Angola: Nach lauter Kondom-Debatte bleibt Papst still
Je weiter man von der angolanischen Küste ins Landesinnere fährt, desto hässlicher werden die Narben des Krieges, der hier einst tobte. Die Straße von der Hafenstadt Benguela ins Hochland war einmal eine Hauptverkehrsader. In der Landkarte ist sie deshalb noch immer als dicker roter Strich verzeichnet. Dennoch war jahrelang von einer Teerdecke nichts zu sehen. Vielleicht wird der rote Strich jedoch bald wieder seine Rechtfertigung haben. Rund 50 km hinter Benguela ist die Straße jedenfalls gerade aufwendig repariert worden. Die Arbeiten sind Teil eines gewaltigen Bauprogramms, das Angolas komplett zerfallenes Straßennetz auf Vordermann bringen soll.
Papst Benedikt bekam davon wenig zu sehen, allenfalls die ersten Umrisse der neuen Satellitenstadt, die 20 Kilometer südlich der Hauptstadt Luanda auf einer Fläche von 800 qm entsteht - Vorbote einer Reißbrettstadt für über eine Million Menschen. Auf der zweiten und letzten Etappe seiner Afrikareise war er am vergangenen Wochenende in Angola. Allerdings beschränkte sich die Visite dort ganz auf Luanda und seine inzwischen fast vier Millionen Einwohner.
Einige Hunderttausend davon haben sich an diesem schwülen Tag in Cimangola eingefunden, um auf einem riesigen Feld mit dem Papst die Heilige Messe zu zelebrieren - das letzte Großereignis auf seiner siebentägigen Afrikareise. Viele der Frauen sind in rosafarbene Sarongs gehüllt. Andere tragen einfach nur Baseballkappe und ein T-Shirt mit dem Konterfei des Papstes: Gütig lächelt Benedikt vom Stoff.
Die Messe am Sonntag beschließt den dritten und letzten Tag in Angola. Auch dort trifft der Papst, genau wie zuvor in Kamerun, auf eine sehr junge und sehr katholische Bevölkerung. Hier war es auch, wo vor gut 500 Jahren die Evangelisierung des südlichen Afrika begann. Mit großem Erfolg: Heute sind rund 55% der Angolaner katholisch. Über die Hälfte der rund 13 Millionen Einwohner sind jünger als 18 Jahre.
Wie bereits am Vortag leidet der 81-Jährige auch am Sonntag sichtbar unter der enormen Hitze. Und wie bereits am Vortag geht der Papst auch in dieser, seiner letzten Predigt noch einmal auf die jüngste Geschichte Angolas ein, insbesondere auf die fast 27 Jahre des Bürgerkriegs nach der Unabhängigkeit von Portugal im Jahre 1975.
Genauso lange gibt es in dem Land ein System, das fast nur der dünnen Elite zugute kommt: Die seit über 30 Jahren allein regierende MPLA war zur Unabhängigkeit eine stalinistische Partei, und selbst die erzwungene Hinwendung zum Mehrparteiensystem im Jahre 1991 hat an ihrer grundsätzlichen Einstellung wenig geändert. Kritik ist nicht willkommen. Wer sich trotzdem traut, muss mit Konsequenzen rechnen.
Lange Geschichte der Misswirtschaft
Die Misswirtschaft hat in Angola eine lange Geschichte: Schon in den Neunzigerjahren hatten seine Machthaber ausländische Kredite fast ausschließlich gegen das Verpfänden künftiger Öllieferungen erhalten. Zwischen 1995 und 2004 nahm der Staat auf diese Weise mehr als 8 Mrd. US-Dollar auf. Gleichzeitig gab genau diese Praxis dem korrupten Regime viel Spielraum zur Selbstbereicherung, da die Gelder leicht an der Staatskasse vorbeigeschleust werden konnten. Nach Angaben einer Studie der Organisation Human Rights Watch sind dabei allein zwischen 1997 und 2002 mehr als vier Milliarden Dollar aus den staatlichen Öleinnahmen spurlos verschwunden. Der unauffindbare Betrag entspricht den gesamten Sozialausgaben des Landes in diesem Zeitraum, einschließlich der hohen Summen, die westliche Geberländer und private Spender ins Land gepumpt haben. Ganz konkret heißt dies: Angola hätte sein gesamtes Sozialprogramm also problemlos selbst finanzieren können, wenn das Ölgeld nicht in private Taschen geflossen wäre.
Inzwischen zählt Angola dank seiner großen Ölvorkommen zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Im letzten Jahr ist es sogar noch vor Nigeria zum größten Ölproduzenten in Schwarzafrika aufgestiegen. Schon in wenigen Jahren soll sich die Förderung von 950000 Barrel pro Tag auf 2 Millionen mehr als verdoppeln.
Kein Wunder, dass das Wachstum im letzten Jahr, getragen von einem beispiellosen Rohstoffboom, bei 20 Prozent lag. Mit der globalen Wirtschaftskrise geht es nun ebenso schnell wieder bergab. Sowohl die Öl- als auch die Diamantenverkäufe sind kollabiert, im Haushalt klaffen erste Löcher
Den allermeisten Menschen in Luanda ist das jedoch egal: Sie haben von dem Aufschwung ohnehin nichts gespürt. Mehr als zwei Drittel der Angolaner müssen mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen. Während in Luanda 40000 Menschen in Saus und Braus leben, hausen die übrigen in Shantytowns wie Boa Vista auf einem riesigen Müllberg mit Meeresblick.
Jahrelang sind es vor allem die Geistlichen gewesen, die den Menschen in ihrer Notlage beigestanden und mit ihnen gegen die Ausbeutung gekämpft, die Schulen und Krankenhäuser gebaut haben, weil sich das Regime lange Zeit nicht um das Volk scherte. Umso mehr wäre dem Katholizismus nun geholfen, wenn Benedikt sich auch offen für die Armen einsetzen und die Missstände anprangern würde Doch der Papst gibt sich bedeckt: Zwar verurteilt er auch in der letzten Messe die Korruption als eine der Geißeln des Kontinents, doch er macht dies indirekt und mächtig verklausuliert. Wie schon zuvor in Kamerun bleiben die verantwortlichen Machthaber, die vor der Bühne in der ersten Reihe sitzen, wieder einmal ungenannt.
Papst Benedikt bekam davon wenig zu sehen, allenfalls die ersten Umrisse der neuen Satellitenstadt, die 20 Kilometer südlich der Hauptstadt Luanda auf einer Fläche von 800 qm entsteht - Vorbote einer Reißbrettstadt für über eine Million Menschen. Auf der zweiten und letzten Etappe seiner Afrikareise war er am vergangenen Wochenende in Angola. Allerdings beschränkte sich die Visite dort ganz auf Luanda und seine inzwischen fast vier Millionen Einwohner.
Einige Hunderttausend davon haben sich an diesem schwülen Tag in Cimangola eingefunden, um auf einem riesigen Feld mit dem Papst die Heilige Messe zu zelebrieren - das letzte Großereignis auf seiner siebentägigen Afrikareise. Viele der Frauen sind in rosafarbene Sarongs gehüllt. Andere tragen einfach nur Baseballkappe und ein T-Shirt mit dem Konterfei des Papstes: Gütig lächelt Benedikt vom Stoff.
Die Messe am Sonntag beschließt den dritten und letzten Tag in Angola. Auch dort trifft der Papst, genau wie zuvor in Kamerun, auf eine sehr junge und sehr katholische Bevölkerung. Hier war es auch, wo vor gut 500 Jahren die Evangelisierung des südlichen Afrika begann. Mit großem Erfolg: Heute sind rund 55% der Angolaner katholisch. Über die Hälfte der rund 13 Millionen Einwohner sind jünger als 18 Jahre.
Wie bereits am Vortag leidet der 81-Jährige auch am Sonntag sichtbar unter der enormen Hitze. Und wie bereits am Vortag geht der Papst auch in dieser, seiner letzten Predigt noch einmal auf die jüngste Geschichte Angolas ein, insbesondere auf die fast 27 Jahre des Bürgerkriegs nach der Unabhängigkeit von Portugal im Jahre 1975.
Genauso lange gibt es in dem Land ein System, das fast nur der dünnen Elite zugute kommt: Die seit über 30 Jahren allein regierende MPLA war zur Unabhängigkeit eine stalinistische Partei, und selbst die erzwungene Hinwendung zum Mehrparteiensystem im Jahre 1991 hat an ihrer grundsätzlichen Einstellung wenig geändert. Kritik ist nicht willkommen. Wer sich trotzdem traut, muss mit Konsequenzen rechnen.
Lange Geschichte der Misswirtschaft
Die Misswirtschaft hat in Angola eine lange Geschichte: Schon in den Neunzigerjahren hatten seine Machthaber ausländische Kredite fast ausschließlich gegen das Verpfänden künftiger Öllieferungen erhalten. Zwischen 1995 und 2004 nahm der Staat auf diese Weise mehr als 8 Mrd. US-Dollar auf. Gleichzeitig gab genau diese Praxis dem korrupten Regime viel Spielraum zur Selbstbereicherung, da die Gelder leicht an der Staatskasse vorbeigeschleust werden konnten. Nach Angaben einer Studie der Organisation Human Rights Watch sind dabei allein zwischen 1997 und 2002 mehr als vier Milliarden Dollar aus den staatlichen Öleinnahmen spurlos verschwunden. Der unauffindbare Betrag entspricht den gesamten Sozialausgaben des Landes in diesem Zeitraum, einschließlich der hohen Summen, die westliche Geberländer und private Spender ins Land gepumpt haben. Ganz konkret heißt dies: Angola hätte sein gesamtes Sozialprogramm also problemlos selbst finanzieren können, wenn das Ölgeld nicht in private Taschen geflossen wäre.
Inzwischen zählt Angola dank seiner großen Ölvorkommen zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt. Im letzten Jahr ist es sogar noch vor Nigeria zum größten Ölproduzenten in Schwarzafrika aufgestiegen. Schon in wenigen Jahren soll sich die Förderung von 950000 Barrel pro Tag auf 2 Millionen mehr als verdoppeln.
Kein Wunder, dass das Wachstum im letzten Jahr, getragen von einem beispiellosen Rohstoffboom, bei 20 Prozent lag. Mit der globalen Wirtschaftskrise geht es nun ebenso schnell wieder bergab. Sowohl die Öl- als auch die Diamantenverkäufe sind kollabiert, im Haushalt klaffen erste Löcher
Den allermeisten Menschen in Luanda ist das jedoch egal: Sie haben von dem Aufschwung ohnehin nichts gespürt. Mehr als zwei Drittel der Angolaner müssen mit weniger als einem Dollar am Tag auskommen. Während in Luanda 40000 Menschen in Saus und Braus leben, hausen die übrigen in Shantytowns wie Boa Vista auf einem riesigen Müllberg mit Meeresblick.
Jahrelang sind es vor allem die Geistlichen gewesen, die den Menschen in ihrer Notlage beigestanden und mit ihnen gegen die Ausbeutung gekämpft, die Schulen und Krankenhäuser gebaut haben, weil sich das Regime lange Zeit nicht um das Volk scherte. Umso mehr wäre dem Katholizismus nun geholfen, wenn Benedikt sich auch offen für die Armen einsetzen und die Missstände anprangern würde Doch der Papst gibt sich bedeckt: Zwar verurteilt er auch in der letzten Messe die Korruption als eine der Geißeln des Kontinents, doch er macht dies indirekt und mächtig verklausuliert. Wie schon zuvor in Kamerun bleiben die verantwortlichen Machthaber, die vor der Bühne in der ersten Reihe sitzen, wieder einmal ungenannt.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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