauft. Es wird oben am Omuramba viel Schlamm sein, in dem der Wagen einsinkt. Deshalb ist es jetzt gut, wenn derselbe nicht so schwer beladen ist. Ein Ochse kann nicht ziehen, wenn er im Schlamm steckt, das ist unmöglich.
Mein Weg geht von Karibib nach Ovihakondo, Ombuxamasse, Omatako, Otjiteitei, Hamakari.
Nun will ich schließen. Wie habe ich mich gefreut, daß Muttichen so wohl und munter ist. Ich danke ihr herzlich für die Worte, die sie an mich schrieb. Auch die Geschwister sind ja gottlob wohl und es geht allen gut. Beste Grüße an alle
In herzlicher Liebe
Dein Sohn Hans
Jetzt, als ich mit Fracht von Karibib kam, hatte ich starken Regen unterwegs, mußte 2x die halbe Fracht abladen und nachher nachholen, da der Wagen bis an die Achsen in Schlamm einfiel. Ich habe 4 Springböcke geschossen, 4 Steinböcke und 2 große Trappen. Ich habe jetzt Unglück mit meinem Kleinvieh, das ich auf dem Weg gehandelt habe (36 Stück). 4 Stück sind mir an einer, der Rinderpest ähnlichen Krankheit, eingegangen. Vielleicht kommen noch mehr. Die Rinderpest unter dem Rindvieh ist augenblicklich zu Ende, doch kommt sie sicher über kurz oder lang wieder.
Ich werde, wenn ich mal Gelegenheit habe, den Missionar besuchen [Eich]. Er soll ein guter Mann sein. Ich werde nächstes Mal Fotographien schicken. Ich habe schon 8 Stück Aufnahmen von allem möglichen afrikanischen Wild, das wird Paul besonders interessieren. Ich suche Bilder von hier oben, habe aber noch keine bisher gekriegt.
Daß jetzt im Lande und besonders bei der Bahn so viele Arbeitskräfte vorhanden sind und infolgedessen die Löhne so niedrig sind, ist nur die Folge des südafrikanischen Krieges. In Swakopmund soll die Arbeitslosigkeit groß sein. Auch oben im Land trifft man viele Stellensuchende. Mich soll es nur wundern, wie es werden wird, wenn die Bahn fertig ist. Hoffentlich wird sie wieder weggespült.
Die Politik unserer Regierung den Herren Eingeborenen gegenüber ist noch immer dieselbe. Die Truppe hat ja noch vor den Hereros Angst, von den Wambos gar nicht zu reden. Neulich hat ein Polizist in seiner Eigenschaft als Vollstreckungsbeamter bei einem Kaffern (Kapitain) Pfändung vornehmen sollen. Der Herero hält ihm das Gewehr vor die Schnauze, mein Polizist verduftet sich. Nun soll mich mal wundern, was danach kommen wird. Mein Polizist wird einen Rüffel bekommen, meinem Kaffern wird allerdings so viel Vieh weggenommen werden, als die Schuld ausmacht, aber weiter wird ihm nichts geschehen! Wenn es ein Deutscher gewesen wäre, hätte er wegen bewaffneten Widerstandes gegen einen Beamten Gefängnis bekommen.
Ein gewisser Schneidewirt (Schneidewindt?) ist vor ziemlich langer Zeit von den Owambos ausgeplündert worden. Vor einigen Monaten ist Hauptmann Kliffoht (Kliefoth) von Outjo mit 30 Reitern und 2 Geschützen nach der betreffenden Owambo-Werft geritten, um Schadensersatz einzutreiben. Die Owambos haben Schwierigkeiten gemacht und als mein Hauptmann abends hört, daß bewaffnete Owambos um ihn lagern, tritt er bei Nacht und Nebel den Rückzug an, ohne einen Schwanz mitzubringen, kommt auch bei Nacht und Nebel wieder in Outjo an. Jetzt ist er nach Windhoek berufen und Leutnant Franke an seine Stelle gesetzt; letzterer ist ein sehr tapferer Offizier.
Welch eine Bestechung und Gunst-Wirtschaft bei der Bahn ist, kann ich dir in folgendem Bilde zeigen: Ein gewisser von Dewitz war als Postenhalter von Major Pufahl (Hauptmann Pophal) angestellt (über Kühe und Kleinvieh). Von Dewitz kaufte damals auch das Vieh für die Bahn auf. Nun soll der betreffende kolossal viel Vieh auf die Seite gebracht haben. Er hat mit Hilfe der Bahnkaffern seine Privatarbeiten machen lassen, hat für andere Leute mit Bahnkaffern Bahnachsen und Fuhrwerk Frachten gefahren (er hatte nebenbei seine eigene Privat-Farm) Die Sache war die, der Major Pufahl war sein Freund und drückte ein Auge oder vielmehr alle beiden zu. Jetzt vor Weihnachten ging von Dewitz auf Urlaub nach Deutschland.
Und ferner die Beamten bei der Bahn. Das ist himmelschreiend! Schneider und Schuster spielen Zugführer und Bahnmeister und die Leute, die etwas verstehen, werden weggejagt. Die Hauptsache ist die, daß einer gut schmusen und strammstehen kann.
Was ein großer Übelstand ist beim Viehverkauf für uns Händler, das ist, daß keine Viehwaage da ist. So wird das Vieh immer zu niedrig abtaxiert. Könntest du nicht mal in der Zeitung darauf hinweisen? Daß es doch Notsache wäre, bei so viel Vieh, wie hier die Regierung und die Bahn nötig hat, eine Viehwaage anzuschaffen.
Leinhos ist gestern ins Handelsfeld gefahren, es regnet noch immer, aber es hat nur wenig Kost [Lebensmittel] auf dem Wagen, da Reis und Mehl jetzt nicht viel gekauft wird, weil jetzt die Kühe wegen des grünen Grases genug Milch geben. Die Zeit, wo Kost gekauft wird, kommt erst in den Monaten Juni, Juli und später, wenn die Kühe nicht so viel Milch geben. Jetzt werden mehr Kleider, Schuhe, Decken im Handelsfeld von den Hereros gekauft. Es wird oben am Omuramba viel Schlamm sein, in dem der Wagen einsinkt. Deshalb ist es jetzt gut, wenn derselbe nicht so schwer beladen ist. Ein Ochse kann nicht ziehen, wenn er im Schlamm steckt, das ist unmöglich.
Mein Weg geht von Karibib nach Ovihakondo, Ombuxamasse, Omatako, Otjiteitei, Hamakari.
Nun will ich schließen. Wie habe ich mich gefreut, daß Muttichen so wohl und munter ist. Ich danke ihr herzlich für die Worte, die sie an mich schrieb. Auch die Geschwister sind ja gottlob wohl und es geht allen gut. Beste Grüße an alle
In herzlicher Liebe
Dein Sohn Hans
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Allgemeine Zeitung
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