Der weiße Buschmann

43. Folge

Pumpi, der Drahthaarterrier

An zweiter Stelle rangiere ich den kleinen Drahthaarterrier Pumpi ein. Auf der Löwenjagd als er und sein Bruder mir so selbstverständlich das Leben gerettet hatten, eroberte er mein Herz.

Ich beschrieb bereits seine fürchterliche Wunde, die vom Ohr über das Schulterblatt bis zum Ellbogen offen klaffte und wie wir den kleinen Knirps bis zur Maultierkarre trugen und ihn auf Onguma zunähten. Von da an wich der Hund nicht mehr von meiner Seite. Er durfte sogar auf meinem Bett schlafen. Er genoss großes Ansehen unter meinen Hunden, was er auch weidlich ausnutzte.

Wenn untereinander gekämpft wurde, war er bei jeder Rauferei mit dabei. Er wusste genau, wenn er dabei den Kürzeren ziehen würde, Herrchen schon im rechten Moment eingreifen und helfen würde. Er war natürlich nur in meiner Gegenwart so tapfer.

Während meines Aufenthaltes in Deutschland hat ihn das Schicksal ereilt. Der junge Mann, der mich auf Onguma vertrat, hatte ihn eines Abends mit anderen Foxis auf Perlhuhnjagd mitgenommen. Die Hunde jagten eine Schwarze Mamba auf einen Baum. Statt auf den Kopf zu schießen, schoss der junge Mann auf den Leib. Die Mamba kam vom Baum herunter, die Hunde ergriffen sie und drei büßten dies mit dem Leben, darunter Pumpi. Das hätte vermieden werden können!

Hexe, die Bullterrierhündin

Unter meinen Hunden gab es eine sehr gute Bullterrierhündin, die relativ lange lebte. Sie war sehr intelligent und sehr wertvoll auf Jagd. Wir bekamen damals unsere reinrassigen Bullterrier von einem Afrikaner, der im Outjo Bezirk farmte. Ich glaube, er hieß van Blerk. Alle Hunde, die wir von ihm bekamen, hatten gute Anlagen.

Eines Tages hatte ich eine Gnukuh angeschweißt. Die Hunde hatten sie gestellt und ich gab den Fangschuss. Danach luden wir sie auf und fuhren nach Hause. Die Hunde liefen neben der Karre her. Da bemerkte ich, dass unter dem Bauch von Hexe etwas Loses pendelte, das immer länger wurde. Ich hielt an, fing Hexe und schaute nach, es waren ihre Därme. Die Därme selbst waren noch unversehrt, nur das Darmvlies war beschädigt und voller Gras, Sand und kleiner Steine. Wieder überlegte ich mir, ob ich eine Operation wagen sollte. Ich hielt sie auf dem Rücken liegend fest und Willie fuhr die Karre nach Hause. Zu Hause legten wir Hexe auf einen Tisch, auf den Rücken, die Därme quollen aus einer Wunde hinter der letzten Rippe. Erst versuchte ich, das Vlies zu reinigen, aber die Steinchen und der Sand waren im Fettgewebe eingebettet. Ich schnitt kurzerhand alles Fettgewebe mit einer Schere ab und säuberte die Därme. Dann stopfte ich mit beiden Daumen vorsichtig die Därme in die Bauchhöhle zurück. Immer wieder wollten die Därme herausquellen, weil der Hund große Schmerzen hatte und sich zusammenzog. Zunge und Maul waren blau vor Schmerz.

Die Buschleute hielten dabei die Hündin mit allen Kräften fest. Endlich hatte ich das letzte Stück Darm in der Bauchhöhle und nähte schnell die Wunde zu. Ähnlich wie bei Goliath war auch ihre Behandlung. Hexe wurde wieder vollkommen geheilt und hat mir noch lange gute Dienste geleistet. Kurz möchte ich über ihre „Demütigung“ schreiben. Sie war die Erste, bei der ich Folgendes beobachtet habe: Viele Löwen, wenn sie durch Hunde aufgeschreckt werden, drücken ihr Hinterteil in einen Busch und wehren die Hunde vor sich mit den Tatzen ab. Manchmal hakt eine Kralle im Hundefell, sie ziehen den Hund an sich und beißen ihn tot. Aber nicht immer. Mehr als einmal sah ich, dass ein Löwe den Hund zu sich unter sein Hinterteil zog und sich draufsetzte. Dabei besprühte er den Hund mit seinem Kot. Auf der einen Seite des Löwenhinterteils sieht man den Hundekopf herausragen, auf der anderen Seite seinen Schwanz. Der strampelnde Hund fängt meist an, fürchterlich zu jammern. Diese Schreierei verleitet die anderen Hunde dazu, unvorsichtig zu werden, denn sie wollen ihrem Kumpel helfen und kommen dabei dem Löwen zu nah. Der Löwe hat dann mehr Chance, seine Gegner zu fangen und sie zu töten. Das ist kein Zufall sondern Taktik. Wenn man dann den Löwen geschossen hat, kommt der Hund unter dem Löwen zum Vorschein. Jedes Mal sind die Hunde pechschwarz voll Löwenkot und stinken tagelang. Hexe war solch ein gedemütigtes Opfer, blieb aber unversehrt. Liebend gern hätte ich gewusst, was in ihrem Damenverstand vor sich ging.

Simba, der Vater der Bullterrier

Von dem Farmer, van Blerk, bekamen wir einen Brief, in welchem er uns mitteilte, dass er seine Bullterrierzucht aufgäbe. Zugleich fragte er an, ob wir Interesse an dem alten Zuchtpaar hätten. Natürlich wollten wir das alte Zuchtpaar gern übernehmen. So kamen die beiden Alten zu uns auf die Farm. Ich nannte den alten Rüden Simba. Er hatte keine Reißzähne mehr und war auf einem Auge blind. Wahrscheinlich hatte er das eine Auge auf einer Stachelschweinjagd eingebüßt.

Wenn wir mit der Maultierkarre irgendwohin fuhren, liefen meist alle Hunde mit. Da Simba schon so betagt war, lud ich ihn oft vorzeitig auf und er hatte so seinen Stammplatz auf der Karre. An einem gewissen Tag jedoch musste ich Viehlecke auf verschiedene Viehposten bringen. Es wurde eine lange Fahrt und die Karre war mit Säcken voll Lecke beladen. Ich wollte an jenem Tag keine Hunde mithaben, deshalb musste ich alle in einen Zwinger sperren. Das war gar kein so leichtes Unternehmen; setzte man einen Hund in den Zwinger, war ein anderer schon wieder entwischt. Dann war Simba an der Reihe. Er saß bereits erwartungsvoll auf der Karre. Ich hob ihn hoch und setzte ihn auf den Boden um ihn zu dem Zwinger zu führen. Schwupp, eh ich mich versah, war er wieder auf der Karre. Wieder hob ich ihn runter. Inzwischen aber war meine Geduld schon mehrfach durch das Spektakel mit den anderen Hunden geprüft worden. Als Simba das dritte Mal auf die Karre sprang, riss mir die Geduld! Ich ergriff Simba noch kurzerhand am Schwanz und wollte ihn unsanft von der Karre reißen, als er sich wie der Blitz umdrehte und mir mit einem Wutschrei an die Kehle sprang. Wie zwei Schlageisenbügel klappten seine Kiefer beiderseits meines Halses zu und der schwere Hund hing an meiner Kehle. Um größere Wunden zu vermeiden, ging ich mit Simba sofort zu Boden, sonst hätte er vielleicht noch eine Schlagader aufreißen können. Der Hund lag nun unter mir und ich drückte ihm die Kehle mit beiden Daumen zu. Ich konnte noch etwas Luft holen, er aber nicht mehr. Willie, der einen großen Schreck bekommen hatte, wollte mir helfen, ich schüttelte nur den Kopf. Nach einer Weile fing Simba an krampfhaft zu strampeln. Ich drückte noch immer fest zu, als er anfing, stoßartig zu pinkeln. Seine Kiefer erschlafften und ich konnte meinen Hals aus seinen Kiefern herausnehmen. Als mein Hals befreit war, öffnete ich die Daumen. Simbas Zunge hatte sich inzwischen blau verfärbt, krampfhaft fing er an, Luft zu holen. Willie zog ihn unter mir weg und brachte ihn in den Zwinger.

Ich hab dem Hund seinen Wutausbruch gar nicht mal übel genommen, denn ich hatte ihn ja nicht großgezogen. Davon abgesehen, man zieht auch so einen würdigen alten Herrn nicht respektlos am Schwanz! Außer ein paar Schrammen am Hals war ich heil davongekommen.