Wohlstand – Ist Wirtschaftswachstum der falsche Weg?
Unlängst hat die namibische Statistikbehörde (Namibia Statistics Agency, NSA) das aktuelle Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP, veröffentlicht. Demnach befindet sich Namibia noch immer in einer Rezession. Doch wenn es nach dem südafrikanischen Wirtschaftsprofessor Lorenzo Fioramonti geht, ist Wirtschaftswachstum – wie wir es definieren – gar nicht erstrebenswert. Ziel des Wirtschaftens solle unser aller Wohlergehen sein, eine Wellbeing Economy. Kürzlich stellte er seine Thesen an der hiesigen Universität für Technik und Wissenschaft (Namibia University of Science and Technology, NUST) einem breiten Publikum aus Studenten und Vertretern aus Politik und Privatwirtschaft vor.
„Wachstum ist wie Sex“
Das Publikum lauschte aufmerksam, als Fioramonti mahnte, dass Wirtschaftswachstum, gemessen am BIP, ein politisches Mantra geworden sei. Erklären könnten es aber nur wenige Politiker, behauptete er. Dabei ist das Konzept simpel. Das BIP ist der summierte Wert aller produzierten Waren und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft. Einige Produzenten fügen der Umwelt dabei einen großen Schaden zu. Einen Abzug vom Bruttoinlandsprodukt gibt es dafür nicht. Hier setzt Fioramontis Kritik an. Diese Zerstörung sei das Gegenteil von Wachstum. In Fioramontis Worten: „Wachstum ist wie Sex – je mehr man danach strebt, desto weniger bekommt man.“
Fioramonti verdeutlichte dies anhand eines weiteren Vergleichs: Costa Rica habe die höchste Lebenserwartung auf dem nordamerikanischen Kontinent. Im BIP-Vergleich schlagen die USA den zentralamerikanischen Staat aber um Längen. Wie ist das möglich? „Die US-Amerikaner essen mehr Fast-Food, müssen häufiger zum Arzt und kaufen mehr Medikamente“, erklärte Fioramonti. „Der höhere Konsum trägt zum BIP-Wachstum bei.“
Die Wellbeing Economy
Die Kritik am Bruttoinlandsprodukt-Maß ist für viele Ökonomen ein alter Hut. Was hat Fioramontis Wellbeing Economy Neues zu bieten? Der Professor holt sein Smartphone hervor – ein Fairphone. „Man kann einzelne Teile auswechseln und sogar die Farbe selber wählen“, schwärmte der Professor. Maßanfertigung statt Massenproduktion ist seine Devise. Umweltzerstörung möchte er vermeiden, indem wir unsere Habseligkeiten wieder reparieren und regional produzieren. Weniger Produktion ließe den Menschen mehr Zeit sich wieder umeinander zu kümmern. Die Wellbeing Economy ist eine Revolution der ganzen Gesellschaft.
In seiner Wirtschaftskritik schoss Fioramonti in machen Beispielen allerdings übers Ziel hinaus. 20 Gramm Gold würden wir mit jedem Smartphone wegwerfen und Deutschland würde schon heute 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien produzieren, behauptete er fälschlicherweise. Einspruch aus dem Publikum gab es für andere Punkte. „Das ist doch eine Utopie. Wie soll man diesen Wohlstand denn messen?“, beanstandete ein junger Mann. Dem südafrikanischen Ökonom zufolge gibt es zahlreiche Alternativen: Man könnte nur die umweltfreundliche Produktion messen oder anhand von Umfragen gleich das Wohlergehen der Gesellschaft.
Die Zuhörer applaudierten für die Wellbeing Economy. Bleibt es trotzdem eine Utopie? Wenn es nach Fioramonti geht, nicht. Mit seinem Buch „Wellbeing Economy“ liefert er bereits ein Umbruchmanifest. Die Vorlesung am Abend des 28. Juni wurde von der Economic Association of Namibia (EAN) zusammen mit der NUST organisiert.
Roland Lindenblatt
„Wachstum ist wie Sex“
Das Publikum lauschte aufmerksam, als Fioramonti mahnte, dass Wirtschaftswachstum, gemessen am BIP, ein politisches Mantra geworden sei. Erklären könnten es aber nur wenige Politiker, behauptete er. Dabei ist das Konzept simpel. Das BIP ist der summierte Wert aller produzierten Waren und Dienstleistungen einer Volkswirtschaft. Einige Produzenten fügen der Umwelt dabei einen großen Schaden zu. Einen Abzug vom Bruttoinlandsprodukt gibt es dafür nicht. Hier setzt Fioramontis Kritik an. Diese Zerstörung sei das Gegenteil von Wachstum. In Fioramontis Worten: „Wachstum ist wie Sex – je mehr man danach strebt, desto weniger bekommt man.“
Fioramonti verdeutlichte dies anhand eines weiteren Vergleichs: Costa Rica habe die höchste Lebenserwartung auf dem nordamerikanischen Kontinent. Im BIP-Vergleich schlagen die USA den zentralamerikanischen Staat aber um Längen. Wie ist das möglich? „Die US-Amerikaner essen mehr Fast-Food, müssen häufiger zum Arzt und kaufen mehr Medikamente“, erklärte Fioramonti. „Der höhere Konsum trägt zum BIP-Wachstum bei.“
Die Wellbeing Economy
Die Kritik am Bruttoinlandsprodukt-Maß ist für viele Ökonomen ein alter Hut. Was hat Fioramontis Wellbeing Economy Neues zu bieten? Der Professor holt sein Smartphone hervor – ein Fairphone. „Man kann einzelne Teile auswechseln und sogar die Farbe selber wählen“, schwärmte der Professor. Maßanfertigung statt Massenproduktion ist seine Devise. Umweltzerstörung möchte er vermeiden, indem wir unsere Habseligkeiten wieder reparieren und regional produzieren. Weniger Produktion ließe den Menschen mehr Zeit sich wieder umeinander zu kümmern. Die Wellbeing Economy ist eine Revolution der ganzen Gesellschaft.
In seiner Wirtschaftskritik schoss Fioramonti in machen Beispielen allerdings übers Ziel hinaus. 20 Gramm Gold würden wir mit jedem Smartphone wegwerfen und Deutschland würde schon heute 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien produzieren, behauptete er fälschlicherweise. Einspruch aus dem Publikum gab es für andere Punkte. „Das ist doch eine Utopie. Wie soll man diesen Wohlstand denn messen?“, beanstandete ein junger Mann. Dem südafrikanischen Ökonom zufolge gibt es zahlreiche Alternativen: Man könnte nur die umweltfreundliche Produktion messen oder anhand von Umfragen gleich das Wohlergehen der Gesellschaft.
Die Zuhörer applaudierten für die Wellbeing Economy. Bleibt es trotzdem eine Utopie? Wenn es nach Fioramonti geht, nicht. Mit seinem Buch „Wellbeing Economy“ liefert er bereits ein Umbruchmanifest. Die Vorlesung am Abend des 28. Juni wurde von der Economic Association of Namibia (EAN) zusammen mit der NUST organisiert.
Roland Lindenblatt
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Allgemeine Zeitung
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