Wissenschaft, die Wissen schafft
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Wissenschaft, die Wissen schafft

Wiebke Schmidt
Aus dem Fundus der Sam-Cohen-Bibliothek der Wissenschaftlichen Gesellschaft Swakopmund, heute: „Der Spion, der aus Ramansdrift kam“ von H.R. Schneider-Waterberg (Okosongomingo, 2012); erschienen in „Nachrichten“ der Wissenschaftlichen Gesellschaft Swakopmund (Heft 1/13), ausgesucht von François Hartz (2/4).

Scotlands neue Beweglichkeit war auch zur Zufriedenheit der südafrikanischen britischen Behörden aufgefallen. So kurz nach dem Burenkrieg, in welchem deutsche Sympathien meist bei den Buren gelegen hatten - auch von Quitzow hatte auf Seiten der Buren gekämpft -, wollte man in Kapstadt gern etwas mehr über deutsche Bewaffnung, Truppenstärken, Burenfreiwillige und Ähnliches, so nahe an der Grenze, erfahren. Bald berichtete Scotland bei seinen Besuchen in Kapstadt vertraulich dem Premier der Kapprovinz, Dr. Sir Leander Starr Jameson, und später auch dem Verteidigungsminister, General Jan Christiaan Smuts, darüber. Nicht von ungefähr wurde überdies der Vertreter des britischen geheimen Nachrichtendienstes ein interessierter Abnehmer für Scotlands geheime Berichte. Scotland wurde unterdessen von Dr. Jameson persönlich zum „Permit-Officer“ für die Kap-Regierung befördert und hatte nun mit seinen mehrfachen Funktionen eine Schlüsselstellung inne.

Oberleutnant von Quitzow hatte Scotland anfangs gleich geraten, so schnell und so gut wie möglich Deutsch zu lernen, um seinem Dienst u.a. als „Liebesgaben-Offizier“ besser nachgehen zu können und um seine Truppen-Karriere zu fördern. Als 1906 das Oberkommando mit dem Stab der kaiserlichen Schutztruppe und dem dort attachierten britischen Major Wade im Nama-Feldzug den Süden des Landes besuchte, hatte auch Wade die Wichtigkeit guter deutscher Sprachkenntnisse für Scotlands Zukunft „im Dienst seinen Landes Britannien“ hervorgehoben. Er lobte bei dieser Gelegenheit auch Scotlands, ihm bereits bekannte, Berichterstattung in Kapstadt: „We’ve heard all about you, Scotland!“

Scotland, alias Gefreiter Schottland, nahm sich die doppelte Aufforderung zu Herzen. Er machte sich das Studium des Deutschen und der Deutschen zu einer Lebensaufgabe.

Obgleich er während des Kolonialkrieges bei der Bedeckung seiner Warentransporte an mehreren Gefechten gegen die Nama teilgenommen hatte, legte er auf gute Beziehungen auch zu ihnen großen Wert. Somit erwarb er sich das Vertrauen aller vier Gruppen seines Umgangs: der Deutschen, der Nama, der Südafrikaner und des britischen Nachrichtendienstes. Als für die entscheidenden Friedensverhandlungen des Oberst von Estorff mit den Nama im Dezember 1906 der deutsche Parlamentär Pater Malinowski den Namaführer Johannes Christian nicht finden konnte, holte Scotland ihn aus seinem Versteck an den Verhandlungstisch.

Nach der Unterzeichnung des Friedens von Ukamas, Weihnachten 1906, und der Beendigung des Krieges am 1. April 1907 wurde der Gefreite Scotland mit dem preußischen Roter-Adler-Orden dekoriert und als Schutztruppler ausgemustert. Er weitete seine Aktivitäten aus, zog nach Keetmanshoop und verkehrte auch weiter im Offizierskasino. Er lernte prominente deutsche Besucher kennen, u.a. den Staatssekretär Dr. Hjalmar Schacht, und nahm an der Entwicklung der Diamantenfunde bei Lüderitzbucht teil. Durchgehend jedoch pflegte er den Umgang mit der deutschen Gemeinschaft und Truppe.

Allerdings waren mittlerweile das viele Fotografieren und die Umtriebe des Herrn Schottland gewissen Kreisen aufgefallen. Seine Wohnung wurde durchsucht und obwohl man nichts Verdächtiges fand, ließ Gouverneur Dr. Seitz ihn im August 1914 wegen Spionageverdachts in Windhoek festsetzen.

Bei der langen und harten Vernehmung lernte Scotland, wie er schreibt, die wichtigste Lektion seiner gesamten Karriere im südlichen Afrika, nämlich die Techniken des Verhörs eines feindlichen Untertans.

Immer wieder betont der „Spion aus Ramansdrift“ den Wert seiner nachrichtendienstlichen Schule im Busch: „In allen meinen späteren Kontakten mit den Deutschen wurde mir bewusst, was für ein Glück es war, dass ich meine jungen Jahre in den deutschbeherrschten Buschgebieten Südafrikas verlebte. Es war die kosmopolitische Qualität meiner Erfahrung, die mich trotz gelegentlicher Verdachtsmomente rettete, und in Deutschland gelebt zu haben, hätte keinen größeren Wert haben können.“

Krieg bricht aus

General Smuts setzte sich nach seiner Festnahme für ihn ein, aber es half nichts, denn kurz danach brach der Erste Weltkrieg aus und Scotland blieb zunächst in Haft. Die Truppe hatte bei Kriegsanfang u.a., wie oben erwähnt, im Gefecht von Sandfontein viele Gefangene gemacht. Bald musste sie sich jedoch gegen die zehnfache Übermacht aus Südafrika nach Norden zurückziehen. Die Gefangenen, einschließlich Scotland, wurden vor den nachdrängenden britischen Südafrikanern über Tsumeb schließlich nach Namutoni verlegt.

Nach der Kapitulation der Truppe bei Khorab am 9. Juli 1915 ging Scotland nach England zurück und meldete sich zum geheimen Nachrichtendienst. Aber mit Mitte 30 und ohne ein Offizierpatent schien man ihn dafür nicht zu benötigen. Diesmal hatte aber eine Empfehlung von General Smuts die nötige Wirkung. Der Hinweis auf seine vierjährige Dienstzeit im kaiserlich deutschen Heer öffnete weitere Türen. Scotland kamen seine Deutschkenntnisse, u.a. als Spion in deutsch besetzten Kriegsgebieten, sehr gut zustatten und am Ende des Krieges finden wir ihn hochdekoriert und befördert als Captain Scotland OBE wieder. Er hatte geheiratet und ging an den Schauplatz seiner „jugendlichen Lehrjahre in Südwestafrika“ zurück. Dort hatte er bei der internationalen Liebig’s-Extract of Meat Co. Ltd. einen Managerposten angenommen, um deren Interessen in SWA, einschließlich des ausgedehnten Farmbesitzes um Heusis im Khomas-Hochland (vormals Deutsche Farm-Gesellschaft AG, 1907), zu verwalten.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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