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Ins Chaos gestürzt

Schrumpfung von USAID bedroht zahlreiche Gesundheitsprogramme in Afrika
Von über 10 000 Mitarbeitern der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit könnten weniger als 300 übrigbleiben; Gesundheitsprojekte stünden ohne Finanzierung da und wichtige Programme müssten sich Alternativen überlegen: Eine Demontage von USAID träfe den afrikanischen Kontinent hart.
Katharina Moser
Von Katharina Moser, Windhoek

Während US-Präsident Donald Trump im Namen US-amerikanischer Interessen die Grundprinzipien der Außenpolitik und internationalen Zusammenarbeit des mächtigen Landes aus den Fugen hebt, hat sich in den vergangenen Wochen schnell gezeigt, wer die Folgen dieser Entscheidungen am meisten zu spüren bekommt – darunter der afrikanische Kontinent. Nachdem am Freitag fast das gesamte Personal der US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit, United States Agency for International Development (USAID), beurlaubt wurde, stehen zahlreiche afrikanische Länder womöglich vor den Scherben vieler Gesundheitsprogramme, deren Finanzierung eng mit den Programmen der US-Behörde verbunden war. Die USA hatten allein im Jahr 2024 fast 6,6 Milliarden US-Dollar an humanitärer Hilfe in Afrika südlich der Sahara bereitgestellt.

Zur großen Erleichterung der Gegner von Trumps Beschlüssen hat ein Bundesrichter am Freitag hat Trump und seinem milliardenschweren Verbündeten Elon Musk am Freitag den ersten großen Rückschlag bei der Demontage der US-Behörde für internationale Entwicklung zugefügt und einen vorläufigen Stopp der Pläne angeordnet, Tausende von Mitarbeitern der Behörde aus dem Dienst zu nehmen. Das berichtete unter anderem die Associated Press. US-Bezirksrichter Carl Nichols, ein von Trump ernannter Richter, stimmte auch zu, eine Anordnung zu blockieren, die den Tausenden von USAID-Mitarbeitern in Übersee, die die Regierung in einen abrupten Verwaltungsurlaub versetzen wollte, nur 30 Tage Zeit gegeben hätte, um mit ihren Familien und Haushalten auf Staatskosten in die USA zurückzukehren. Der Richter ordnete zudem an, dass die von der Trump-Regierung bereits beurlaubten USAID-Mitarbeiter wieder eingestellt werden. Er lehnte jedoch einen Antrag von zwei Verbänden von Bundesbediensteten ab, eine vorübergehende Sperre der von der Trump-Regierung eingefrorenen Mittel zu gewähren, die die sechs Jahrzehnte alte Behörde und ihre Arbeit lahmgelegt hat, bis weitere Anhörungen zur Klage der Beschäftigten stattfinden.

Wie es nun mit der Behörde weitergehen soll, ist vorerst unklar. Arbeiter haben bereits mit einem Kran den Namen von der Steinfassade des Washingtoner Hauptsitzes geschrubbt, mit Klebeband den Schriftzug auf einem Schild unkenntlich gemacht und die USAID-Flaggen abgenommen. Nun blickt der Gesundheitssektor auf dem afrikanischen Kontinent und weltweit mit Sorge nach Washington: Sollte Trump die Auflösung der Behörde durchsetzen können, hätte das gravierende Folgen für Gesundheitsprogramme weltweit.

Was würde die Auflösung von USAID bedeuten?

Ein Wegfall von USAID könnte in Afrika zu einer Unterbrechung der Notfallmaßnahmen bei Ausbrüchen wie Mpox und dem Marburg-Virus führen, berichtet das Magazin Nature. Schulungsprogramme, die seit der COVID-19-Pandemie beschleunigt wurden, könnten sich verlangsamen. HIV/AIDS-Tests, -Behandlungs- und -Präventionsprogramme wären ebenso wie Immunisierungsinitiativen betroffen.

Nicht zuletzt in Namibia stünden mehrere namibische Gesundheitsprogramme ohne Finanzierung und viele der Mitarbeiter, darunter Krankenschwestern, ohne Arbeit da (AZ berichtete). Mit Mitteln des President’s Emergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR) unterstützte das USAID Global Health Supply Chain Programme – Procurement and Supply Management (GHSC-PSM) nicht nur in Namibia die Ziele der Regierung sowie wichtige PEPFAR-Initiativen im Rahmen des 2016 Treatment Acceleration Plan (TAP).

„Die Welt wird dadurch unsicherer“

Die Beschlüsse der USA unter Trump, neben dem Einfrieren der Auslandshilfe auch ihr Rückzug aus der Weltgesundheitsorganisation in Genf, würden sich auf Milliarden von Dollar an jährlichen Finanzmitteln zur Bekämpfung von HIV, Malaria und anderen Bereichen der globalen Gesundheit auswirken, berichtet das Magazin Nature. Das werde Leben kosten und die globale Sicherheit bedrohen, sagen Forscher demnach. „Die Welt wird dadurch unsicherer“, so Peter Horby, ein Forscher für Infektionskrankheiten an der Universität Oxford, Großbritannien, gegenüber dem Magazin. Von 2000 bis 2021 hatte die Arbeit von USAID dazu beigetragen, 7,6 Millionen Todesfälle durch Malaria zu verhindern, so The Conversation. In Frage gestellt wäre nun auch die Arbeit von USAID bei der Entwicklung und Einführung des Malaria-Impfstoffs, der als Wendepunkt bei der Bekämpfung der Krankheit angesehen worden war.

„Es herrscht Chaos“, sagt auch ein HIV-Forscher in Afrika gegenüber Nature, der eine Klinik leitet, in der Tausende von Patienten behandelt werden und die von einem US-Programm mit der Bezeichnung President's Emergency Plan for AIDS Relief (PEPFAR) unterstützt wird, und der aus Angst vor Repressalien nicht genannt werden möchte. Mehr als 20 Millionen Menschen, vor allem in Afrika, darunter mehr als eine Million Kinder und Schwangere, erhalten laut Nature im Rahmen des 6,5 Milliarden US-Dollar schweren Programms antiretrovirale Medikamente. „Die Leute hatten keine Chance, alternative Finanzierungsmöglichkeiten zu finden, weil die Sache so plötzlich kam“, sagt Salim Abdool Karim, Direktor des Zentrums für das AIDS-Forschungsprogramm in Südafrika in Durban.

Die Trump-Administration hätte zwar eine Ausnahmeregelung für die Fortsetzung der „lebensrettenden humanitären Hilfe“ gewährt. Dazu gehörte das Programm, das 20 Millionen Menschen mit HIV/Aids den Zugang zu antiretroviralen Medikamenten ermöglicht. Die Zukunft der US-amerikanischen Aids-Organisation, des President's Emergency Plan for Aids Relief (PEPFAR), stünde jedoch in Frage, berichtet Natasha Lindstaedt, Professor an der Fakultät für Regierungslehre an der Universität Essex, in The Conversation.

In Südafrika habe es nur wenige Tage gedauert, bis die Auswirkungen der zahlreichen Durchführungsverordnungen von US-Präsident Donald Trump vergangene Woche spürbar wurden. Es gab schon jetzt Berichte über die Schließung von HIV-Kliniken, die Absage geplanter Schulungsprogramme und die Schließung von Trans-Gesundheitszentren, berichtete Journalist Morgan Morris im Nature-Magazin.

Abdool Karim hofft, dass in Südafrika, wo die Regierung den Großteil der HIV-Behandlung mit Hilfe von PEPFAR-Mitteln durchführt, die Auswirkungen der möglichen Behördenauflösung minimal wären. Aber in vielen anderen afrikanischen Ländern „wären die Auswirkungen katastrophal, wenn die PEPFAR-Dienste eingestellt würden. Die Regierungen können nicht einfach einspringen, um die Lücke zu schließen“.

Elon Musik war treibende Kraft

Trumps ursprünglichen Plänen zufolge sollte die Behörde ab dem Wochenende massiv abgewickelt werden, wie die Tagesschau berichtete. Bevor das Gericht einschritt, wollte die Regierung von US-Präsident Donald Trump die Zahl der Mitarbeiter von mehr als 10 000 auf nur noch knapp 300 reduzieren. Ein Gewerkschaftsvertreter bestätigte die entsprechenden Angaben aus US-Medienberichten. Der Sender NPR berichtete, dass US-Außenminister Marco Rubio eine Liste mit rund 600 Mitarbeitern vorgelegt worden sei, deren Arbeit weltweit als wesentlich erachtetet werde. Rubio habe jedoch weniger als 300 von der Freistellung ausgenommen.

Während USAID als unabhängige staatliche Agentur seit 1961 weltweit Programme in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Demokratieförderung und Zivilgesellschaft finanziert, bezeichnete Elon Musk sie als „Schlangennest von linksradikalen Marxisten, die Amerika hassen“. Der rechtskonservative Sender Fox News, der Trump und der republikanischen Partei nahesteht, behauptete, man sei auf Vorwürfe gestoßen, dass die Agentur angeblich terroristische Organisationen und chinesische Gruppen finanziert hätte. Der ehemalige USAID-Mitarbeiter Mark Moyar behauptete in Fox News, die Mitarbeiter seien darauf bedacht gewesen, „den Willen des Präsidenten in politischen Fragen zu untergraben“ und Steuergelder ins Ausland zu schicken, um DEI- und LGBT-Initiativen zu fördern.

Gegner von Trumps Politik weisen darauf hin, dass diese Korruptionsvorwürfe in weiten Teilen einer faktischen Grundlage zu entbehren scheinen. Das Weiße Haus hatte zum Beispiel behauptet, USAID habe über acht Millionen Dollar genutzt, um die Medienorganization Politico zu unterstützen. Wie die Washington Post aufzeigte, weisen Aufzeichnungen nach, dass von USAID nur 44 000 USD an Politico gingen.

Schadet auch US-Interessen

„Was Trumps Team missversteht, ist, dass die Arbeit von USAID auch für die Wahrung amerikanischer Interessen unerlässlich ist“, sagt Lindstaedt. „China, das seit 2013 mehr als eine Billion US-Dollar in Infrastrukturprojekte in Asien, Afrika, Europa und Lateinamerika investiert hat, erhält nun die Möglichkeit, weltweit mehr Einfluss auszuüben. Die Lücke in der US-Hilfe ist ein Geschenk für China im Kampf um Soft Power.“

Nicht nur werde eine Auflösung von USAID das Ende lebensrettender globaler Gesundheitsprogramme, von Frühwarnsysteme und Bemühungen um Ernährungssicherheit bedeuten - es werde auch eine Lücke entstehen, in die andere Länder einspringen können, sagte Andy Kim, Senator aus New Jersey, gegenüber der CNN. „Trumps Handlungen schwächen die globale Führungsrolle und den Einfluss der USA in einer Zeit, in der wir mit ernsten nationalen Sicherheitsbedrohungen konfrontiert sind“, so der Demokrat. „Trump öffnet unseren Konkurrenten und Gegnern die Tür.“

USAID sei nicht nur altruistisch, sondern diene auch nationalen Interessen, sagt auch George Ingram, ein Senior Fellow der Brookings Institution und ehemaliger USAID-Beamter unter der Clinton-Regierung gegenüber dem Sender. Die Behörde könne Märkte entwickeln, mit denen die USA Handel treiben können, und hätte auch dazu beigetragen, Länder stabiler zu machen, was wiederum die globale Migration eindämmen und verhindern könne, dass die USA in Konflikte in Übersee hineingezogen würden. Die USAID-Klimaprogramme hätten die Energiearmut bekämpft, aber auch gleiche Wettbewerbsbedingungen für US-Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien geschaffen, so Gillian Caldwell, ehemalige USAID-Klimabeauftragte, die die Behörde Ende Dezember verlassen hat, gegenüber CNN.

Für einige Experten ist die mögliche Auflösung von USAID ein Weckruf, berichtet Nature. Laut Angela Apeagyei, Assistenzprofessorin am Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) an der University of Washington (USA) und Autorin einer Studie über die Gesundheitsausgaben in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara im Jahr 2024, müssen die afrikanischen Länder letztlich unabhängiger von externen Gebern werden und „der inländischen Finanzierung des Gesundheitssektors und einer effizienten Verwaltung der öffentlichen Finanzen Priorität einräumen“.

In Namibia bekräftigte Ministeriumssprecher Walters Kamaya indes, dass Namibia seine Gesundheitsmaßnahmen trotz des Wegfalls der US-Hilfe fortsetzen werde. Er betonte, dass die USAID-Finanzierung lediglich eine ergänzende Ressource darstelle und auch so betrachtet werden müsse. „Mit oder ohne USAID werden wir weiterhin Gesundheitsdienste für unser Volk bereitstellen. Natürlich wird der Verlust spürbar sein, aber das kann keine Ausrede sein, um zu scheitern.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2025-03-26

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