Was der Westen von China lernen sollte

Wolfgang Drechsler
Nichts hat Afrika seit der Jahrtausendwende mehr verändert als das Vorrücken Chinas. Ging es dabei lange Zeit fast ausschließlich um den Zugriff auf Rohstoffe, für deren Nutzung China in Afrika Infrastruktur in Form von Straßen, Stadien, Bahnlinien oder Flughäfen baute, kommen nun auch geopolitische Aspekte immer stärker ins Spiel. Symptomatisch dafür steht die ausgedehnte Afrikareise des chinesischen Staatschefs Xi Jinping vor sechs Wochen, die ihn in den Senegal, nach Ruanda, Südafrika und Mauritius führte.

Wenn in dieser Woche fast alle Staats- und Regierungschefs aus Afrika zum siebten Mal zum China-Afrika-Gipfel in Peking zusammenkommen, dürfte hingegen ein neues Thema die Debatten und Schlagzeilen dominieren: die sogenannte „Belt and Road-Initiative“, in Deutschland besser als die „neue Seidenstraße“ bekannt.

Offiziell vor fünf Jahren ins Leben gerufen besteht das Ziel darin, die Verbindung zwischen gewissen Weltregionen durch den Bau massiver Infrastruktur zu verbessern, etwa der Anschluss an die ost- und nordostafrikanische Küste. Neben Ägypten sollen am Ende auch Länder wie Äthiopien, ein langjähriges Kernland von Chinas Afrika-Aktivitäten, sowie Kenia in das gigantische Vorhaben einbezogen werden.

China ist bereits seit längerem größter Handelspartner vieler afrikanischer Staaten. In Südafrika, dem einzigen Industrieland des Kontinents, versprach Xi seinen Gastgebern im Juli fast 15 Milliarden Dollar an Investitionen, darunter ein langfristiges Darlehen der China Development Bank in Höhe von 2,5 Milliarden Dollar an den schwer angeschlagenen staatlichen Strommonopolisten Eskom, dessen Kapitalbedarf damit für dieses Jahr nun zu über 60 Prozent gedeckt ist - und der bei einer Pleite die ganze Wirtschaft der Kap-Republik in die Tiefe ziehen könnte. Zuvor hatte Xi bereits im Senegal zehn Verträge unterzeichnet, unter anderem in den Bereichen Infrastruktur, Luftfahrt und Justiz.

Fast überall in Afrika finanziert und baut China derzeit kostengünstig riesige Infrastrukturprojekte, die Teil dieser neuen „Seidenstraße“ sind, durch die Xi Asien mit Europa, dem Nahen Osten und Teilen von Afrika verbinden will. Mit einem Volumen von bis zu einer Billion Dollar wollen die Chinesen dabei so viel Geld für ihre „Belt and Road-Initiative“ mobilisieren, wie seit dem Marshallplan nirgendwo sonst international geflossen ist.

Große Ambitionen

Doch ihre Ambitionen scheinen längst viel größer als der Bau eines riesigen Transportsystems zu Land, Luft und Wasser zu sein: Erst im vergangenen Jahr hatte China mit der Eröffnung einer Militärbasis im Zwergstaat Dschibuti am Horn von Afrika seinen ersten Stützpunkt im Ausland seit Ende des Koreakrieges eröffnet. Die Militärbasis am Suezkanal ist vor allem als Logistikzentrum für seine Marine gedacht, die China zum Schutz von Handelsschiffen am neuerdings wieder vermehrt von Piraten geplagten Horn von Afrika stationiert hat.

Daneben versucht sich China aber auch im Ideologietransfer: So möchte seine Führung das chinesische Kadersystem unbedingt nach Afrika exportieren, um dadurch engere Beziehungen zu den oft allein am eigenen Machterhalt interessierten autokratischen Regimen des Kontinents zu schmieden. Menschenrechte stehen zur Genugtuung der afrikanischen Regime ohnehin fast nie zur Debatte. Seit dem Sturz des kommunistischen Militärregimes 1991 folgt vor allem Äthiopien, aber inzwischen auch Ruanda, dem chinesischen Entwicklungsweg: So wenig Demokratie wie nötig, so viel Staatskapitalismus wie möglich.

China gewinnt aber auch auf weniger sichtbare Weise an Einfluss: Beobachter verweisen etwa darauf, dass die Zahl afrikanischer Studenten in China vor zwei Jahren erstmals die Zahl der Afrikaner überstiegen hat, die in Großbritannien oder Amerika studieren, den traditionellen Studienplätzen. So hat China zuletzt Zehntausende Stipendien an Afrikaner verliehen.

In der Bewertung Chinas in Afrika scheint sich dieses ausgesprochen pragmatische Vorgehen immer mehr auszuzahlen: So ermittelte der Umfragedienst Afrobarometer, dass rund zwei Drittel der Menschen in 36 afrikanischen Ländern China für einen „guten Einfluss“ halten, auch wenn dort mehrheitlich noch immer das amerikanische Entwicklungsmodell bevorzugt wird.

Engagement überschätzt

Der Vorsprung des Westens könnte auch deshalb schrumpfen, weil ein Großteil des chinesischen Engagements in Afrika wirtschaftlich motiviert ist. Chinesische Kredite und Baufirmen haben die verheerend schlechte Infrastruktur des schwarzen Kontinents bereits jetzt nachhaltig verändert, etwa das städtische Nahverkehrssystem in Addis Abeba, das China in nur drei Jahren für rund 500 Millionen Euro aus dem Boden gestampft hat. China finanziert und baut aber auch Häfen sowie die Wohn- und Amtssitze vieler Präsidenten. Auch fließen viele Investitionen in Minen, Fabriken und Einkaufszentren.

Doch es gibt auch Probleme. So werden Chinas Investitionen in Afrika an Höhe oft überschätzt, weil es sich dabei zumeist nur, wie jetzt auch im Fall von Südafrika, um Zusagen statt konkreter Geldzuflüsse handelt. Auch gehen zum Beispiel noch immer 35 Prozent der afrikanischen Exporte in die EU, 18 Prozent in andere afrikanische Länder und jeweils nur zehn Prozent nach China und Amerika. Die EU ist und bleibt also der wichtigste Handelspartner Afrikas - wichtiger als Afrika selbst, was daran liegt, dass der innerafrikanische Handel noch immer völlig unterentwickelt ist. Der Ökonom David Dollar kommt bei seinen Untersuchungen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass China derzeit nur für etwa mehr als fünf Prozent aller Investitionen in Afrika verantwortlich ist - und sein Anteil bei Neuinvestitionen etwa ebenso groß ist. Demgegenüber sei das amerikanische Investitionsvolumen noch immer mehr als doppelt so hoch.

Dennoch ist Chinas Ausgriff in Afrika insgesamt betrachtet von hoher Bedeutung: China ist im Ländervergleich (nicht Handelsblöcke) inzwischen der wichtigste Handelspartner Afrikas und hat sein Engagement im Gegensatz zu den USA, dessen Präsident Donald Trump sich nicht besonders für den Kontinent zu interessieren scheint, stetig ausgebaut. Die Unternehmensberatung McKinsey nimmt an, dass derzeit etwa 10 000 chinesische Firmen in Afrika aktiv sind - 90 Prozent davon in privater Hand. Die meisten machen demnach gute Profite, in einigen Fällen amortisierten sich Investitionen sogar schon binnen eines einzigen Jahres.

Einfache Technologie

Volker Seitz, Autor des Buches „Afrika wird arm regiert“ und ein früherer deutscher Botschafter mit mehr als 18 Jahren Afrikaerfahrung, hat darauf hingewiesen, dass die eingesetzte chinesische Technik den Anforderungen in einem Entwicklungsland oft näherkommt, als westliche Hochtechnologie. Drei Viertel aller heute aktiven Fabriken seien vor zehn Jahren noch nicht in Afrika gewesen. Im „Oriental Industrial Park“ etwa 40 Kilometer von Addis Abeba entfernt, beschäftigt die Firma Jinhua Huajian Industries seit 2011 bislang 5000 einheimische sowie 130 chinesische Angestellte und produziert Schuhe für den US-Markt. Insgesamt will die Firma zwei Milliarden US-Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren investieren und 30000 Arbeitsplätze schaffen. An solchen Projekten könnte sich Deutschland bei der Formulierung seiner bislang ausgesprochen inkohärenten Afrikapolitik gut orientieren.

Allerdings werfen gerade die größeren Infrastrukturvorhaben weit weniger Gewinn ab als erwartet. Megaprojekte wie etwa die Bahnlinie zwischen Kenias Küstenstadt Mombasa und der Hauptstadt Nairobi sind wenig profitabel und dürften dies nach Ansicht von Insidern wohl auch noch lange bleiben. Noch ungewisser sind die Aussichten in bislang schlecht regierten Ländern wie Angola, wo China die Benguela-Bahn von der Küste an den kongolesischen Kupfergürtel ohne viel Erfolg modernisiert hat. Hier scheint China trotz seines großen Pragmatismus sogar die Fehler der westlichen Entwicklungshilfe mit ihren vielen überzogenen Großprojekten zu wiederholen.

Wolfgang Drechsler

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Allgemeine Zeitung 2024-04-19

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