„Wenn du ernten möchtest, musst du zuerst säen“

Aus dem Nichts aufgebaut – ein besonderer Kindergarten in Goreangab
WAZon-Redakteur
Von Katharina Moser, Windhoek

Lachen und Rufe tönen durch die Straßen, und man merkt die Anwesenheit von Kindern, ehe man überhaupt sein Ziel erreicht. Doch spätestens, wenn man vor dem bunt bemalten Häuschen mit dem Klettergerüst danebensteht, weiß man: Hier regiert nicht die Straße, nicht die Armut und Entbehrung, sondern vor allem der Wunsch zu helfen. Es ist der Kindergarten „Humblers“ mitten in Goreangab. Umgeben von Blechhütten, Staub und Plastikzäunen wirkt der Ort wie eine kleine Oase. Kindergärten gibt es viele in Katutura, aber dennoch macht seine Geschichte diese Herberge besonders – Besitzer Christian Nangolo hat ihn förmlich aus dem Nichts aufgebaut.

Der Humblers-Kindergarten nimmt täglich Kinder auf, deren Eltern sich eine Kinderbetreuung nicht leisten können, und fordert kein Entgelt. Eine Suppenküche bietet ihnen zumindest eine warme Mahlzeit am Tag, und füllt jeden Tag der Woche bis zu fünfzig hungrige Kindermägen. „Ich möchte, dass kein Kind hier das durchmachen muss, was ich erleben musste“, so Nangolo. Aufgewachsen in einem unterprivilegierten Umfeld, hat der 40-Jährige seine Eltern früh verloren und nicht einmal Klasse 10 in der Schule beendet. „Ich habe auf der Straße gelebt, seit ich 17 Jahre alt war.“ Vor sieben Jahren jedoch nahm er all seine Kräfte zusammen, um Humblers aufzubauen, und, wie er sagt, etwas Gutes zur Gesellschaft beizutragen. „Die Stadt wächst und wächst, und die wichtigen Dienstleistungen rücken für die Menschen immer weiter in die Ferne.“ Er ist beim Ministerium für Geschlechtergleichheit, Armutsbekämpfung und Sozialwesen registriert. „Kinder, die keine Liebe, Aufmerksamkeit oder Fürsorge erfahren, sind diejenigen, die später zu Gaunern und Verbrechern werden. Ich habe gelernt, dass es vor allem auf Bildung ankommt“, so Nangolo, der sich in den letzten Jahren das meiste seines Wissens selbst angeeignet hat. Daher hat er auf dem Kindergartengelände eine kleine Vorschule aufgebaut, in der zwei freiwillige Lehrer erste Grundsteine für die Bildung der Kinder legen wollen. „Die Kinder hier leiden. Aber Bildung sollte keine Frage der Finanzierung sein.“ Finanziell befindet sich Nangolo stets am Rande des Unmöglichen. „Ich habe keinen eigentlichen Sponsor, aber ich glaube einfach daran.“ Auch die drei weiteren Betreuer sind Freiwillige, und die meisten Nahrungsmittel sind Spenden aus der Gemeinschaft. Nangolo arbeitet nebenbei als Taxifahrer und steckt einen Großteil seines Einkommens in den Kindergarten, um Ausstattung und Essen zu erwerben. „Den meisten Menschen geht es darum, mit ihrem Beruf zunächst einmal das große Geld zu machen. Aber ich finde, das ist eine falsche Einstellung. Jeder Mensch sollte etwas zu dieser Welt beitragen – und jeder kann das auch, selbst mit dem wenigen, was man hat“, so Nangolo. „Ich habe den Kindergarten Humblers genannt, weil es genau um diese Bescheidenheit geht. Sie möchte ich den Kindern hier mitgeben. Sie werden zu bescheidenen, ehrlichen, anständigen Menschen werden.“

Die Kinder sind zwischen einem und sechs Jahren alt. Bis zu vierzig Kinder kommen jeden Tag, und ganze achtzig nehmen seine Suppenküche in Anspruch. „Es ist ein himmlischer Ort für sie, sie fühlen sich hier zuhause. Die Kinder wissen: Wenn sie hungrig sind, finden sie hier etwas.“ Angesichts der großen Nachfrage kommen ständig neue Kinder dazu, und viele Eltern sind froh, eine Betreuung gefunden zu haben. Daher hat Nangolo schon Zukunftspläne: „Viele der Kinder hier kommen langsam ins Schulalter. Aber die nächste Grundschule ist viele Kilometer entfernt. Kann man von einem Sechsjährigen erwarten, jeden Morgen alleine zehn Kilometer durch Katutura zur nächsten Schule zu laufen?“ Daher möchte er neben dem Kindergarten ein Klassenzimmer bauen, um zumindest die ersten drei Klassen unterrichten zu können. Dafür wird er allerdings vor allem Spendengelder benötigen. Und eines macht ihm große Sorgen: „Die ganze Welt befindet sich im Prozess der Digitalisierung. Aber diese Kinder können sich nicht einmal einen Schulrucksack leisten, geschweige denn ein Tablet oder Computer. Ich habe Angst, dass diese Kinder aus der Zukunft ausgeschlossen werden, weil sie nicht die nötigen Lernressourcen zur Verfügung hatten. Hier wird dringend Hilfe benötigt.“ Kritik richtet er vor allem auch an die Regierung, die ihm in keinster Weise mit irgendeiner Form von Unterstützung entgegenkommt. Aber Nangolo hat inzwischen gelernt, sich selbst zu helfen. Und er möchte ein Vorbild für die Jugend Namibias sein: „Wenn du Früchte aus etwas erwartest, musst du erst die Saat säen. Es gibt immer richtig und falsch. Und jeder ist auf diese Welt gekommen, um seinen Beitrag zu leisten. Selbst, wenn du nichts hast, fange einfach an und tue etwas für die Gesellschaft. Der Erfolg wird kommen“, so ist Nangolo überzeugt. „Jeder von uns ist wichtig, ob du eine Firma besitzt oder Straßenkind bist. Es ist wichtig, Spuren der Wohltat zu hinterlassen. Eine Nation ist erfolgreich, wenn jeder etwas für seine Mitmenschen tut.“

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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