Risiko oder Nutzen?

Von Irena Güttel, dpaAltdorf/BerlinLängst gibt es nicht nur Schwangerschafts- oder Blutzuckertests: Im Internet, in Drogerien und Apotheken finden sich Selbsttests für Darmflora, Vitaminmangel oder Hormone. Der Markt wächst – Fachleute warnen. Die Gastroenterologin Birgit Terjung beobachtet in ihrer Praxis einen Anstieg von Patienten, die etwa wegen Bauchschmerzen einen Mikrobiom-Selbsttest gemacht haben. Diese seien jedoch wenig aussagekräftig, weil Stuhlproben je nach Tageszeit und Ernährung variieren. Zudem locken Anbieter mit teuren Therapieempfehlungen, deren Nutzen und Preise fraglich sind. Solide wissenschaftliche Beweise für deren Wirksamkeit gebe es bisher nicht.Auch Hormon- und Vitamin-Selbsttests sieht die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie kritisch. „Die Qualität ist oft nicht gesichert“, warnt Experte Alexander Mann. Wer sich gestresst fühlt, sollte nicht vorschnell auf Cortisolmangel testen, da der Hormonspiegel starken Schwankungen unterliegt. Ähnliche Bedenken gibt es auch bei Tests für Sexual- oder Schilddrüsenhormone.Sinnvoll hingegen können Ovulationstests für Frauen mit Kinderwunsch sein. Sie helfen dabei, die fruchtbaren Tage zu bestimmen und können somit die Chancen auf eine Schwangerschaft erhöhen. „Solche Tests liefern in der Regel verlässliche Ergebnisse“, sagt Mann. Anders als viele andere Selbsttests beruhen sie auf einem klaren biologischen Zusammenhang und sind einfach auszuwerten.Ergebnisse richtig einordnenDer Hausarzt Hans-Michael Mühlenfeld rät davon ab, wahllos auf Nährstoffmangel zu testen und Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Ein hoher Cholesterinwert oder ein Vitaminmangel bedeute nicht automatisch eine Krankheit – erst im Zusammenspiel mit weiteren Faktoren lasse sich das Risiko richtig bewerten.Selbsttests könnten zudem dazu führen, dass notwendige Untersuchungen verzögert werden, warnt Mühlenfeld. „Wenn man dann erst einmal mit Nahrungsergänzungsmitteln arbeitet, verzögert man natürlich unter Umständen die Diagnostik und vielleicht eben auch eine gezielte Therapie.“ Wer sich unsicher fühlt, sollte daher besser eine ärztliche Praxis aufsuchen, statt sich allein auf Testergebnisse aus dem Internet zu verlassen.

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Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-05-22

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