Deutsche Museen wollen Raubkunst aus Kamerun zurückgeben
Dialogtreffen zwischen Deutschland und Kamerun in Stuttgart - Gespräche über Restitution
In Deutschland befinden sich etwa 40 000 Kulturgüter aus Kamerun – viele davon entstammen kolonialen Unrechtskontexten. Traditionelle Gemeinschaften in Kamerun fordern daher die Rückgabe ihrer Kunst- und Kulturgegenstände. In Stuttgart hat nun der Dialog darüber begonnen.
Von Katharina Moser, Frankfurt
Die Restitution von in Kolonialkontexten entwendeten Kulturgütern und Kunstgegenständen ist ein enorm wichtiger Bestandteil der Wiedergutmachung von kolonialem Unrecht, und ein zentraler Aspekt der post- und dekolonialen Debatte. Die Bedeutung und Dringlichkeit einer Auseinandersetzung mit der Rückgabe solcher Güter ist deutschen Museen und Verantwortlichen spätestens mit der Rückgabe erster Benin-Bronzen nach Nigeria bewusst geworden.
Im Linden-Museum Stuttgart hat nun vergangene Woche ein dreitägiges „Dialogtreffen: Kamerun und Deutschland“ über mögliche Wege der Rückgabe von Kulturgütern nach Kamerun und über eine nachhaltige Zusammenarbeit stattgefunden. Elf deutsche Museen der Weltkulturen, Delegierte des Interministeriellen Komitees für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter sowie Vertreter und Vertreterinnen traditioneller Königshäuser aus Kamerun beteiligten sich an dem Treffen. „Jedes einzelne dieser Objekte ist Teil der Seele unseres Volkes“, erzählt Bruno Mvondo, Vertreter des Fang Bèti-Clans aus Kamerun, in Stuttgart nach Berichten der Frankfurter Rundschau. Kamerun war von 1884 bis 1919 eine deutsche Kolonie. Bei den Objekten, um die sich der Austausch dreht, handelt es sich um Vasen und Skulpturen, Masken, Schmuck und religiöse Symbole – viele davon Raubkunst, die während der Kolonialzeit entwendet und nach Europa gebracht wurden.
„Dieser Dialog mit Kamerun ist ein elementarer Bestandteil der Aufarbeitung der deutschen Sammlungsbestände aus kolonialen Kontexten, der sich die deutschen Museen verpflichtet fühlen“, so das Linden-Museum Stuttgart. „Das Gespräch unter Beteiligung der offiziellen und der zivilgesellschaftlichen Seite soll hierbei breite Möglichkeiten der Verständigung eröffnen.“ Beteiligte Museen sind das Ethnologische Museum Berlin, das Grassi Museum für Völkerkunde zu Leipzig, das Landesmuseum Hannover, das Linden-Museum Stuttgart, das MARKK – Museum am Rothenbaum, Kulturen und Künste der Welt in Hamburg, das Museum Fünf Kontinente in München, das Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln, die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, das Städtische Museum Braunschweig, das Weltkulturen Museum in Frankfurt am Main und das Übersee-Museum Bremen.
Nach Angaben des Linden-Museums ist Deutschland im Besitz von etwa 40 000 Kulturgütern aus Kamerun, von denen viele während der deutschen Kolonialherrschaft auf unethische Weise in deutsche Museen gelangt sind. Verschiedene traditionelle Gemeinschaften in Kamerun fordern demnach die Rückgabe ihres Kulturgutes und haben Gespräche mit einzelnen Museen begonnen. Im Oktober haben erstmals Vertreter und Vertreterinnen des neu gegründeten nationalen „Interministeriellen Komitees für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter“ die Museen in Berlin, Bremen, München und Stuttgart besucht.
Bei dem Treffen ging es darum, die zentrale Rolle des Staates Kamerun im Prozess der Rückgabe von Kulturgütern zu bekräftigen, eine diesbezügliche Vorgehensweise, mit der das Interministerielle Komitee beauftragt wurde, vorzustellen und die kamerunische Strategie für die Rückführung von Kulturgütern zu präsentieren, so Rékia Nnunfu Ngeh, Delegationsleiterin aus dem Interministeriellen Komitee für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter. „Das Tempo im Rückgabeprozess wird von Kamerun gesetzt, nicht von Deutschland“, sagte Anna Bartels vom Auswärtigen Amt zu.
„Um ein gesamtdeutsches Vorgehen der Museen in dieser Frage zu ermöglichen, hat das Linden-Museum in Stuttgart – als Bewahrer der größten kamerunischen Sammlung in Deutschland – die Leitung einer Museumsgruppe übernommen, die aktiv diesen Dialog aufgreift und gemeinsam nach Wegen der Restitution und nachhaltiger Kooperation mit Kamerun sucht“, so das Linden-Museum. In dieser Museumsgruppe seien die deutschen Museen vertreten, die jeweils mehr als 500 kamerunische Objekte in ihren Sammlungen beherbergen. Durch das Dialogtreffen soll ein transparenter Dialog eingeleitet und „Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“ geschaffen werden.
„Der baden-württembergischen Landesregierung ist die Restitution von Kulturgütern aus kolonialem Kontext ein zentrales politisches Anliegen. Das begangene Unrecht bedauern wir zutiefst – hierfür übernehmen wir die historische Verantwortung“, sagte Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bei dem Treffen. Auch Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, bekräftigte: „Die Rückgabe von Kulturgütern aus deutschen Sammlungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit in Kamerun.“ Laut Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, lege die Verständigung erste Grundsteine für eine nachhaltige Kooperation mit Kamerun. „Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte im partnerschaftlichen Dialog mit den Herkunftsländern und -gesellschaften soll aus Sicht der Bundesregierung auch einen Beitrag für eine gemeinsame Zukunft zwischen Europa und Afrika leisten.“
Die Restitution sei nicht an Bedingungen geknüpft, sagt Museumsleiterin Inés de Castro. „Wir verlieren nicht nur, auch wenn es mal weh tut, etwas abzugeben. Wir profitieren auch. Wir gewinnen extrem viel durch den Austausch.“ Laut der Frankfurter Rundschau äußerten de Castro und andere Experten beim Treffen zudem die Hoffnung, dass viele Objekte in den deutschen Sammlungen bleiben können, etwa als Dauerleihgabe, in Ausstellungen oder durch Übereinkünfte mit rechtmäßigen Besitzern. Über Rückgaben entscheiden letztlich aber Bund und Länder.
Dem Dialogtreffen folgten in diesen Tagen Besuche der kamerunischen Delegation von Museen in Frankfurt, Köln, Hannover, Leipzig, Berlin und Hamburg.
Die Restitution von in Kolonialkontexten entwendeten Kulturgütern und Kunstgegenständen ist ein enorm wichtiger Bestandteil der Wiedergutmachung von kolonialem Unrecht, und ein zentraler Aspekt der post- und dekolonialen Debatte. Die Bedeutung und Dringlichkeit einer Auseinandersetzung mit der Rückgabe solcher Güter ist deutschen Museen und Verantwortlichen spätestens mit der Rückgabe erster Benin-Bronzen nach Nigeria bewusst geworden.
Im Linden-Museum Stuttgart hat nun vergangene Woche ein dreitägiges „Dialogtreffen: Kamerun und Deutschland“ über mögliche Wege der Rückgabe von Kulturgütern nach Kamerun und über eine nachhaltige Zusammenarbeit stattgefunden. Elf deutsche Museen der Weltkulturen, Delegierte des Interministeriellen Komitees für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter sowie Vertreter und Vertreterinnen traditioneller Königshäuser aus Kamerun beteiligten sich an dem Treffen. „Jedes einzelne dieser Objekte ist Teil der Seele unseres Volkes“, erzählt Bruno Mvondo, Vertreter des Fang Bèti-Clans aus Kamerun, in Stuttgart nach Berichten der Frankfurter Rundschau. Kamerun war von 1884 bis 1919 eine deutsche Kolonie. Bei den Objekten, um die sich der Austausch dreht, handelt es sich um Vasen und Skulpturen, Masken, Schmuck und religiöse Symbole – viele davon Raubkunst, die während der Kolonialzeit entwendet und nach Europa gebracht wurden.
„Dieser Dialog mit Kamerun ist ein elementarer Bestandteil der Aufarbeitung der deutschen Sammlungsbestände aus kolonialen Kontexten, der sich die deutschen Museen verpflichtet fühlen“, so das Linden-Museum Stuttgart. „Das Gespräch unter Beteiligung der offiziellen und der zivilgesellschaftlichen Seite soll hierbei breite Möglichkeiten der Verständigung eröffnen.“ Beteiligte Museen sind das Ethnologische Museum Berlin, das Grassi Museum für Völkerkunde zu Leipzig, das Landesmuseum Hannover, das Linden-Museum Stuttgart, das MARKK – Museum am Rothenbaum, Kulturen und Künste der Welt in Hamburg, das Museum Fünf Kontinente in München, das Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln, die Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, das Städtische Museum Braunschweig, das Weltkulturen Museum in Frankfurt am Main und das Übersee-Museum Bremen.
Nach Angaben des Linden-Museums ist Deutschland im Besitz von etwa 40 000 Kulturgütern aus Kamerun, von denen viele während der deutschen Kolonialherrschaft auf unethische Weise in deutsche Museen gelangt sind. Verschiedene traditionelle Gemeinschaften in Kamerun fordern demnach die Rückgabe ihres Kulturgutes und haben Gespräche mit einzelnen Museen begonnen. Im Oktober haben erstmals Vertreter und Vertreterinnen des neu gegründeten nationalen „Interministeriellen Komitees für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter“ die Museen in Berlin, Bremen, München und Stuttgart besucht.
Bei dem Treffen ging es darum, die zentrale Rolle des Staates Kamerun im Prozess der Rückgabe von Kulturgütern zu bekräftigen, eine diesbezügliche Vorgehensweise, mit der das Interministerielle Komitee beauftragt wurde, vorzustellen und die kamerunische Strategie für die Rückführung von Kulturgütern zu präsentieren, so Rékia Nnunfu Ngeh, Delegationsleiterin aus dem Interministeriellen Komitee für die Rückführung illegal ausgeführter Kulturgüter. „Das Tempo im Rückgabeprozess wird von Kamerun gesetzt, nicht von Deutschland“, sagte Anna Bartels vom Auswärtigen Amt zu.
„Um ein gesamtdeutsches Vorgehen der Museen in dieser Frage zu ermöglichen, hat das Linden-Museum in Stuttgart – als Bewahrer der größten kamerunischen Sammlung in Deutschland – die Leitung einer Museumsgruppe übernommen, die aktiv diesen Dialog aufgreift und gemeinsam nach Wegen der Restitution und nachhaltiger Kooperation mit Kamerun sucht“, so das Linden-Museum. In dieser Museumsgruppe seien die deutschen Museen vertreten, die jeweils mehr als 500 kamerunische Objekte in ihren Sammlungen beherbergen. Durch das Dialogtreffen soll ein transparenter Dialog eingeleitet und „Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“ geschaffen werden.
„Der baden-württembergischen Landesregierung ist die Restitution von Kulturgütern aus kolonialem Kontext ein zentrales politisches Anliegen. Das begangene Unrecht bedauern wir zutiefst – hierfür übernehmen wir die historische Verantwortung“, sagte Petra Olschowski, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bei dem Treffen. Auch Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, bekräftigte: „Die Rückgabe von Kulturgütern aus deutschen Sammlungen ist ein wesentlicher Bestandteil der Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit in Kamerun.“ Laut Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, lege die Verständigung erste Grundsteine für eine nachhaltige Kooperation mit Kamerun. „Eine vertiefte Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte im partnerschaftlichen Dialog mit den Herkunftsländern und -gesellschaften soll aus Sicht der Bundesregierung auch einen Beitrag für eine gemeinsame Zukunft zwischen Europa und Afrika leisten.“
Die Restitution sei nicht an Bedingungen geknüpft, sagt Museumsleiterin Inés de Castro. „Wir verlieren nicht nur, auch wenn es mal weh tut, etwas abzugeben. Wir profitieren auch. Wir gewinnen extrem viel durch den Austausch.“ Laut der Frankfurter Rundschau äußerten de Castro und andere Experten beim Treffen zudem die Hoffnung, dass viele Objekte in den deutschen Sammlungen bleiben können, etwa als Dauerleihgabe, in Ausstellungen oder durch Übereinkünfte mit rechtmäßigen Besitzern. Über Rückgaben entscheiden letztlich aber Bund und Länder.
Dem Dialogtreffen folgten in diesen Tagen Besuche der kamerunischen Delegation von Museen in Frankfurt, Köln, Hannover, Leipzig, Berlin und Hamburg.
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Allgemeine Zeitung
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