Vor 50 Jahren
1974-03-15
UNRAST IN ÄTHIOPIEN
Addis Abeba – Etwa tausend Studenten demonstrierten am Montag an der Haile-Selassie-Universität und verlangten politische Reformen und eine neue Regierung. Die Studenten verbrannten ein Bild des neuen Ministerpräsidenten Makonnen, der erst vor zwei Wochen ernannt wurde, um die Forderungen der revoltierenden Armee zu erfüllen. Die Polizei musste mit Tränengas und Knüppeln gegen die Studenten Vorgehen. Einzelheiten sind nicht bekannt. Gleichzeitig wurde der gesamte Luftverkehr lahmgelegt, da auf den Flughäfen und Flugplatzen die Angestellten der Zivilluftfahrt in den Streik traten. Es betrifft dies hauptsächlich die Beamten im Kontrollturm, die Meteorologen und das Rundfunkpersonal, die als Staatsangestellte am allgemeinen Streik nicht teilgenommen hatten, jetzt aber ebenfalls Lohnforderungen stellten. Die Lehrer in ganz Äthiopien streiken schon seit drei Wochen. Man befürchtet, dass auch im Fernmeldewesen und in den Elektrizitätswerken Streiks ausbrechen werden.
PRIESTER WOLLEN STREIKEN
Addis Abeba – 200 000 Priester in Äthiopien haben mit einem Streik gedroht, falls ihre Gehälter nicht aufgebessert werden. Das wäre der erste Streik christlicher Geistlicher in der Geschichte. Die Forderung der Priester erfolgte, nachdem Arbeiter zwei Wochen lang gestreikt und demonstriert hatten. Durch Iandesweite Unruhen wurde die Regierung gestürzt und Kaiser Haile Selassie gezwungen, dem Militär einen höheren Sold zu versprechen und Preise zu kontrollieren.
KAPUUO GEGEN GEWALT UND BEIRAT
Johannesburg – Südafrikas Probleme können nur durch alle seine Einwohner, schwarze und weiße, gelöst werden. Die Schaffung von Bantustans sei keine Lösung. Schwarz und Weiße müssten am Konferenztisch zusammensitzen and eine Losung ausarbeiten. Dies erklärte Clemens Kapuuo in einer Rede an der Witwatersrand-Universität. Er erklärte, die Nationale Konvention, zu der sich mehrere Parteien zusammengeschlossen hatten und deren Vizepräsident er sei, befürworte nicht die Anwendung von Gewalt in Südwestafrika. Behauptungen, der schwarze Mann wolle die Weißen aus dem Gebiet vertreiben, seien haltlos.
„Diejenigen Weißen, die Südwestafrika zu ihrer Heimat gemacht haben, sind willkommen, weiterhin im Lande zu bleiben und an der Regierung des Landes teilzuhaben. Der weiße Mann wurde jedoch seine Rechte überschreiten, wenn er das Land in weiße und schwarze Gebiete aufteilt, ohne den schwarzen Mann zu fragen", sagte Kapuuo.
WIRD WILSON GESTÜRZT?
London – in London wird eifrig gezählt, ob und wie die Labour-Minderheitsregierung Wilson nächste Woche eine Abstimmung über das Regierungsprogramm bestehen wird. Entscheidend kann dabei die gestrige Erklärung der Liberalen Partei sein, die Konservativen bei der Abstimmung zu unterstützen, was eine Mehrheit von zehn Stimmen gegenüber Wilsons Labourpartei ergäbe. Es gilt aber noch, die 23 Stimmen der schottischen und walisischen Nationalisten, der Vertreter Nordirlands und der Unabhängigen zu berücksichtigen, die jetzt den Ausschlag geben können. Zu den 299 Labourstimmen des 635 Sitze umfassenden Unterhauses könnten sich noch eine Stimme aus Nordirland, sieben aus Schottland and zwei linksgerichtete Unabhängige gesellen, so dass Wilson die gleiche Zahl wie die Konservativen and Liberalen, also 309, erreichen würde. Dazu käme noch als ausschlaggebend die Stimme des Speakers, der in einem solchen Fall traditionell mit der Regierung stimmt. Es waren aber trotzdem noch 17 Stimmen unentschieden.
POLITISCH-MILITÄRISICHE KRISE IN PORTUGAL
Lissabon – Die schon längst schwelende politische und militärische Krise in Portugal trat vor dem 13. Jahrestag des Ausbruchs des Guerillakrieges in den afrikanischen Provinzen offen zutage, als Ministerpräsident Dr. Marcello Gaetano am Donnerstagabend den Generalstabschef aller Streitkräfte, General Francisco da Costa Games, und den stellvertretenden Generalstabschef General Antonio de Spinola entließ. Beide können ihren militärischen Rang (General) behalten.
Der populäre Kriegsheld de Spinola hatte die Krise mit seinem Bestseller-Buch „Portugal and seine Zukunft“ heraufbeschworen, worin er erklärte, dass der Kampf gegen die Guerillas nicht mit militärischen Mitteln allein gewonnen werden könne, sondern dass nur ein föderales System eine Lösung bringe, in dem die drei afrikanischen Provinzen auf fast gleicher Stufe mit dem Mutterland verbunden wären. Der lange und kostspielige Krieg, sagte de Spinola, zehre rasch an den menschlichen Kräften Portugals, das zudem international immer starker isoliert werde und das 30 Jahre brauchen würde, um das Land auf den Stand des am wenigsten entwickelten Mitgliedes der Europäischen Gemeinschaft zu bringen. Es war ein kühnes Unternehmen, als Armeeführer solche Gedanken öffentlich zu äußern, die hauptsachlich von jüngeren Offizieren, besonders jenen im Rang eines Hauptmanns oder Majors, geteilt wurden. Diese Offiziere hielten Protestversammlungen ab, als sie horten, de Spinola solle entlassen werden, wobei sie auch die Soldverhältnisse und Dienstbedingungen kritisierten.
GESCHWINDIGKEITSGRENZE AUFGEHOBEN
Bonn – Die Geschwindigkeitsgrenze von 100 km/h wird morgen mit Wirkung von Mitternacht aufgehoben. Demnach können die 18 Millionen Automobilisten der Bundesrepublik Deutschland am Freitag wieder so schnell, wie sie wollen, über die 5 258 km Autobahnen fahren.
Addis Abeba – Etwa tausend Studenten demonstrierten am Montag an der Haile-Selassie-Universität und verlangten politische Reformen und eine neue Regierung. Die Studenten verbrannten ein Bild des neuen Ministerpräsidenten Makonnen, der erst vor zwei Wochen ernannt wurde, um die Forderungen der revoltierenden Armee zu erfüllen. Die Polizei musste mit Tränengas und Knüppeln gegen die Studenten Vorgehen. Einzelheiten sind nicht bekannt. Gleichzeitig wurde der gesamte Luftverkehr lahmgelegt, da auf den Flughäfen und Flugplatzen die Angestellten der Zivilluftfahrt in den Streik traten. Es betrifft dies hauptsächlich die Beamten im Kontrollturm, die Meteorologen und das Rundfunkpersonal, die als Staatsangestellte am allgemeinen Streik nicht teilgenommen hatten, jetzt aber ebenfalls Lohnforderungen stellten. Die Lehrer in ganz Äthiopien streiken schon seit drei Wochen. Man befürchtet, dass auch im Fernmeldewesen und in den Elektrizitätswerken Streiks ausbrechen werden.
PRIESTER WOLLEN STREIKEN
Addis Abeba – 200 000 Priester in Äthiopien haben mit einem Streik gedroht, falls ihre Gehälter nicht aufgebessert werden. Das wäre der erste Streik christlicher Geistlicher in der Geschichte. Die Forderung der Priester erfolgte, nachdem Arbeiter zwei Wochen lang gestreikt und demonstriert hatten. Durch Iandesweite Unruhen wurde die Regierung gestürzt und Kaiser Haile Selassie gezwungen, dem Militär einen höheren Sold zu versprechen und Preise zu kontrollieren.
KAPUUO GEGEN GEWALT UND BEIRAT
Johannesburg – Südafrikas Probleme können nur durch alle seine Einwohner, schwarze und weiße, gelöst werden. Die Schaffung von Bantustans sei keine Lösung. Schwarz und Weiße müssten am Konferenztisch zusammensitzen and eine Losung ausarbeiten. Dies erklärte Clemens Kapuuo in einer Rede an der Witwatersrand-Universität. Er erklärte, die Nationale Konvention, zu der sich mehrere Parteien zusammengeschlossen hatten und deren Vizepräsident er sei, befürworte nicht die Anwendung von Gewalt in Südwestafrika. Behauptungen, der schwarze Mann wolle die Weißen aus dem Gebiet vertreiben, seien haltlos.
„Diejenigen Weißen, die Südwestafrika zu ihrer Heimat gemacht haben, sind willkommen, weiterhin im Lande zu bleiben und an der Regierung des Landes teilzuhaben. Der weiße Mann wurde jedoch seine Rechte überschreiten, wenn er das Land in weiße und schwarze Gebiete aufteilt, ohne den schwarzen Mann zu fragen", sagte Kapuuo.
WIRD WILSON GESTÜRZT?
London – in London wird eifrig gezählt, ob und wie die Labour-Minderheitsregierung Wilson nächste Woche eine Abstimmung über das Regierungsprogramm bestehen wird. Entscheidend kann dabei die gestrige Erklärung der Liberalen Partei sein, die Konservativen bei der Abstimmung zu unterstützen, was eine Mehrheit von zehn Stimmen gegenüber Wilsons Labourpartei ergäbe. Es gilt aber noch, die 23 Stimmen der schottischen und walisischen Nationalisten, der Vertreter Nordirlands und der Unabhängigen zu berücksichtigen, die jetzt den Ausschlag geben können. Zu den 299 Labourstimmen des 635 Sitze umfassenden Unterhauses könnten sich noch eine Stimme aus Nordirland, sieben aus Schottland and zwei linksgerichtete Unabhängige gesellen, so dass Wilson die gleiche Zahl wie die Konservativen and Liberalen, also 309, erreichen würde. Dazu käme noch als ausschlaggebend die Stimme des Speakers, der in einem solchen Fall traditionell mit der Regierung stimmt. Es waren aber trotzdem noch 17 Stimmen unentschieden.
POLITISCH-MILITÄRISICHE KRISE IN PORTUGAL
Lissabon – Die schon längst schwelende politische und militärische Krise in Portugal trat vor dem 13. Jahrestag des Ausbruchs des Guerillakrieges in den afrikanischen Provinzen offen zutage, als Ministerpräsident Dr. Marcello Gaetano am Donnerstagabend den Generalstabschef aller Streitkräfte, General Francisco da Costa Games, und den stellvertretenden Generalstabschef General Antonio de Spinola entließ. Beide können ihren militärischen Rang (General) behalten.
Der populäre Kriegsheld de Spinola hatte die Krise mit seinem Bestseller-Buch „Portugal and seine Zukunft“ heraufbeschworen, worin er erklärte, dass der Kampf gegen die Guerillas nicht mit militärischen Mitteln allein gewonnen werden könne, sondern dass nur ein föderales System eine Lösung bringe, in dem die drei afrikanischen Provinzen auf fast gleicher Stufe mit dem Mutterland verbunden wären. Der lange und kostspielige Krieg, sagte de Spinola, zehre rasch an den menschlichen Kräften Portugals, das zudem international immer starker isoliert werde und das 30 Jahre brauchen würde, um das Land auf den Stand des am wenigsten entwickelten Mitgliedes der Europäischen Gemeinschaft zu bringen. Es war ein kühnes Unternehmen, als Armeeführer solche Gedanken öffentlich zu äußern, die hauptsachlich von jüngeren Offizieren, besonders jenen im Rang eines Hauptmanns oder Majors, geteilt wurden. Diese Offiziere hielten Protestversammlungen ab, als sie horten, de Spinola solle entlassen werden, wobei sie auch die Soldverhältnisse und Dienstbedingungen kritisierten.
GESCHWINDIGKEITSGRENZE AUFGEHOBEN
Bonn – Die Geschwindigkeitsgrenze von 100 km/h wird morgen mit Wirkung von Mitternacht aufgehoben. Demnach können die 18 Millionen Automobilisten der Bundesrepublik Deutschland am Freitag wieder so schnell, wie sie wollen, über die 5 258 km Autobahnen fahren.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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