Zwei Tage im Kreuzverhör

Von Erwin Leuschner, Swakopmund

In dem Mordfall gegen Jandré Dippenaar am Regionalgericht in Swakopmund will dessen Anwalt, Advokat Louis Botes, mehrere Diskrepanzen in dem Unfallbericht, der von zwei Experten aus Südafrika verfasst worden war, aufgedeckt haben. Der Bericht war von dem Unfallrekonstruktionsexperten Johan Joubert und der technischen Fachkraft Martin Graham verfasst worden. Der qualifizierte Dieselmechaniker Graham untersuchte dabei den mechanischen Zustand der Fahrzeuge.

„Was war der Winkel des Zusammenstoßes?“ oder „Was war die Hauptschubkraftrichtung (principal direction of force)? oder „Kennen Sie die Newton Gesetze?“, beutelte Botes den Zeugen mit Fragen. Graham antwortete mehrfach, dass er kein Unfallrekonstruktionsexperte sei und diese Fragen an Joubert gerichtet werden sollten.

Joubert hatte bereits bei einem vorigen Gerichtstermin in diesem Fall ausgesagt und musste ebenfalls in einem mehrtägigen Kreuzverhör Rede und Antwort stehen.

„Sie (Graham) behaupten, zusammen mit Joubert einen Kursus an der Universität Stellenbosch anzubieten, doch Sie können diese Fragen nicht beantworten. Was unterrichten Sie dann eigentlich?“, fragte Botes. Graham erwiderte stets, dass er für die „mechanische Inspektion“ verantwortlich sei und lediglich dies unterrichte, während Joubert für die Messungen und Berechnungen verantwortlich sei.

„Wie können Sie dann behaupten, den Unfallhergang darlegen zu können?“, fragte Botes, worauf Graham antwortete: „Ich habe etliche Jahre Erfahrung und wenn man den Schaden von beiden Fahrzeugen in Betracht zieht, dann kann man sich schon ein Bild machen. Überhöhte Geschwindigkeit war ohne Frage im Spiel“, sagte er.

Botes warf Graham vor, den Unfall weder „sachlich, noch unabhängig“ untersucht und keine akkuraten Messungen vorgenommen zu haben. Zudem unterstellte er ihm, Beweise manipuliert zu haben. Beim letzteren Vorwurf hob Botes einen mehrere Meter langen Streifen am Straßenrand (scuff mark) hervor, den sowohl Graham als auch Joubert auf der rechten Seite neben der Fahrbahn (in Richtung Henties Bay) einige Meter vor dem Unfall erkannt haben wollen. Botes hielt Graham entgegen, dass dieser sogenannte „scuff mark“ nie existiert habe. „Das stimmt nicht. Dieser Streifen war deutlich zu sehen und führt direkt zur Unfallstelle“, entgegnete Graham.

Darüber hinaus sagte Botes, dass Graham weder „ordentliche Aufzeichnungen noch Aufnahmen“ von der Unfallstelle gemacht habe. Im letzteren Fall verwies Botes auf „wichtige Fotos“, die Graham nicht aufgenommen habe. Stattdessen habe er unwichtige Dinge fotografiert. So waren Aufnahmen eines Regenbogens zu sehen. „Ich mache viele Fotos von Allem“, erwiderte Graham.

Dippenaar, der seine Unschuld plädiert hatte, wird sechsfacher Mord vorgeworfen. Er soll am 29. Dezember 2014 zwischen Henties Bay und Swakopmund einen verheerenden Unfall verursacht haben, bei dem drei deutsche Touristen in ihrem Wagen und drei seiner eigenen namibischen Insassen umkamen.