Vor 50 Jahren
2. Februar 1968
Das Plädoyer zum Strafmaß
Pretoria (AZ) – Der Terroristenprozeß vor dem Obergericht in Pretoria wurde nach seiner Vertagung am Donnerstag fortgesetzt. Richter J. L. Ludorf hatte 33 der Angeklagten am vergangenen Freitag im Rahmen des Gesetzes gegen den Terrorismus und zur Unterdrückung des Kommunismus für schuldig erklärt. Im Anschluß an seine Urteilsverkündung hatte er dem Gericht mitgeteilt, daß er von einer Todesstrafe absehen wolle.
Mit einer Verzögerung von etwa anderthalb Stunden konnte der Prozeß am Donnerstag wieder beginnen. 20 Weiße und nur drei Nichtweiße waren im Zuschauerraum anwesend. Die USA, Schweden, Belgien, Holland, die Bundesrepublik, Japan und Italien waren durch Botschafts- oder konsularisches Personal vertreten. Das Gericht selbst war von bewaffneten Polizisten bewacht.
Nachdem Advokat N. Philips, OC, sich eingehend mit dem Urteil Richter Ludorfs befaßt hatte, sagte er, drei seiner Mandanten würden Aussagen machen. Aufgrund der umfangreichen Urteilsbegründung sei es ihm und seinem Rechtsvertreterteam möglich gewesen, den Umfang seiner beabsichtigten Erklärungen zu beschränken.
Als erster wurde Toivo Herman ja Toivo, ein ehemaliger Sekretär der South West Africa Peoples´ Organisation (SWAPO) in den Zeugenstand gerufen. Er verlas eine schriftliche Erklärung in Englisch: „Wir befinden uns in einem fremden Land, verurteilt im Rahmen von Gesetzen, die von Menschen gemacht wurden, die wir als Fremde betrachten. Der Richter ist nicht unser Landsmann und hat niemals unsere Lebensart mit uns geteilt“, begann Toivo ja Toivo. Diese Gründe mochten wenig bedeuten. Sie alle hätten aber das Empfinden, daß sie nicht in Pretoria vor Gericht gestellt werden sollten. Der Richter habe entschieden, daß er das Recht habe, sie zu verhören, weil sein Parlament ihm das Recht eingeräumt habe.
Der Richter: „Nicht das Recht, sondern die Pflicht.“
Toivo wies daraufhin, „daß wir Namibier und keine Südafrikaner sind“. Die südafrikanische Regierung habe wieder einmal ihre Stärke bewiesen, indem sie die Angeklagten in Untersuchungshaft, manche bis zu 400 Tagen, sogar in Einzelhaft gehalten habe.
Die südafrikanische Regierung habe für sie, die Angeklagten, ein besonderes Gesetz verabschiedet, das rückwirkend in Kraft trat. Sie habe sogar einen häßlichen Namen für die Angeklagten gefunden. Seine eigenen Mitmenschen nenne man Patrioten oder wenigstens Guerillas, die Gegner werden Terroristen genannt.
Die südafrikanische Regierung behauptet, daß sie mit Zustimmung des Volkes Südwestafrika verwaltet. Das stimme nicht. Von Anfang an hätten die Angeklagten das Gefühl gehabt, daß sie nicht von ihresgleichen, sondern von ihren Herren verhört würden. Man werde nicht einmal beim Nachnamen genannt. Wären die Richter ihresgleichen, wäre eine Diskussion über „unsere Beschwerden“ hinfällig.
Es sei bekannt, daß die Weißen die Schwarzen nicht als Politiker, sondern als Agitatoren bezeichneten. Die Beschwerden sind „sogenannte Beschwerden“. Er glaube nicht, daß die südafrikanische Regierung in Südwestafrika zum Wohle der Nichtweißen anwesend sei. Sie kümmere sich einzig und allein um die Weißen.
Die südafrikanische Regierung sei eine ganz besondere Verpflichtung eingegangen, als ihr nach dem Ersten Weltkrieg das Mandat übergeben wurde. Wegen seines Glaubens an die Rassensuperiorität habe Südafrika dieses Vertrauen mißbraucht. „Wir sind überzeugt, daß Südafrika 50 Jahre lang nichts zur Förderung und Entwicklung unseres Volkes getan hat“, erklärte Toivo ja Toivo.
Die Welt bedeute ihnen sehr viel. In dem gleichen Maße, wie alle im Gericht gelacht hätten, als sie hörten, daß ein alter Mann mit Pfeil und Bogen einen Hubschrauber abschießen wollte, haben „wir gelacht, als Südafrika seine Opposition gegen die Welt ankündigte“. Er wolle nicht behaupten, daß es für Menschen verschiedener Rassenherkunft leicht sei, in Frieden miteinander zu leben. Er sei anfangs überrascht gewesen, daß Menschen verschiedener Herkunft so friedlich zusammenleben können. Jetzt wisse er, daß dieses möglich und ein erstrebenswertes Ziel sei. Die südafrikanische Regierung schaffe Feindseligkeiten, indem sie die Unterschiede zwischen Menschen betone.
Das Plädoyer zum Strafmaß
Pretoria (AZ) – Der Terroristenprozeß vor dem Obergericht in Pretoria wurde nach seiner Vertagung am Donnerstag fortgesetzt. Richter J. L. Ludorf hatte 33 der Angeklagten am vergangenen Freitag im Rahmen des Gesetzes gegen den Terrorismus und zur Unterdrückung des Kommunismus für schuldig erklärt. Im Anschluß an seine Urteilsverkündung hatte er dem Gericht mitgeteilt, daß er von einer Todesstrafe absehen wolle.
Mit einer Verzögerung von etwa anderthalb Stunden konnte der Prozeß am Donnerstag wieder beginnen. 20 Weiße und nur drei Nichtweiße waren im Zuschauerraum anwesend. Die USA, Schweden, Belgien, Holland, die Bundesrepublik, Japan und Italien waren durch Botschafts- oder konsularisches Personal vertreten. Das Gericht selbst war von bewaffneten Polizisten bewacht.
Nachdem Advokat N. Philips, OC, sich eingehend mit dem Urteil Richter Ludorfs befaßt hatte, sagte er, drei seiner Mandanten würden Aussagen machen. Aufgrund der umfangreichen Urteilsbegründung sei es ihm und seinem Rechtsvertreterteam möglich gewesen, den Umfang seiner beabsichtigten Erklärungen zu beschränken.
Als erster wurde Toivo Herman ja Toivo, ein ehemaliger Sekretär der South West Africa Peoples´ Organisation (SWAPO) in den Zeugenstand gerufen. Er verlas eine schriftliche Erklärung in Englisch: „Wir befinden uns in einem fremden Land, verurteilt im Rahmen von Gesetzen, die von Menschen gemacht wurden, die wir als Fremde betrachten. Der Richter ist nicht unser Landsmann und hat niemals unsere Lebensart mit uns geteilt“, begann Toivo ja Toivo. Diese Gründe mochten wenig bedeuten. Sie alle hätten aber das Empfinden, daß sie nicht in Pretoria vor Gericht gestellt werden sollten. Der Richter habe entschieden, daß er das Recht habe, sie zu verhören, weil sein Parlament ihm das Recht eingeräumt habe.
Der Richter: „Nicht das Recht, sondern die Pflicht.“
Toivo wies daraufhin, „daß wir Namibier und keine Südafrikaner sind“. Die südafrikanische Regierung habe wieder einmal ihre Stärke bewiesen, indem sie die Angeklagten in Untersuchungshaft, manche bis zu 400 Tagen, sogar in Einzelhaft gehalten habe.
Die südafrikanische Regierung habe für sie, die Angeklagten, ein besonderes Gesetz verabschiedet, das rückwirkend in Kraft trat. Sie habe sogar einen häßlichen Namen für die Angeklagten gefunden. Seine eigenen Mitmenschen nenne man Patrioten oder wenigstens Guerillas, die Gegner werden Terroristen genannt.
Die südafrikanische Regierung behauptet, daß sie mit Zustimmung des Volkes Südwestafrika verwaltet. Das stimme nicht. Von Anfang an hätten die Angeklagten das Gefühl gehabt, daß sie nicht von ihresgleichen, sondern von ihren Herren verhört würden. Man werde nicht einmal beim Nachnamen genannt. Wären die Richter ihresgleichen, wäre eine Diskussion über „unsere Beschwerden“ hinfällig.
Es sei bekannt, daß die Weißen die Schwarzen nicht als Politiker, sondern als Agitatoren bezeichneten. Die Beschwerden sind „sogenannte Beschwerden“. Er glaube nicht, daß die südafrikanische Regierung in Südwestafrika zum Wohle der Nichtweißen anwesend sei. Sie kümmere sich einzig und allein um die Weißen.
Die südafrikanische Regierung sei eine ganz besondere Verpflichtung eingegangen, als ihr nach dem Ersten Weltkrieg das Mandat übergeben wurde. Wegen seines Glaubens an die Rassensuperiorität habe Südafrika dieses Vertrauen mißbraucht. „Wir sind überzeugt, daß Südafrika 50 Jahre lang nichts zur Förderung und Entwicklung unseres Volkes getan hat“, erklärte Toivo ja Toivo.
Die Welt bedeute ihnen sehr viel. In dem gleichen Maße, wie alle im Gericht gelacht hätten, als sie hörten, daß ein alter Mann mit Pfeil und Bogen einen Hubschrauber abschießen wollte, haben „wir gelacht, als Südafrika seine Opposition gegen die Welt ankündigte“. Er wolle nicht behaupten, daß es für Menschen verschiedener Rassenherkunft leicht sei, in Frieden miteinander zu leben. Er sei anfangs überrascht gewesen, daß Menschen verschiedener Herkunft so friedlich zusammenleben können. Jetzt wisse er, daß dieses möglich und ein erstrebenswertes Ziel sei. Die südafrikanische Regierung schaffe Feindseligkeiten, indem sie die Unterschiede zwischen Menschen betone.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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