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Wo einst der Fuß des Kriegers trat, wächst heut der schönste Kopfsalat (Teil 10)

Wiebke Schmidt
Weihnachten. Das Fest der Liebe und Besinnlichkeit. In Deutsch-Südwestafrika besinnen sich die Junggesellen, dass es ihnen an Liebe mangelt. In freudiger Erwartung rücken sie daher näher zusammen, kommen sogar aus dem Inland an die Küste, denn im Hotel „Zum Fürsten Bismarck“ in Swakopmund sind die „Weihnachtspakete“ aus der Heimat angekommen.

Das besagte Hotel mit dem vornehmen Namen ist im Jahr 1895 nichts anderes als ein kleiner Holzschuppen. Von Otto Erhard errichtet und Joseph Bahr geführt, besteht die kleine Gastwirtschaft anfangs lediglich aus einer Bretterbude ohne richtiges Dach, „weil es ja eh nie in Swakopmund regnet“, meint der Eigentümer. Weitere anliegende Holzverschläge mit schönem weißem Strandsand als Zimmerteppich stehen den Gästen als Hotelzimmer zur Verfügung. Durch die Ritzen der Bretterwand pfeift der kalte Südwestwind, und nachts hüllt der Nebel die Behausung ein.

In diesem Hotel werden in den Anfangsjahren und oftmals kurz vor der Festzeit die sogenannten „Weihnachtspakete“ aus Deutschland untergebracht. Es handelt sich hierbei um heiratsfähige Waisenmädchen, für einsame Siedler bestimmt. Vor Ort herrscht nämlich ein eklatanter Mangel an weißer Weiblichkeit. Mit dem Versprechen auf Lohn und Brot lockt die Deutsche Kolonialgesellschaft hunderte junge Frauen ins Land und will damit die Heirat zwischen den deutschen Soldaten oder Siedlern mit dunkelhäutigen Einheimischen unterbinden. Die Kolonie brauche Bauernfamilien und weißen Nachwuchs zur Besiedlung des Landes, fordert das Kaiserreich. Die jungen Mädchen hoffen natürlich nicht nur auf einen Erwerb, sondern auch auf kuschelige Verlässlichkeit.

Die ersten Frauen, die zwecks Eheverkupplung mit einem der Dampfer der Woermann-Linie in die Kolonie verschickt werden, kommen direkt am Strand unter die Haube. Der Windhuker Anzeiger gibt am 2. März 1898 bekannt: „Von den jungen Mädchen, die hierher gereist sind um Stellungen anzunehmen, haben sich einige bereits verlobt“, sodass das Gouvernement überlegt, „ob man bald Ersatz wünscht aus der Heimat“. Auch andere Ansiedler-Familien können jetzt berücksichtigt werden, da der Kolonialgesellschaft für dieses Jahr noch reichlich Mittel zur Bestreitung der Reisekosten für die jungen Mädchen zur Verfügung stehen, die nach Südwest übersiedeln möchten.“

Die Deutsche Kolonialgesellschaft bewilligt den weiblichen Personen eine freie Überfahrt dritter Klasse oder einen Zuschuss zu den Ausreisekosten zweiter Klasse in Höhe von 150 Mark. „Wir haben keinen Grund daran zu zweifeln, dass die Mädchen sich nun auch der Fürsorge wert zeigen werden (…). Mancher Deutsche, der sich sonst vielleicht an eine Eingeborene verloren hätte, wird gewiss die Gelegenheit benutzen und eine deutsche Frau heimführen“, behauptet die Zeitung.

Die Männer, die sich bei Ankunft der Weihnachtsschiffe gerade in Swakopmund aufhalten, haben das Privileg. „Laut meines Großvaters Tagebuch standen die Männer oben im Ausguck vom Damaraturm und überblickten das Ausschiffen dieser Jungfrauen“, weiß die Swakopmunderin Gaby Tirronen-Henrichsen zu berichten. Erster Augenkontakt also mittels Fernrohr. Kaum hätten die jungen Mädchen am Strand oder später auf dem Pier endlich wieder festen Boden unter den Füßen gehabt, gaben die raubeinigen Bewerber den Ton an. „Nimm du die Rothaarige, du stehst doch auf Rot, ich nehme dafür die Schlanke mit den blonden Haaren“, oder „die kleine Pummelige, die ist so recht nach meinem Geschmack.“ So in etwa habe es sich zugetragen.

Wortkarg packt der nach Zuwendung suchende Siedler seine ahnungslose Auserwählte bei der Hand und ab geht’s. Endlich hat er eine Frau im Haus. Für viele dieser jungen Mädchen endet das erste Rendezvous mit Bestürzung in einer der zusammengezimmerten Baracken von Swakopmund, die anderen klammern sich auf dem Sitz des Ochsenwagens fest und schaukeln, der Sinne beraubt, durch die Einöde ihrem Schicksal entgegen.

Dass die Frauen und Mädchen nicht nur sittlich rein sind, sondern auch tüchtig mit anpacken können, dafür sorgt ab 1907 in Deutschland Hedwig Heyl, die Mitbegründerin und langjährige Vorsitzende des „Frauenbunds der Deutschen Kolonial-Gesellschaft“. „Hedwig Heyl habe es als ihre wichtigste Aufgabe bezeichnet in der Heimat ‚Frauen und Mädchen‘ auszusuchen und diese als ‚geeignetes Mädchen-Material‘ für Kolonisten im Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika anzuwerben“, schreibt der Journalist Golf Dornseif in seiner Nachforschung „Dienstmädchen-Schicksale in Südwest“. „Um den Export armer Mädchen ohne Zukunftsperspektive zu forcieren, richtete man auch Kolonialfrauenschulen in Bad Weilbach bei Wiesbaden und Witzenhausen bei Kassel ein“, recherchiert er.

Es ist ein Heiratsmarkt, der einem Kuhhandel gleicht. Doch eine neue Bestimmung soll den Mädchen wenigstens eine „Dreitage-Bedenkzeit“ einräumen. Die jungen Frauen dürfen somit gleich nach Ankunft – erst einmal am Mann vorbei – in die Holzverschläge des Hotels „Zum Fürsten Bismarck“ ziehen. Zimmer mit Strandsand. Feuchtigkeitspackungen auf Haut und Haar in Form von Nebel, der, wenn nicht der Südwestwind fegt, durch sämtliche Ritzen kriecht. Eine längere Bedenkzeit ist da kaum nötig. Wo sollen die Waisenfrauen denn auch hin, wenn nicht unter die Haube?

Es wird erzählt, dass angeblich eine junge Frau hoffnungsvoll ein schönes weißes Brautkleid im Gepäck hatte, das sie am Tage der Entscheidung auch anzieht. Als sie sich auf den Weg zur Barstube begibt, wo der Bräutigam sich seit drei Tagen bei Bier und Schnaps ungeduldig mit Tresen-Kumpel austauscht, soll sich noch im Hotelflur der weiße Saum vom Hochzeitskleid schwarz gefärbt haben. Tausende von Sandflöhen hüpfen aus dem Sand auf das Kleid und begleiten das Paar zum Traualtar.

Bis Ende 1912 sind durch die Deutsche Kolonialgesellschaft 701 Ehefrauen, Bräute, Schwestern von Ansiedlern, 468 Kinder und 521 Dienstmädchen ins Schutzgebiet ausgewandert, berichtet am 4. Februar 1913 die Zeitung.

Während des Zweiten Weltkriegs, als viele Swakopmunder Männer ein tristes Leben in den Internierungscamps führen, organisiert der Wirt in dem inzwischen solide gebauten Hotel „Zum Fürsten Bismarck“ an der Ecke Bismarck-/Kaiser-Wilhelm-Straße (der heutigen Sam-Nujoma-Avenue) jeden Donnerstagabend einen Tanzabend mit einer Dreimannkapelle und einem echten Tanzparkett. Ein lispelnder Sänger sorgt für Stimmung und Heiterkeit, ganz im Sinne einiger zurückgelassener Frauen. Bedauerlicherweise gibt es auch immer Neider, die am Tanzabend mit Absicht durchs Fenster spitzeln, um danach per Brief zu petzen.

Auch in den 70er Jahren ist das „Fürst Bismarck“ eine beliebte Kneipe. Die Kellerbar wird Treffpunkt junger Kerle. Zum Leid vieler Väter, die sich wahrscheinlich noch zu gut an ihre eigenen Sturm- und Drangzeiten erinnern. „Mensch Junge, was willst du denn an dieser muffigen Theke? Da kommt doch die Sickergrube von nebenan als Salpeter durch die Wand.“

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Allgemeine Zeitung 2024-04-26

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