Rückführung von Museums-Exponaten
Namibia empfängt 23 von hiesigen Fachkräften ausgesuchte Kulturgüter
Nationalmuseum feiert erste Rückgabe von Exponaten aus Deutschland, die auf einer Partnerschaft beruht, die nicht aus politischem Druck geboren scheint. Deutsche Museen und Institute suchen gemeinsam mit namibischen Fachkräften die entsprechenden Objekte aus, während ein Informations- und Wissensaustausch den Erhalt der Exponate gewährleisten soll.
Von Frank Steffen, Windhoek
Das Namibische Nationalmuseum und seine Gönner aus Deutschland gaben gestern im Unabhängigkeitsmuseum in Windhoek den Startschuss für ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis. Unter dem Titel „Die Kolonialvergangenheit konfrontieren, der kreativen Zukunft zuwenden“ (Confronting Colonial Past, Envisioning Creative Futures) wurde die erste Rückführung von 23 Artefakten amtlich eingeleitet, die nicht unter staatlichem Verschluss bleiben, sondern in Museen der Öffentlichkeit zugänglich bleiben sollen.
Das Nationalmuseum und seine hiesigen Partner werden gemeinsam mit deutschen Instituten bereits seit einiger Zeit finanziell von der Gerda-Henkel-Stiftung (GHS) unterstützt und somit sind die 23 Museumsstücke nur der Anfang einer Beziehung, die dem Ziel dient, die gemeinsame Vergangenheit Namibias und Deutschlands zu aufzuarbeiten und eine bessere Zukunft zu gestalten, betonten die betroffenen Vertreter der deutschen Einrichtungen wiederholt.
Unterstützung vor Ort
Dr. Anna-Monika Lauter von der GHS betonte, dass alle Unterstützung seitens der Stiftung auf dem Prinzip beruhe die Geschichte lokal zu präservieren: „Das Geld wird nicht in Deutschland, sondern in den Zielländern wie zum Beispiel Namibia ausgegeben.“ Die GHS sei seit langem in Afrika aktiv und gelte es nach der COVID-19-bedingten Aufschiebung, die Museumskultur in Namibia zu fördern und die Geschichte auch aus lokaler Perspektive zu erhalten.
Der Chefdozent der Abteilung für Archäologie und Kulturerbe an der Universität Namibia (UNAM), Dr. Goodman Gwasira, betonte dies ebenfalls: „Es heißt immer, wir hier in Afrika seien nicht bereit und nicht imstande derartige Museumsobjekte zu empfangen und zu erhalten. Durch die GHS und unsere Partner-Instanz, das Goethe-Institut, ist es uns möglich, seit einigen Jahren Stipendiaten zu finanzieren und somit geeignete Leute heranzubilden. Jetzt haben wir die ersten Master-Absolventen unter uns und diese haben die Ausstellungsstücke ausgesucht, die nun als erstes nach Namibia zurückgeführt wurden.“
Namibische Perspektive
„Jetzt können wir die Geschichte aus unserer Perspektive beschreiben und durch historische Artefakten belegen“, so Gwasira. Es gelte die Museen zu dekolonisieren. Ferner müsse damit aufgehört werden, von Artefakten oder Objekten zu sprechen: „Dies ist Besitz! Dies ist unser Eigentum, das man uns zurückgibt.“
Reihum äußerten sich die Vertreter von deutschen Instituten, die an dem Projekt beteiligt sind. Prof. Dr. Hermann Parzinger von der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“, wies darauf hin, dass nicht nur die Artefakte als einzelne Objekte betrachtet werden sollten, sondern der Prozess wichtig sei, der nun begonnen habe. Seiner Meinung nach werde die Kolonialgeschichte in Deutschland weitgehend vermieden und sei das Land nun damit beschäftigt, diesen Teil der deutschen Geschichte erstmals gezielt zu bearbeiten.
Die Museumsstücke sind indessen bereits seit dem Wochenende in Namibia, werden allerdings erst am kommenden Mittwoch in Otjiwarongo, im Namibischen Mode-Museum, vorgestellt. Dies wurde der AZ beim Launch bestätigt, im Hintergrund liefen digitale Aufnahmen der Exponate. Dr. Larissa Förster vom „Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste“ erklärte, dass diese ersten 23 Museumsstücke nur ein minimaler Teil von 1400 Exponaten sei, die allein im Berliner Museum zu finden seien. Sie vermutet, dass sich etwa 12000 Stück Kulturgut in deutschen Händen befindet. Es gelte nun, diese Objekte zu erfassen und Museum-Standards entsprechend ab zu fertigen, beziehungsweise unter Umständen auch an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückzuführen.
Historie vor Deutschland
Prof. Dr. Lars-Christian Koch vom Ethnologischen Museum Berlin, feierte die Ausstellung des Humboldt-Museums, die als Maßstab angelegt werden sollte. Seit 2018 ist Koch Sammlungsleiter des Humboldt-Forums in Berlin (Stiftung Preußischer Kulturbesitz). Es gehe im Falle Namibia nicht nur um Kulturexponate, die unbedingt aus der Zeit der deutschen Repressalien gegen die Herero- oder Nama-Bevölkerungsgruppen stammen, sondern auch um Relikte aus der Zeit 1860 bis 1870: „Wir mischen uns bei der Wahl auch nicht ein, die Wahl der rückgeführten Exponate wurde von Namibiern aus unsere Arbeitsgruppe getroffen.“
Das Projekt zielt darauf ab, gefährdetes Kulturerbe durch gemeinsame Erhaltung, Provenienz-Forschung und kreative Wissensproduktion zu bewahren. Darum werden die ersten 23 Artikel in dem Mode-Museum ausgestellt, das morgen in Otjiwarongo eröffnet werden soll. Zusammen mit seinen Projektpartnern, dem Namibischen Museumsverband MAN, der GHS und dem Ministerium für Bildung, Kunst und Kultur (MoEAC), laden die Projektteilnehmer Namibia und die gesamte Welt ein, an der virtuellen Eröffnung des „Museum of Namibian Fashion“ am 1. Juni 2022 teilzunehmen.
Das Namibische Nationalmuseum und seine Gönner aus Deutschland gaben gestern im Unabhängigkeitsmuseum in Windhoek den Startschuss für ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis. Unter dem Titel „Die Kolonialvergangenheit konfrontieren, der kreativen Zukunft zuwenden“ (Confronting Colonial Past, Envisioning Creative Futures) wurde die erste Rückführung von 23 Artefakten amtlich eingeleitet, die nicht unter staatlichem Verschluss bleiben, sondern in Museen der Öffentlichkeit zugänglich bleiben sollen.
Das Nationalmuseum und seine hiesigen Partner werden gemeinsam mit deutschen Instituten bereits seit einiger Zeit finanziell von der Gerda-Henkel-Stiftung (GHS) unterstützt und somit sind die 23 Museumsstücke nur der Anfang einer Beziehung, die dem Ziel dient, die gemeinsame Vergangenheit Namibias und Deutschlands zu aufzuarbeiten und eine bessere Zukunft zu gestalten, betonten die betroffenen Vertreter der deutschen Einrichtungen wiederholt.
Unterstützung vor Ort
Dr. Anna-Monika Lauter von der GHS betonte, dass alle Unterstützung seitens der Stiftung auf dem Prinzip beruhe die Geschichte lokal zu präservieren: „Das Geld wird nicht in Deutschland, sondern in den Zielländern wie zum Beispiel Namibia ausgegeben.“ Die GHS sei seit langem in Afrika aktiv und gelte es nach der COVID-19-bedingten Aufschiebung, die Museumskultur in Namibia zu fördern und die Geschichte auch aus lokaler Perspektive zu erhalten.
Der Chefdozent der Abteilung für Archäologie und Kulturerbe an der Universität Namibia (UNAM), Dr. Goodman Gwasira, betonte dies ebenfalls: „Es heißt immer, wir hier in Afrika seien nicht bereit und nicht imstande derartige Museumsobjekte zu empfangen und zu erhalten. Durch die GHS und unsere Partner-Instanz, das Goethe-Institut, ist es uns möglich, seit einigen Jahren Stipendiaten zu finanzieren und somit geeignete Leute heranzubilden. Jetzt haben wir die ersten Master-Absolventen unter uns und diese haben die Ausstellungsstücke ausgesucht, die nun als erstes nach Namibia zurückgeführt wurden.“
Namibische Perspektive
„Jetzt können wir die Geschichte aus unserer Perspektive beschreiben und durch historische Artefakten belegen“, so Gwasira. Es gelte die Museen zu dekolonisieren. Ferner müsse damit aufgehört werden, von Artefakten oder Objekten zu sprechen: „Dies ist Besitz! Dies ist unser Eigentum, das man uns zurückgibt.“
Reihum äußerten sich die Vertreter von deutschen Instituten, die an dem Projekt beteiligt sind. Prof. Dr. Hermann Parzinger von der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“, wies darauf hin, dass nicht nur die Artefakte als einzelne Objekte betrachtet werden sollten, sondern der Prozess wichtig sei, der nun begonnen habe. Seiner Meinung nach werde die Kolonialgeschichte in Deutschland weitgehend vermieden und sei das Land nun damit beschäftigt, diesen Teil der deutschen Geschichte erstmals gezielt zu bearbeiten.
Die Museumsstücke sind indessen bereits seit dem Wochenende in Namibia, werden allerdings erst am kommenden Mittwoch in Otjiwarongo, im Namibischen Mode-Museum, vorgestellt. Dies wurde der AZ beim Launch bestätigt, im Hintergrund liefen digitale Aufnahmen der Exponate. Dr. Larissa Förster vom „Deutschen Zentrum für Kulturgutverluste“ erklärte, dass diese ersten 23 Museumsstücke nur ein minimaler Teil von 1400 Exponaten sei, die allein im Berliner Museum zu finden seien. Sie vermutet, dass sich etwa 12000 Stück Kulturgut in deutschen Händen befindet. Es gelte nun, diese Objekte zu erfassen und Museum-Standards entsprechend ab zu fertigen, beziehungsweise unter Umständen auch an ihre rechtmäßigen Eigentümer zurückzuführen.
Historie vor Deutschland
Prof. Dr. Lars-Christian Koch vom Ethnologischen Museum Berlin, feierte die Ausstellung des Humboldt-Museums, die als Maßstab angelegt werden sollte. Seit 2018 ist Koch Sammlungsleiter des Humboldt-Forums in Berlin (Stiftung Preußischer Kulturbesitz). Es gehe im Falle Namibia nicht nur um Kulturexponate, die unbedingt aus der Zeit der deutschen Repressalien gegen die Herero- oder Nama-Bevölkerungsgruppen stammen, sondern auch um Relikte aus der Zeit 1860 bis 1870: „Wir mischen uns bei der Wahl auch nicht ein, die Wahl der rückgeführten Exponate wurde von Namibiern aus unsere Arbeitsgruppe getroffen.“
Das Projekt zielt darauf ab, gefährdetes Kulturerbe durch gemeinsame Erhaltung, Provenienz-Forschung und kreative Wissensproduktion zu bewahren. Darum werden die ersten 23 Artikel in dem Mode-Museum ausgestellt, das morgen in Otjiwarongo eröffnet werden soll. Zusammen mit seinen Projektpartnern, dem Namibischen Museumsverband MAN, der GHS und dem Ministerium für Bildung, Kunst und Kultur (MoEAC), laden die Projektteilnehmer Namibia und die gesamte Welt ein, an der virtuellen Eröffnung des „Museum of Namibian Fashion“ am 1. Juni 2022 teilzunehmen.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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