Die Evolution der Zahlen – Von der Steinzeit in die Gegenwart
Heute ist es für uns selbstverständlich, dass 1 + 1 = 2 ergibt, doch es ist eine Entwicklung die über Jahrtausende entstanden ist. Am Anfang waren es laut Historikern die Finger an der Hand, die beim Zählen halfen. Doch es waren und sind derer nur zehn, also was tun? Aus spartanischen Ansätzen entwickelten sich Ziffern und dann Zahlen, die auf unterschiedliche Weise interpretiert wurden, daraus Zahlensysteme und Rechenarten bis hin zur komplexen Mathematik. Es werde Zahl!
Fiktiv und doch real, die Anwendbarkeit unendlich und eines der wichtigsten Instrumente der Kommunikation sind unsere Zahlen. Durch das Zählen werden Dinge zuordbar, das erkannten die Menschen auch schon vor Tausenden von Jahren. Sie waren wichtig zum Beispiel zum Tauschen von Gegenständen. So gibt es Funde, die auf vor circa 68 000 Jahren datiert wurden. Die Neandertaler schufen in Höhlen abstrakte Zahldarstellungen wie senkrechte Striche – die mittlerweile als natürliche Zahlen unser Leben prägen. Es wird davon ausgegangen, dass die Menschen damals ihre Finger zum „Abzählen“ von Dingen einsetzten, was ein erhebliches Problem darstellte, denn die Anzahl ist begrenzt. Die Lösung waren Striche auf dem Boden oder auch Steine die ausgelegt wurden, wobei jeder Strich/Stein einen Gegenstand markierte.
Ein bemerkenswerter Fund ist der Ishango-Knochen, dessen Name auf das afrikanische Fischerdorf im Grenzgebiet zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Uganda zurückgeht. Dort wurde das Relikt auch entdeckt. Bei dem rund 20 000 Jahren alten Stück handelt es sich um einen zehn Zentimeter langen Tierknochen, der mit Kerben überzogen ist. Der Länge nach lassen sich drei Spalten unterscheiden. Eine weist Gruppen von 11, 21, 19 und 9 Kerben auf. In der zweiten sind es 3, 6, 4, 8, 10, 5, 5 und 7 Einschnitte. In der dritten Spalte folgen 11, 13, 17 und 19 Kerben. Die Zahlen geben Anlass zu vielerlei Spekulationen. Diente der Knochen als Rechenstab? Neben den Primzahlen die in den Spalten eins und drei zu finden sind, handelte es sich in der mittleren Gruppe um Verdoppelungen.
Die ersten Zahlensysteme im alten Ägypten datieren Historiker auf ca. 3 000 v. Chr., als zur Darstellung natürlicher Zahlen ein additives Zahlensystem zur Basis 10 Verwendung fand. Dort wurden bereits die Grundrechenarten der Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division betrieben. Für die ersteren beiden gab es besondere Schriftzeichen.
Darstellungsweisen
Allerdings wurde die Darstellung der Zahlen in den verschiedenen Kulturen und Völkern unterschiedlich interpretiert. So verwendeten die Babyloner zwei Keilschriftzeichen, zusammengesetzt aus waagerechten, senkrechten und schrägen Keilen, das rund 4 000 v. Chr. im vorderen Orient Verwendung fand. Hier konnten nur Einer, Zehner und Sechziger Werte dargestellt werden.
Die Griechen hingegen verwendeten sämtliche Buchstaben des Alphabets, um Einer, Zehner und Hunderter widerzuspiegeln. Die Römer begnügten sich mit weniger Zahlenzeichen, setzten aber die Form der Addition ein, um Werte zu charakterisieren. Die verwendeten Buchstaben wurden in Reihen angeordnet und dann in parallelen Kolonen platziert um Rechnen zu ermöglichen. Bei den Römern stand das „I“ für den Wert 1, das „V“ für die 5, das ,,X“ symbolisierte die 10, das „L“ stand für 60, „C“ für 100, „D“ hatte den Wert 500 und „M“ 1000. Auch die Darstellung eines Wertes war kompliziert. So wurde als Beispiel die Zahl 38 so XXXVIII dargestellt. Schriftliches Rechnen war auf diese Weise praktisch unmöglich, da die entsprechende Zahlenschrift fehlte.
Um Zählen einfacher zu gestalten, entwickelten die Ägypter ein Symbol für die zehn. zudem rechneten die Ägypter, wie auch die Babylonier, ab etwas 2000 v. Chr. mit Bruchzahlen, die heute als Rationale Zahlen bekannte Darstellung.
Vorläufer heutiger Ziffern
Erst Mitte des sechsten Jahrhunderts nach Christi entwickelte sich in Indien das System, das der Vorläufer unserer heutigen Ziffern ist. Hier tauchten erstmals die Zahlen 1 bis 9 auf und auch die 0, die anfänglich noch als Punkt notiert wurde, später dann als Kreis Anwendung fand. Von da an ließen sich beliebig große Zahlen darstellen, was auch die Art zu Rechnen wesentlich vereinfachte. Das uns heute bekannte Dezimalsystem war eingeführt. Die Araber übernahmen das indische System ca. im 8. Jahrhundert über die Handelswege und das System fand somit auch den Weg nach Europa.
Der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci (1170-1250) entdeckte und lernte die Methodik in der Stadt Bejaia in Algerien kennen. Der Einfluss seiner Arbeit führte dazu, dass das System in Europa übernommen wurde. Der Handel machte sich der Zählweise zunutze und über Schriften und Bücher verbreitete sich die neue Methode durch den europäischen Kolonialismus in die Welt. Allerdings verbreitete sich die Zähl- und Rechenweise zu Anfang nur zögerlich und traf Widerstand, denn das Problem bestand darin, dass arabische Zahlen sich als nicht fälschungssicher entpuppten und eine Null sich leicht in eine 6 oder 9 umwandeln ließen.
Der Siegeszug
Das führte auch dazu, dass die „Zähler von Florenz“, Personen die eine Reihe von Zählungen und Erfassungen wie Bevölkerung, Steuern, Güter und Bürger in der Stadt durchführten, den Stadthalter dazu veranlassten, die Verwendung neuer imaginärer Zahlen zu verbieten. Erst mit der Erfindung des Buchdrucks im 15 Jahrhundert, war der Siegeszug der arabischen Zahlen nicht mehr aufzuhalten.
Für die Mathematik, Physik oder auch die Astrologie sind die arabischen Zahlen Elementar. Komplexe Rechnungen wären mit römischen oder griechischen in der heutigen Zeit gar nicht mehr durchführbar. Zudem haben die Forschenden neben den natürlichen und rationalen Zahlen auch die sogenannten irrationalen Zahlen entdeckt. Hierzu gehört als bekanntestes Beispiel π. Diese Zahlen sind nicht als Bruch darstellbar, wie der griechische Mathematiker Euklid an der Ziffer 2 bewies. Der Mönch und Mathematiker Michael Stifel (1487–1567) erkannte, dass eine irrationale Zahl keine ganze und keine gebrochene Zahl sein könne. Die exakte Definition der irrationalen Zahlen gelang erst einigen deutschen Mathematikern im 19. Jahrhundert. Zu diesen drei Beispielen reihen sich eine Menge von anderen Zahlengruppen ein.
Auch wenn 1 1 = 2 für uns heute als das selbstverständlichste gilt, zeigte die Reise in der Zeit bis hin zum Anfang, dass es sich um weitaus mehr handelt als nur Mathematik. Es handelt sich vielmehr um das verschmelzen verschiedenster Kulturen und den Wissensaustausch über Jahrtausende. Dazu beigetragen haben Araber, Asiaten, Griechen, Römer und Europäer. Aus einfachem Zählen haben diese Forschenden die Mathematik geformt, wie wir sie heute kennen. Das von ihnen entwickelte arabische Zahlensystem revolutionierte die Mathematik. Sie legten den Grundstein für moderne Disziplinen wie Algebra, Geometrie und Arithmetik. Wir unterscheiden zwischen natürlichen, rationalen und irrationalen Zahlen und weiteren Zahlengruppen und Systemen. Diese Errungenschaften beeinflussen nicht nur die ganze Welt, sie sind auch die Grundlage für den Fortschritt.
Olaf Mueller
Quellen: Wikipedia, ETH Zürich, Matheretter, Spektrum der Wissenschaft, Integreat
Ein bemerkenswerter Fund ist der Ishango-Knochen, dessen Name auf das afrikanische Fischerdorf im Grenzgebiet zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Uganda zurückgeht. Dort wurde das Relikt auch entdeckt. Bei dem rund 20 000 Jahren alten Stück handelt es sich um einen zehn Zentimeter langen Tierknochen, der mit Kerben überzogen ist. Der Länge nach lassen sich drei Spalten unterscheiden. Eine weist Gruppen von 11, 21, 19 und 9 Kerben auf. In der zweiten sind es 3, 6, 4, 8, 10, 5, 5 und 7 Einschnitte. In der dritten Spalte folgen 11, 13, 17 und 19 Kerben. Die Zahlen geben Anlass zu vielerlei Spekulationen. Diente der Knochen als Rechenstab? Neben den Primzahlen die in den Spalten eins und drei zu finden sind, handelte es sich in der mittleren Gruppe um Verdoppelungen.
Die ersten Zahlensysteme im alten Ägypten datieren Historiker auf ca. 3 000 v. Chr., als zur Darstellung natürlicher Zahlen ein additives Zahlensystem zur Basis 10 Verwendung fand. Dort wurden bereits die Grundrechenarten der Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division betrieben. Für die ersteren beiden gab es besondere Schriftzeichen.
Darstellungsweisen
Allerdings wurde die Darstellung der Zahlen in den verschiedenen Kulturen und Völkern unterschiedlich interpretiert. So verwendeten die Babyloner zwei Keilschriftzeichen, zusammengesetzt aus waagerechten, senkrechten und schrägen Keilen, das rund 4 000 v. Chr. im vorderen Orient Verwendung fand. Hier konnten nur Einer, Zehner und Sechziger Werte dargestellt werden.
Die Griechen hingegen verwendeten sämtliche Buchstaben des Alphabets, um Einer, Zehner und Hunderter widerzuspiegeln. Die Römer begnügten sich mit weniger Zahlenzeichen, setzten aber die Form der Addition ein, um Werte zu charakterisieren. Die verwendeten Buchstaben wurden in Reihen angeordnet und dann in parallelen Kolonen platziert um Rechnen zu ermöglichen. Bei den Römern stand das „I“ für den Wert 1, das „V“ für die 5, das ,,X“ symbolisierte die 10, das „L“ stand für 60, „C“ für 100, „D“ hatte den Wert 500 und „M“ 1000. Auch die Darstellung eines Wertes war kompliziert. So wurde als Beispiel die Zahl 38 so XXXVIII dargestellt. Schriftliches Rechnen war auf diese Weise praktisch unmöglich, da die entsprechende Zahlenschrift fehlte.
Um Zählen einfacher zu gestalten, entwickelten die Ägypter ein Symbol für die zehn. zudem rechneten die Ägypter, wie auch die Babylonier, ab etwas 2000 v. Chr. mit Bruchzahlen, die heute als Rationale Zahlen bekannte Darstellung.
Vorläufer heutiger Ziffern
Erst Mitte des sechsten Jahrhunderts nach Christi entwickelte sich in Indien das System, das der Vorläufer unserer heutigen Ziffern ist. Hier tauchten erstmals die Zahlen 1 bis 9 auf und auch die 0, die anfänglich noch als Punkt notiert wurde, später dann als Kreis Anwendung fand. Von da an ließen sich beliebig große Zahlen darstellen, was auch die Art zu Rechnen wesentlich vereinfachte. Das uns heute bekannte Dezimalsystem war eingeführt. Die Araber übernahmen das indische System ca. im 8. Jahrhundert über die Handelswege und das System fand somit auch den Weg nach Europa.
Der italienische Mathematiker Leonardo Fibonacci (1170-1250) entdeckte und lernte die Methodik in der Stadt Bejaia in Algerien kennen. Der Einfluss seiner Arbeit führte dazu, dass das System in Europa übernommen wurde. Der Handel machte sich der Zählweise zunutze und über Schriften und Bücher verbreitete sich die neue Methode durch den europäischen Kolonialismus in die Welt. Allerdings verbreitete sich die Zähl- und Rechenweise zu Anfang nur zögerlich und traf Widerstand, denn das Problem bestand darin, dass arabische Zahlen sich als nicht fälschungssicher entpuppten und eine Null sich leicht in eine 6 oder 9 umwandeln ließen.
Der Siegeszug
Das führte auch dazu, dass die „Zähler von Florenz“, Personen die eine Reihe von Zählungen und Erfassungen wie Bevölkerung, Steuern, Güter und Bürger in der Stadt durchführten, den Stadthalter dazu veranlassten, die Verwendung neuer imaginärer Zahlen zu verbieten. Erst mit der Erfindung des Buchdrucks im 15 Jahrhundert, war der Siegeszug der arabischen Zahlen nicht mehr aufzuhalten.
Für die Mathematik, Physik oder auch die Astrologie sind die arabischen Zahlen Elementar. Komplexe Rechnungen wären mit römischen oder griechischen in der heutigen Zeit gar nicht mehr durchführbar. Zudem haben die Forschenden neben den natürlichen und rationalen Zahlen auch die sogenannten irrationalen Zahlen entdeckt. Hierzu gehört als bekanntestes Beispiel π. Diese Zahlen sind nicht als Bruch darstellbar, wie der griechische Mathematiker Euklid an der Ziffer 2 bewies. Der Mönch und Mathematiker Michael Stifel (1487–1567) erkannte, dass eine irrationale Zahl keine ganze und keine gebrochene Zahl sein könne. Die exakte Definition der irrationalen Zahlen gelang erst einigen deutschen Mathematikern im 19. Jahrhundert. Zu diesen drei Beispielen reihen sich eine Menge von anderen Zahlengruppen ein.
Auch wenn 1 1 = 2 für uns heute als das selbstverständlichste gilt, zeigte die Reise in der Zeit bis hin zum Anfang, dass es sich um weitaus mehr handelt als nur Mathematik. Es handelt sich vielmehr um das verschmelzen verschiedenster Kulturen und den Wissensaustausch über Jahrtausende. Dazu beigetragen haben Araber, Asiaten, Griechen, Römer und Europäer. Aus einfachem Zählen haben diese Forschenden die Mathematik geformt, wie wir sie heute kennen. Das von ihnen entwickelte arabische Zahlensystem revolutionierte die Mathematik. Sie legten den Grundstein für moderne Disziplinen wie Algebra, Geometrie und Arithmetik. Wir unterscheiden zwischen natürlichen, rationalen und irrationalen Zahlen und weiteren Zahlengruppen und Systemen. Diese Errungenschaften beeinflussen nicht nur die ganze Welt, sie sind auch die Grundlage für den Fortschritt.
Olaf Mueller
Quellen: Wikipedia, ETH Zürich, Matheretter, Spektrum der Wissenschaft, Integreat
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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