Briefe 1893 - 1904
Von Hans Warncke alias „Hans Waffenschmied“ aus Windhoek und Hamakari (XLVIII Brief, Teil 2/2)
Ob Leutwein wirklich fortkommt? Es wird gemunkelt. Nun, der Herr kann stolz sein, wenn er fortgeht. Er hinterläßt seinem Nachfolger eine durch seine Schuld (in erster Linie) verarmte Kolonie.
Soeben lese ich einen Artikel im Windhoeker Anzeiger von Pastor Anz: „Windhoek wird betitelt als Deutschverderber in Südwestafrika”. Das ist nun soweit ganz gut und nett, aber der Mann schilt nur die Ansiedler, daß sie mit den Eingeborenen kein Deutsch sprechen. Aber nach meiner Ansicht wäre es vor allen Dingen Sache der Regierung und der Missionare, dafür zu sorgen, daß die Eingeborenen Deutsch lernen, und daß man es nicht nötig hat, dies wie hier üblich, mit allen möglichen Ausdrücken gespickte Plattholländisch mit den Eingeborenen zu reden. Die Missionare befolgen hier nach meiner Ansicht eine Politik, die mit der deutschen Regierung gar nicht harmonisiert. Überhaupt zeichnen sich die christlichen Kaffern gegenüber ihren heidnischen Brüdern durch folgende schöne Eigenschaften aus: Frechheit, den Weißen gegenüber, größere Verlogenheit und vor allen Dingen Diebichkeit in hohem Grade, Versoffenheit, wenn sie Schnaps bekommen können, Faulheit usw. Ich weiß nicht, woher dies kommt. Das ist die Schuld der Missionare jedenfalls, der Regierung desgleichen, weil ein etwas unterrichteter Kaffer bald die Fehler in der hiesigen Verwaltung sieht, weil er ferner sieht, daß ihm, wenn er etwas ausfrisst, nicht die Strafe von der Regierung zuerteilt wird, die er eigentlich kriegen müsste. Infolgedessen verändern sich seine Charaktereigenschaften bald zum Schlechten. Wir Ansiedler müssen darunter leiden.
Liest du den Windhoeker Anzeiger? Ein Blatt, in dem nur mit der Regierung geschmust wird und in dem vielfach großer Blödsinn steht. Glaube es bloß nicht, wenn da jemand seine Meinung entwickelt! Diese sogenannte Meinung ist genau der Tendenz der Regierung angepaßt. Der Redakteur, sowie alle Mitwirkenden sind schon mehr Chamäleon als Mensch, nämlich wenn es gilt, eine Meinung zu haben.
Was das Gerichtswesen betrifft hier, so ist es unter aller Würde. Es war ein Assessor hier: Köhler. Das war ein Mann, der auftrat als ein unparteiischer Richter. Er war den Offizieren und Beamten schon lange ein Dorn im Auge, da er nicht auf diese Herrn Rücksicht nahm. Endlich verurteilte er in einer Sache, die ein Offizier mit einem Ansiedler hatte, den ersteren zu den Kosten. Das brach ihm den Hals. Er mußte schwimmen [weg?]. Höre aber nun mal die Geschichte dieses Assessors von höherer Seite. Die Herren werden ihm schon genug ans Zeug haben flicken können. Jeder, der die Verhältnisse hier nicht kennt, muß natürlich eine ganz andere Meinung von diesem Offizier bekommen, wenn er die Sache in Deutschland hört. Vor allen Dingen ist hier eins: Hier darf kein Beamter, kein Offizier, keine Gerichtsperson bleiben, die es riskiert, eine andere Meinung zu haben als die Regierung. Solche Leute, die nicht zu allem „ja” sagen, kann dieselbe nicht brauchen.
Was unser Haus betrifft, so ist es jetzt mit Blech gedeckt und das ist jetzt gerade sehr nötig. Denn es scheint, daß wir eine gute Regenzeit bekommen sollen. Es hat seit Anfang Dezember sehr stark geregnet. Rundum sind viele kleine Seen. Das halb hohe grüne Gras steht dicht ans Haus. Die Gegend hier ist durchaus Flachland, keine Hügel, Sandfeld, Busch an Busch, Baum an Baum. Unser Haus liegt an einem kleinen Flüßchen, das natürlich meist trocken ist, in dem aber doch das Wasser nie alle wird. In 3 Stunden Entfernung sieht man den Waterberg, ein langgestreckter, langer, niedriger, gleichmäßig hoher Berg. Jetzt mit dem Regen kommen die Enten von oben. Ich habe viele geschossen von allen Sorten. Die Perlhühner beginnen auch schon zu legen. Neulich hatte ich 3 kleine Strauße, doch waren sie zu klein und sind umgekommen.
Mein Kompagnon ist nach oben gefahren ins Handelsfeld, Omuramba hinauf, östlich von Grootfontein. Er wird in etwa 14 Tagen wiederkommen. Dann gehe ich wieder nach Karibib, mit einem großen Transport Vieh hinunter. Was meinst du zu den Zuständen in Südafrika? Ich sage, man darf den Engländern nichts glauben. Die Sache wird schlechter stehen, als sie es sich merken lassen. Das standrechtliche Verfahren wird ihnen nichts nützen. Wenn die Buren nur auch jetzt so machen wollten. Jedenfalls ist das holländische Element in Südafrika zu stark. Die Engländer werden es nie ausrotten können!
Hoffentlich erhalte ich bald einen Brief von euch. Grüße Mutti, Else, Gretchen, Paul und Friedel, Dr. Förster auch und danke ihm vielmals für die Hilfe, die er mir indirekt angedeihen läßt.
Vor allem dir, lieber Vater, noch einmal Dank für deine Hilfe. Ich werde mein Versprechen, betreffend Solidität, halten. Bester Beweis ist, daß ich hier (Weihnachten) ohne irgendetwas Trinkbares verlebe.
Fröhliches neues Jahr!
In aller Liebe
Dein Sohn Hans
Soeben lese ich einen Artikel im Windhoeker Anzeiger von Pastor Anz: „Windhoek wird betitelt als Deutschverderber in Südwestafrika”. Das ist nun soweit ganz gut und nett, aber der Mann schilt nur die Ansiedler, daß sie mit den Eingeborenen kein Deutsch sprechen. Aber nach meiner Ansicht wäre es vor allen Dingen Sache der Regierung und der Missionare, dafür zu sorgen, daß die Eingeborenen Deutsch lernen, und daß man es nicht nötig hat, dies wie hier üblich, mit allen möglichen Ausdrücken gespickte Plattholländisch mit den Eingeborenen zu reden. Die Missionare befolgen hier nach meiner Ansicht eine Politik, die mit der deutschen Regierung gar nicht harmonisiert. Überhaupt zeichnen sich die christlichen Kaffern gegenüber ihren heidnischen Brüdern durch folgende schöne Eigenschaften aus: Frechheit, den Weißen gegenüber, größere Verlogenheit und vor allen Dingen Diebichkeit in hohem Grade, Versoffenheit, wenn sie Schnaps bekommen können, Faulheit usw. Ich weiß nicht, woher dies kommt. Das ist die Schuld der Missionare jedenfalls, der Regierung desgleichen, weil ein etwas unterrichteter Kaffer bald die Fehler in der hiesigen Verwaltung sieht, weil er ferner sieht, daß ihm, wenn er etwas ausfrisst, nicht die Strafe von der Regierung zuerteilt wird, die er eigentlich kriegen müsste. Infolgedessen verändern sich seine Charaktereigenschaften bald zum Schlechten. Wir Ansiedler müssen darunter leiden.
Liest du den Windhoeker Anzeiger? Ein Blatt, in dem nur mit der Regierung geschmust wird und in dem vielfach großer Blödsinn steht. Glaube es bloß nicht, wenn da jemand seine Meinung entwickelt! Diese sogenannte Meinung ist genau der Tendenz der Regierung angepaßt. Der Redakteur, sowie alle Mitwirkenden sind schon mehr Chamäleon als Mensch, nämlich wenn es gilt, eine Meinung zu haben.
Was das Gerichtswesen betrifft hier, so ist es unter aller Würde. Es war ein Assessor hier: Köhler. Das war ein Mann, der auftrat als ein unparteiischer Richter. Er war den Offizieren und Beamten schon lange ein Dorn im Auge, da er nicht auf diese Herrn Rücksicht nahm. Endlich verurteilte er in einer Sache, die ein Offizier mit einem Ansiedler hatte, den ersteren zu den Kosten. Das brach ihm den Hals. Er mußte schwimmen [weg?]. Höre aber nun mal die Geschichte dieses Assessors von höherer Seite. Die Herren werden ihm schon genug ans Zeug haben flicken können. Jeder, der die Verhältnisse hier nicht kennt, muß natürlich eine ganz andere Meinung von diesem Offizier bekommen, wenn er die Sache in Deutschland hört. Vor allen Dingen ist hier eins: Hier darf kein Beamter, kein Offizier, keine Gerichtsperson bleiben, die es riskiert, eine andere Meinung zu haben als die Regierung. Solche Leute, die nicht zu allem „ja” sagen, kann dieselbe nicht brauchen.
Was unser Haus betrifft, so ist es jetzt mit Blech gedeckt und das ist jetzt gerade sehr nötig. Denn es scheint, daß wir eine gute Regenzeit bekommen sollen. Es hat seit Anfang Dezember sehr stark geregnet. Rundum sind viele kleine Seen. Das halb hohe grüne Gras steht dicht ans Haus. Die Gegend hier ist durchaus Flachland, keine Hügel, Sandfeld, Busch an Busch, Baum an Baum. Unser Haus liegt an einem kleinen Flüßchen, das natürlich meist trocken ist, in dem aber doch das Wasser nie alle wird. In 3 Stunden Entfernung sieht man den Waterberg, ein langgestreckter, langer, niedriger, gleichmäßig hoher Berg. Jetzt mit dem Regen kommen die Enten von oben. Ich habe viele geschossen von allen Sorten. Die Perlhühner beginnen auch schon zu legen. Neulich hatte ich 3 kleine Strauße, doch waren sie zu klein und sind umgekommen.
Mein Kompagnon ist nach oben gefahren ins Handelsfeld, Omuramba hinauf, östlich von Grootfontein. Er wird in etwa 14 Tagen wiederkommen. Dann gehe ich wieder nach Karibib, mit einem großen Transport Vieh hinunter. Was meinst du zu den Zuständen in Südafrika? Ich sage, man darf den Engländern nichts glauben. Die Sache wird schlechter stehen, als sie es sich merken lassen. Das standrechtliche Verfahren wird ihnen nichts nützen. Wenn die Buren nur auch jetzt so machen wollten. Jedenfalls ist das holländische Element in Südafrika zu stark. Die Engländer werden es nie ausrotten können!
Hoffentlich erhalte ich bald einen Brief von euch. Grüße Mutti, Else, Gretchen, Paul und Friedel, Dr. Förster auch und danke ihm vielmals für die Hilfe, die er mir indirekt angedeihen läßt.
Vor allem dir, lieber Vater, noch einmal Dank für deine Hilfe. Ich werde mein Versprechen, betreffend Solidität, halten. Bester Beweis ist, daß ich hier (Weihnachten) ohne irgendetwas Trinkbares verlebe.
Fröhliches neues Jahr!
In aller Liebe
Dein Sohn Hans
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Allgemeine Zeitung
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