Das Tagebuch von Robert Baer
Das Tagebuch von Robert Baer

Auf Kupfersuche in Lüderitzland

Die Angra Pequena-Expedition
Im Oktober des Jahres 1884 betritt der 23-jährige Bergmann Robert Baer in Angra Pequena, dem heutigen Lüderitzbucht, erstmals afrikanischen Boden. Kurz entschlossen hatte er das Angebot angenommen, sich als Assistent des Leiters einer 10-köpfigen Bergbauexpedition an der Suche nach Bodenschätzen in dem erst kurz zuvor unter Reichsschutz gestellten „Lüderitzland" zu beteiligen. Die Expedition stand unter enormem Erfolgsdruck. Das Auffinden abbauwürdiger Erze war Lüderitz' letzte Hoffnung, aus dem von ihm erworbenen Landstrich an der südwestafrikanischen Küste doch noch die dringend benötigten Gewinne zu erwirtschaften. Robert Baers Briefe und Tagebucheintragungen bilden die Grundlage dieses Buches, das neue Einblicke in die Anfänge des ehemaligen deutschen Schutzgebietes gewährt.
8. Folge

Robert Julius Baer (Teil 2/2)

Die 1777 gegründete und dem Landesbergamt Sachsen unterstellte Ausbildungseinrichtung hatte den Zweck, „gute Aufseher, Steiger, Werkmeiser und sonstige untere Betriebsbeamte auszubilden“. Die vierjährige Ausbildung war neben der Vermittlung fachlich-bergmännischer Kenntnisse auch allgemeinbildend ausgerichtet. Sie umfasste Unterrichte und Prüfungen in den Fächern Deutsch, Arithmetik, Geometrie, Physik sowie Bergbaukunde, Markscheidekunde, Mineralogie/Geognosie und Buch- bzw. Registerführung. In der Aufnahmeprüfung wurden Kenntnisse in Orthographie, schriftlichem Ausdruck und Rechnen sowie die Fähigkeiten im Zeichnen und der Handschrift getestet. Robert bestand sie mit Bravour. Auf Grund dieses Ergebnisses und des vorherigen Besuchs von Unterrichten der 4. (der untersten) Klasse als Externer, noch vor der eigentlichen Aufnahme, wurde ihm gestattet, die 4. Klasse zu überspringen. Der Schulordnung entsprechend konnte er im Ausnahmeverfahren bereits in die 3. Klasse aufgenommen werden. In allen drei Lehrjahren gehörte er zu den besten Schülern seines Jahrganges und wurde bereits nach seinem 1. Jahr „als Bergschüler, welcher sich durch Fleiß und sehr gute Fortschritte vorteilhaft ausgezeichnet hatte“, mit einer Prämie von 6 Mark, einschließlich einer Prämienmedaille, ausgezeichnet. Dass er aber nicht immer brav und angepasst war, zeigt ein Eintrag in den Schulprotokollen vom 26. Juli 1880, als seine Leistungen erneut mit der besten Note (vorzüglich) bewertet wurden, die Schulleitung aber „den unter den vorzüglich guten Schülern namhaft gemachten Bär als Participient einer Prämie dem königlichen Bergamt deshalb nicht empfehlen zu können“ glaubte, „weil dessen Betragen während des Zeichenunterrichtes nicht immer tadellos gewesen ist“. Das sehr gute Entlassungszeugnis eröffnete ihm gute Aussichten bei der Besetzung der Stellen als Aufsichtsbeamter (Steiger) an den sächsischen Bergwerken. Zunächst musste er allerdings noch seinen Militärdienst, von dem er während seiner Bergschulausbildung zurückgestellt war, ableisten. Nachdem er danach einige Monate auf einer Zeche im Ruhrgebiet Erfahrungen gesammelt hatte, erhielt Robert eine Einstellung in den heimatlichen Freiherrlich von Burgker Steinkohlenwerken, wohl zunächst noch nicht auf einer Steigerstelle, sondern als sog. „Bergwerkscandidat“.

Recht bald aber zeigte sich, dass das Bergamt bereits jetzt dem jungen Bergschulabsolventen etwas zutraute. In einem Vortrag, den er 19 Jahre nach seiner Rückkehr aus Afrika gehalten hat, erinnert sich Robert Baer: „An mich erging vom Bergamte zu Freiberg, an welches sich Lüderitz gewandt hatte, der ehrenvolle Antrag, die Schürfarbeiten, d. h. die Untersuchung des Landes auf abbauwürdige Mineralien zu leiten, zu welchem Zwecke mir sechs Freiburger Bergleute zur Verfügung standen“. Was bewog den jungen, mit seiner Heimat und seiner Familie eng verbundenen Mann dazu, das Angebot anzunehmen und das ungewisse Abenteuer und die Gefahren einer Expedition in einem noch weitgehend unbekannten und unerschlossenen Erdteil einzugehen? Zumal er seit einiger Zeit in Marie Bellmann eine feste Freundin hatte, zwar noch nicht verlobt, aber doch, wie aus späteren Briefen hervorgeht, in einer sehr engen Bindung! Die Trennung würde nach seinem Arbeitsvertrag zwei Jahre dauern. In einem seiner ersten Briefe wird von einer „inneren Stimme, die mich gehen hieß“ die Rede sein. Daneben muss es aber auch eher handfeste materielle Gründe gegeben haben. Offenbar war er ungeduldig und wollte nicht länger auf eine Steigerstelle warten; die Aufgaben während der Expedition waren de facto die eines Steigers. Außerdem hatte er einige Schulden gemacht; eine gute Gelegenheit, diese durch die gute Bezahlung, die Lüderitz bot, zu tilgen. Sicherlich hatte ihn auch die allgemeine Kolonialbegeisterung, die Lüderitz‘ Aktivitäten ausgelöst hatte, erfasst. Darüber hinaus trugen möglicherweise auch eine gewisse Portion Neugier und Abenteuerlust, vor allem aber der Stolz, bei dieser „Mission für Deutschland“ dabei sein zu dürfen, zu seiner Motivation und seinem Entschluss bei.

Robert Baer hat während der Expedition akribisch Tagebuch geführt und als fleißiger und treuer Briefeschreiber seinen Eltern regelmäßig berichtet. Die ausführliche Beschreibung seiner Erlebnisse und Eindrücke zeichnen das subjektive, aber doch sehr authentische Bild einer Expedition, die unter keinem guten Stern stand und immer wieder Rückschläge und Enttäuschungen hinnehmen musste. Dennoch trug sie einen der ersten Bausteine zur Erforschung und Erschließung des neuen deutschen Schutzgebietes bei.

Robert soll in der folgenden Reisebeschreibung immer wieder direkt zu Wort kommen. Seine Berichte reflektieren die schwierigen und mit entbehrungsreichen Strapazen verbundenen klimatischen und geographischen Bedingungen, mit denen man damals in einer ungewohnten Umgebung zu kämpfen hatte und die von heutigen Namibiatouristen nur erahnt werden können. Sie bringen aber auch die Faszination zum Ausdruck, die von der überwältigenden Landschaft und der Natur dieses Landes ausgehen.

Nicht zuletzt schildert er vor allem in seinen Briefen die Gedanken und Hoffnungen eines jungen Mannes, der für sein Alter bereits erstaunlich gereifte und gefestigte Auffassungen und Vorstellungen zum Ausdruck bringt, aber dennoch seine persönliche und berufliche Orientierungsphase noch nicht zum Abschluss gebracht hat.

Die Expedition stand aber auch im Spannungsfeld der politischen Entwicklung und der persönlichen und geschäftlichen Situation ihres Auftraggebers. Auf die „große Politik“ und ihre Auswirkung auf die Rahmenbedingungen vor Ort wird daher in Anknüpfung an die in Kapitel I geschilderte Vorgeschichte immer wieder Bezug genommen.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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