Vor 50 Jahren

NUR MANGELHAFTE VERBINDUNG

Windhoek – Der stellvertretende Direktor des Post- und Fernmeldewesens in Südwestafrika, P. B. Smith, erklärte heute Vormittag, dass durch die Überschwemmungen bei Upington 68 Prozent der Fernsprechkanäle nach Südafrika unterbrochen wurden, als der Oranje über die Hauptbrücke bei Upington lief, auf der die Kabel verspannt sind.

Mit Ferngesprächen in die Republik wird es also recht viel Ärger und Verzögerungen geben und wieder wird um das Verständnis der Öffentlichkeit gebeten, wenn die Schwierigkeiten sich durch weitere Überschwemmungen noch vergrößern sollten, oder die Verzögerung nicht behoben werden kann, bevor die Flutwasser sinken. Technisches Personal steht jedoch an den Ufern des Oranje bereit, um bei allen weiteren Unterbrechungen sofort Reparaturen vorzunehmen.

DIE ALB BLEIBT LÖWEN FREI

Reutlingen – Viele Albfreunde atmen auf: „Schwäbisch Sibirien" wird nicht afrikanisiert. Löwen, Tiger and Panther werden das klassische „Wild" dieser Landschaft, das Schaf, nicht verdrängen. Die Schwäbische Alb, ein rund 230 Kilometer langer Bergriegel zwischen Rhein und Donau, war im Mai 1972 unversehens in den Mittelpunkt großer Plane gerückt. Ein westdeutsches Privatunternehmen erwog, in der Nähe von Münsingen – inzwischen zum Kreis Reutlingen geschlagen – einen Safari-Park anzulegen. Dieser Wildpark, so meinten die hoffnungsfrohen Initiatoren, würde den Fremdenverkehr beleben and viel Geld in die Kassen bringen.

Höhere Einnahmen wünschen sich die Älbler wohl, aber beim Gedanken an das exotische Projekt war ihnen gar nicht wohl. Die Zahl der Proteste schwoll an. Es meldeten sich in Zuschriften an die örtlichen and überörtlichen Zeitungen viele zu Wort, denen sich beim Schreiben „die Federn gesträubt" hatten. Sie sprachen von einer Verfremdung der Alb, vom Ausverkauf dieser immer noch ursprünglichen Landschaft mit ausgedehnten Wäldern, die Jahr für Jahr zwischen drei and vier Millionen Besucher zählt.

ÄNDERUNG DER SOWJETISCHEN NAHOSTPOLITIK?

Median/Tel Aviv – Außenminister Andrej Gromyko ist von seiner neuntägigen Reise in den Nahen Osten, die ihn zweimal nach Damaskus and einmal nach Kairo führte, zurückgekehrt. In Tel Aviv wird von Offiziellen privat geäußert, dass die Sowjetpolitik seit dem letzten Oktober, als sie noch Außenminister Kissinger unterstützt wurde, eine Schwenkung vollzogen hat. In dem in Damaskus veröffentlichten Kommuniqué wird von einer neuen „Explosion" gesprochen, und es wird auf das legitime Recht der Syrer hingewiesen, alle wirksamen Mittel verwenden zu dürfen, um das besetzte Land zurückzuerobern. Diese Stelle im Kommuniqué wird als direkte Drohung gegenüber Israel betrachtet, die man nicht übersehen dürfe. Dies scheint auch der Grund zu sein, warum Syrien mit sowjetischer diplomatischer Deckung Truppenkonzentrationen an der Front auf den Golan-Höhen vornimmt.

KURZ BERICHTET

Moskau – Gina Lollobrigida reist seit einigen Monaten in der ganzen Welt herum, um für eine Frauenzeitschrift „die faszinierendsten Männer der Erde" zu fotografieren. Augenblicklich ist sie in Moskau, will aber nicht verraten, welcher Mann jetzt das Glück hat, von ihr auf die Platte gebannt zu werden. Die Filmschauspielerin, die sich seit zwei Jahren als Fotografin betätigt, hat schon ein Buch mit Aufnahmen herausgegeben and sammelt nebenbei Aufnahmen für ein zweites. Wenn sie allerdings nicht gerade beim Fotografieren ist, wird sie selbst abgelichtet – von Touristen, die sich um ein Bild zusammen mit ihr reißen.

ZWEIERLEI MASS

Washington – Außenminister Dr. Henry Kissinger deutete im Finanzkomitee des Senats an, dass die USA in Bezug auf die Handelsrestriktionen gegenüber der Sowjetunion und Rhodesien verschiedene Standpunkte anwendeten. Das Finanzkomitee diskutierte über das neue Handelsgesetz, wobei besonders der Standpunkt Präsident Nixons berücksichtigt werden muss, dass er gegen jede Einschränkung des Handels mit der Sowjetunion eintritt, nur weil die sowjetische Politik gegenüber den russischen Juden kritisiert werde.