Auf Kupfersuche in Lüderitzland

31. Folge

Ein Pfingstausflug (Teil 2 von 2)

Robert berichtet vom „Pfingstausflug“:

In diesem waldigen Revier fehlt es auch nicht an Vögeln. Aufgefallen sind mir allerdings weniger wegen ihres Gefieders als wegen ihrer Nester, die Weber- und die Gesellschaftsvögel. Die Nester der ersteren sind sehr kunstvoll gebaut resp. gewebt. Sie hängen wie übergroße Tannenzapfen an den Bäumen. Ein verlassenes, am Boden liegendes Nest habe ich mitgenommen und meiner afrikanischen Raritätensammlung einverleibt. Unmöglich wäre dies mit dem Neste der Gesellschaftsvögel gegangen. Dieselben sind dazu doch etwas zu groß. Der Vogel ist sehr klein und hat ein unscheinbares Gefieder und würde man denselben gar nicht beachten, wenn seine Nester nicht die Aufmerksamkeit auf ihn lenkten; es bauen sich nämlich 50 und mehr Vögel ein Nest. Dieselben erreichen deshalb oft den Durchmesser von 1½ Meter und mehr. Die Form dieser Nester ist elliptisch und mehr oder weniger regelmäßig, was davon abhängig, ob das Nest auf starken Zweigen, dicht am Stamm eines Akazienbaumes ruht oder von ersterem herabhängt. Bei einem der Letzteren mochte wohl ein Baufehler vorgekommen sein. Die untere Hälfte hätte dem Gesetz der Schwere folgend sein luftiges Revier verlassen und sperrte uns den Weg. Auf diese Art und Weise war es uns vergönnt, dasselbe näher bewundern zu können. Ganz dicht geflochten besteht dieses Riesennest aus vielen, vielen kleinen Nestern, welches jedes einen besonderen Eingang von außen hat und wohl von je einer Familie dieser kleinen Tierchen bewohnt wird. Brehm wird Euch in seinem „Tierleben“ mehr und genaueres von diesen interessanten Tieren erzählen. Von ganz prächtigem Gefieder sind kleine Papageien und der Kleinheit nach zu urteilen eine Art Kolibri. Von vierfüßigen Tieren haben wir nur Schakale, Stein- und Klippböcke und eine Art kleine Hasen gesehen. Wie unser Führer Klaas erzählt, treibt auch der Tiger (Leopard) in diesem bergigen Revier sein Unwesen.

Da nach dreistündigem Ritt unser Weg das Flussbett verließ, beschlossen wir, um abends zum ersten Feiertag wenigstens einen Kaffee kochen zu können, hier beim Wasser Nachtlager zu machen. Holz war genügend vorhanden und bald stand die braune Flüssigkeit fix und fertig vor uns und bei den aufsteigenden Wolken aus den Pfeifen vergaßen wir des Lebens Ungemach und träumten und unterhielten uns von der Heimat. Die Nacht vom ersten zum zweiten Feiertag war nicht so kalt, es zeigte uns dies unser Thermometer, der Wassersack, das Wasser in demselben hatte nur eine dünne Eiskruste.

Früh mit Tagesgrauen (halb 7 Uhr) sattelten wir. Der Weg führte uns jetzt über steinige, oft steile Gebirgskämme. Mehr als einmal mussten wir absteigen und die Pferde führen. Mittags halb 12 Uhr erreichten wir endlich das Ziel unserer Reise, das wasserleere Matjesrivier. Früher soll dieser Fluß nie vertrocknet sein. Nachdem wir ein Stündchen geruht, machten wir uns auf die Kupfersuche, den ganzen Nachmittag sind wir in den Bergen herumgestiegen. Das hier in verschiedenen Gängen zu findende Kupfer ist Kupferglanz, Buntkupfererz und Kupferkiesel. Die Mächtigkeit der Gänge, sowie ihre Ausdehnung in der Streichrichtung konnten wir ohne Handwerkszeug nicht feststellen, da das Gestein zu sehr verwittert und stellenweise von Geröll überdeckt ist. Eine weitere Untersuchung muss und kann erfolgen, da die Wagen nach hier gebracht werden können. Nachmittags schon bewölkte sich der Himmel, die ganze Nacht regnete es, was es, wie man wohl sich auszudrücken pflegt, vom Himmel konnte. Es folgte eine höchst ungemütliche Nacht. In unsere Decken gehüllt, saßen wir die ganze Nacht am Feuer, das mit Mühe und Not von unserem Klaas unterhalten wurde. Das massig vom Himmel fallende Wasser gestattete uns bald als Entschädigung einen warmen Kaffee. Wenn ich wüsste, dass Ihr keine schlechten Witze machtet, würde ich Euch verraten, wie oft wir in dieser Nacht den Kessel ans Feuer gesetzt – hier dachte ich um ein Jahr zurück, am 2. Pfingstfeiertag 84 verlebten wir so schöne Stunden in Neusalza. Ja, zu der selben Zeit, wo ich eingeregnet hier am Feuer in der Wüste sitze, ist es vielleicht gerade ein Jahr, dass ich mit einer meiner kleinen Neusalzaer Cousinen den Bettelstudent oder Lagunenwalzer im Schützensaale tanzte – Tempora mutantur – spricht der Lateiner. Da ich keiner bin, denke ich es. Wir dankten Gott, als es Tag wurde und wir den Rückweg antreten konnten. Im besten Regen noch sattelten wir früh halb 7 Uhr. Da unsere Aufgabe erfüllt, wir den Wagenweg passierbar gefunden, wollten wir rückwärts einen kürzeren Weg einschlagen und uns trocken reitend versuchen, ob wir in einem Tage Aus erreichen könnten. Den ganzen Tag sind wir, meist im Regen, stramm geritten und glaubten wir schon, Aus zu erreichen, als ein Gewitter uns zwang, abends 8 Uhr abzusatteln, da bei den grell fallenden Blitzen unsere Pferde sich bäumten und nicht laufen wollten. Dass es hier im Winter gewittert, wird Euch wundern und doch ist es so. Eine Nacht haben wir Eis, die andere, allerdings bei ziemlich kalter Luft, Gewitter, ist es eben doch auch zur Regenzeit am Tage noch sehr heiß. Es folgten noch eine Nacht ohne Schlaf am Wachtfeuer und am Mittwoch noch ein fünf-stündiger Ritt und wir erreichten nach viertägiger Reise Aus wieder. Dass ich, trotzdem ich schon viel geritten, am anderen Tage noch eifrigst bemüht war, in der Gangart es den Gänsen nachzumachen, kann ich Euch offen eingestehen.