Wo einst der Fuß des Kriegers trat, wächst heut der schönste Kopfsalat (Teil 31)
Voodoo, fester Bestandteil des Lebens
Immer wieder reibt sich Onesmus die Hände. Sie sind schon ganz schrumpelig vom vielen Waschen. Sein Körper zittert, seine Augen blicken wirr. „Sie kommen nachts und würgen mich“, sagt er. „Sie sagen, meine Hände seien schmutzig, da klebt das Blut Jesu Christi dran.“ Wer sind sie, Onesmus? „Die anderen“, stammelt er.
Wir schreiben das Jahr 2013 und der junge Namibier aus dem Ovamboland befindet sich in einem Teufelskreis. Der Medizinmann seines Heimatdorfes habe ihn gewarnt, „sie“ kämen ihn holen. Der Pastor seiner Glaubensgemeinschaft in Mondesa, einem Stadtteil der Küstenstadt Swakopmund, verspricht ihm, er werde durch viel Waschen und Beten gereinigt und vom bösen Omen erlöst. Doch Onesmus sieht das Blut an seinen Fingern kleben, und weil „sie“ nachts kommen, hat er schon seit Tagen kein Auge mehr zugemacht.
Ob Voodoo-Zauber, Wahrsager, Hexen, Glücksbringer oder Mondglaube, das Unerklärliche fasziniert den Menschen schon seit Urzeiten, kann aber auch für Angst und Schrecken sorgen.
„In dieser Stinkbank (die Swakopmündung) kann kein Mensch leben. Wir werden bald alle tot sein“, vermerkt im Jahr 1892 der Schutztruppler Heinrich Gathemann in seinem Tagebuch. „Von alters her war überliefert, dass am großen Wasser einst viele Menschen gewohnt haben“, schreibt er, „sie haben ihre Nahrung aus dem Wasser geholt, da sie in der Wüste nichts zu essen finden konnten. Diese am Wasser wohnenden Menschen seien ganz plötzlich in einer Nacht vom Wasser verschlungen worden.“ Gathemann, der dem Hauptmann Curt von Francois zur Hafensuche für den Aufbau der Kolonie Deutsch-Südwestafrika zugeteilt worden ist, muss ganze Arbeit leisten, um afrikanische Arbeiter zu diesem Treck nach Swakopmund zu überreden. Die Frauen wollen ihre Männer nicht ziehen lassen, Swakopmund bringe den sicheren Tod, heißt es.
„Alle glaubten fest daran, auch einige Soldaten“, berichtet Gathemann. „Als bald darauf die ersten Anzeichen einer Krankheit sich zeigten, die manche lange ans Lager fesselte – asthmatische Anfälle – sah man es als Beweis an, dass die Stinkbank nun bald sein Opfer fordern wird.“ Und er notiert weiter, dass „jede Nacht von der Seeseite her die Geister der Verstorbenen ans Land kommen und tanzen und singen, im Südwestwind sich tummeln und alle Menschen, die in den Trubel hineingeraten, ließen die Geister nicht wieder los.“ Nur der stärkere Landwind sei Herr über die Geister, der treibe sie immer wieder in die See zurück. Ferner war von einer im Wasser wohnenden Gestalt mit vielen Armen die Rede, die den Badenden umschlingt und mit in die Tiefe reißt.
Bisher haben das große Wasser und das Ungeheuer darin die Menschen von Swakopmund noch nicht verschluckt, allerdings hat sich der Aberglaube auch nicht gelegt. Die Geisterfurcht bleibt – wie überall auf der Welt – auch hier weiterhin fester Bestandteil des Lebens.
So berichtet Georg Wasserfall von der Deutsch-Südwestafrikanischen Zeitung am 29. Juli 1902 vom Tod eines zu der Bootsmannschaft der Woermann-Line gehörigen „Krujungen“. „Kürzlich nun erklärten die sämtlichen Krujungen, sie wollten in dem Hause, das sie alle zusammen bewohnten und in dem ihr Landsmann gestorben war, nicht länger bleiben. Der Tote gehe nachts im Hause um.“ Nur wenn ihr „Master“, der am Strande die Landungsarbeiten leite, sich bereit erkläre, des Nachts bei ihnen zu bleiben, würde der Geist nicht kommen, vor ihm habe er Furcht. „Es blieb nichts anderes übrig, als dass der gefürchtete ‚Master‘ eines Nachts in dem Hause der Schwarzen sein Lager aufschlug“, schreibt Wasserfall. „Der Geist ließ sich denn auch wirklich nicht blicken und die Jungen, die mit Messern oder Beilen bewaffnet, in ihre Decken gekrochen waren, konnten ruhig schlafen.“ Allerdings kann die Unruhe des Toten vielleicht auch darauf zurückzuführen sein, „dass sie bei seinem Begräbnis nicht die genügende Feierlichkeit entwickelt und nicht genug getrunken hätten. Das Letzte ließ sich denn ja noch einigermaßen nachholen.“
Wer nun über diese Begebenheiten schmunzelt und die magischen Methoden als typisch für den Afrikaner abwinkt, wird hier an die Magie in Form von Voodoo-Zauber erinnert, die zum Beispiel heute noch im Swakopmunder Souvenirladen „Peter‘s Antiques“ sehr kraftvoll und äußerst effektiv praktiziert wird und auch den Europäer beeinflusst. Der damalige Besitzer Peter Haller war der Meinung, dass sein Laden mit afrikanischer Zauberkraft besser geschützt sei als durch einen hochmodernen Sicherheitsmodus. Haller hatte auf vielen seiner Geschäftsreisen im Caprivi einen Medizinmann kennengelernt, der bereit war, das Geschäft mit Hilfe seiner Magie zu verzaubern. Mit Erfolg. Einige Briefe, denen Geld beigelegt war, gelten als Beweise. Darin schreiben die Verfasser u. a., dass sie eine Kleinigkeit aus dem Laden haben mitgehen lassen und nun vom Pech verfolgt würden. Mit dem Geld wollten sie sich vom Zauber freikaufen.
Und auch die „weiße Frau vom Langstrand“ will so mancher schon gesehen haben, sich richtig dazu äußern mag sich allerdings keiner. Angeblich soll einst eine attraktive Blondine auf dem Weg von Walvis Bay nach Swakopmund am Langstrand mit ihrem Wagen schwer verunglückt sein. Es wird gemunkelt, sie habe ihren Liebhaber besucht. Noch bevor sie am Unfallort verstarb, habe sie wohl geläutert gesagt: „Ich werde immer wieder zurückkommen und Männer sowie Frauen an ihren ehelichen Treueschwur erinnern.“
Wir schreiben das Jahr 2013 und der junge Namibier aus dem Ovamboland befindet sich in einem Teufelskreis. Der Medizinmann seines Heimatdorfes habe ihn gewarnt, „sie“ kämen ihn holen. Der Pastor seiner Glaubensgemeinschaft in Mondesa, einem Stadtteil der Küstenstadt Swakopmund, verspricht ihm, er werde durch viel Waschen und Beten gereinigt und vom bösen Omen erlöst. Doch Onesmus sieht das Blut an seinen Fingern kleben, und weil „sie“ nachts kommen, hat er schon seit Tagen kein Auge mehr zugemacht.
Ob Voodoo-Zauber, Wahrsager, Hexen, Glücksbringer oder Mondglaube, das Unerklärliche fasziniert den Menschen schon seit Urzeiten, kann aber auch für Angst und Schrecken sorgen.
„In dieser Stinkbank (die Swakopmündung) kann kein Mensch leben. Wir werden bald alle tot sein“, vermerkt im Jahr 1892 der Schutztruppler Heinrich Gathemann in seinem Tagebuch. „Von alters her war überliefert, dass am großen Wasser einst viele Menschen gewohnt haben“, schreibt er, „sie haben ihre Nahrung aus dem Wasser geholt, da sie in der Wüste nichts zu essen finden konnten. Diese am Wasser wohnenden Menschen seien ganz plötzlich in einer Nacht vom Wasser verschlungen worden.“ Gathemann, der dem Hauptmann Curt von Francois zur Hafensuche für den Aufbau der Kolonie Deutsch-Südwestafrika zugeteilt worden ist, muss ganze Arbeit leisten, um afrikanische Arbeiter zu diesem Treck nach Swakopmund zu überreden. Die Frauen wollen ihre Männer nicht ziehen lassen, Swakopmund bringe den sicheren Tod, heißt es.
„Alle glaubten fest daran, auch einige Soldaten“, berichtet Gathemann. „Als bald darauf die ersten Anzeichen einer Krankheit sich zeigten, die manche lange ans Lager fesselte – asthmatische Anfälle – sah man es als Beweis an, dass die Stinkbank nun bald sein Opfer fordern wird.“ Und er notiert weiter, dass „jede Nacht von der Seeseite her die Geister der Verstorbenen ans Land kommen und tanzen und singen, im Südwestwind sich tummeln und alle Menschen, die in den Trubel hineingeraten, ließen die Geister nicht wieder los.“ Nur der stärkere Landwind sei Herr über die Geister, der treibe sie immer wieder in die See zurück. Ferner war von einer im Wasser wohnenden Gestalt mit vielen Armen die Rede, die den Badenden umschlingt und mit in die Tiefe reißt.
Bisher haben das große Wasser und das Ungeheuer darin die Menschen von Swakopmund noch nicht verschluckt, allerdings hat sich der Aberglaube auch nicht gelegt. Die Geisterfurcht bleibt – wie überall auf der Welt – auch hier weiterhin fester Bestandteil des Lebens.
So berichtet Georg Wasserfall von der Deutsch-Südwestafrikanischen Zeitung am 29. Juli 1902 vom Tod eines zu der Bootsmannschaft der Woermann-Line gehörigen „Krujungen“. „Kürzlich nun erklärten die sämtlichen Krujungen, sie wollten in dem Hause, das sie alle zusammen bewohnten und in dem ihr Landsmann gestorben war, nicht länger bleiben. Der Tote gehe nachts im Hause um.“ Nur wenn ihr „Master“, der am Strande die Landungsarbeiten leite, sich bereit erkläre, des Nachts bei ihnen zu bleiben, würde der Geist nicht kommen, vor ihm habe er Furcht. „Es blieb nichts anderes übrig, als dass der gefürchtete ‚Master‘ eines Nachts in dem Hause der Schwarzen sein Lager aufschlug“, schreibt Wasserfall. „Der Geist ließ sich denn auch wirklich nicht blicken und die Jungen, die mit Messern oder Beilen bewaffnet, in ihre Decken gekrochen waren, konnten ruhig schlafen.“ Allerdings kann die Unruhe des Toten vielleicht auch darauf zurückzuführen sein, „dass sie bei seinem Begräbnis nicht die genügende Feierlichkeit entwickelt und nicht genug getrunken hätten. Das Letzte ließ sich denn ja noch einigermaßen nachholen.“
Wer nun über diese Begebenheiten schmunzelt und die magischen Methoden als typisch für den Afrikaner abwinkt, wird hier an die Magie in Form von Voodoo-Zauber erinnert, die zum Beispiel heute noch im Swakopmunder Souvenirladen „Peter‘s Antiques“ sehr kraftvoll und äußerst effektiv praktiziert wird und auch den Europäer beeinflusst. Der damalige Besitzer Peter Haller war der Meinung, dass sein Laden mit afrikanischer Zauberkraft besser geschützt sei als durch einen hochmodernen Sicherheitsmodus. Haller hatte auf vielen seiner Geschäftsreisen im Caprivi einen Medizinmann kennengelernt, der bereit war, das Geschäft mit Hilfe seiner Magie zu verzaubern. Mit Erfolg. Einige Briefe, denen Geld beigelegt war, gelten als Beweise. Darin schreiben die Verfasser u. a., dass sie eine Kleinigkeit aus dem Laden haben mitgehen lassen und nun vom Pech verfolgt würden. Mit dem Geld wollten sie sich vom Zauber freikaufen.
Und auch die „weiße Frau vom Langstrand“ will so mancher schon gesehen haben, sich richtig dazu äußern mag sich allerdings keiner. Angeblich soll einst eine attraktive Blondine auf dem Weg von Walvis Bay nach Swakopmund am Langstrand mit ihrem Wagen schwer verunglückt sein. Es wird gemunkelt, sie habe ihren Liebhaber besucht. Noch bevor sie am Unfallort verstarb, habe sie wohl geläutert gesagt: „Ich werde immer wieder zurückkommen und Männer sowie Frauen an ihren ehelichen Treueschwur erinnern.“
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen