Vor 50 Jahren
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Nina Cerezo
4. März 1968

Südafrikas Teilnahme an der Olympiade

Lausanne/Chikago/Bleomfontein (SAPA-Reuter-AP). Das Internationale Olympische Komitee (IOK) wird sich in den kommenden Monaten noch einmal mit der umstrittenen Zulassung Südafrikas zur Olympiade in Mexiko in diesem Jahr befassen. Das gab Johannes Westerhoff, der Generalsekretär des IOK, am Sonntag in Lausanne bekannt. Eine Sondersitzung der IOK-Exekutive wird voraussichtlich Anfang Mai in Lausanne einberufen werden. Ein Termin ist für diese Konferenz noch nicht festgesetzt worden. Inzwischen wird die IOK-Exekutive keine weiteren Schritte unternehmen.

Generalsekretär Westerhoff erklärte vor der Presse: „Das IOK hat sich für die Teilnahme Südafrikas an der Olympiade in Mexiko ausgesprochen. Von uns kann man nicht erwarten, jede Woche eine neue Entscheidung zu treffen, bloß weil dieser Beschluss Unzufriedenheit hervorgerufen hat.“

In Chikago hat Avery Brundage, der 81jährige Präsident des IOK, vor dem Wochenende mit Vertretern des mexikanischen Olympischen Komitees über die Zulassung Südafrikas verhandelt. Die Konferenz mit den Mexikanern dauerte fast zehn Stunden. Im Anschluß daran erklärte sich Brundage bereit, eine Sondersitzung der IOK-Exekutive einzuberufen. Seine Exekutive, so erklärte Brundage, wolle eine Lösung für das „stachelige“ Problem finden. Die Zahl der Länder, die die Olympiade in Mexiko boykottieren wollen, hat inzwischen erheblich zugenommen. Aus zuverlässigen Quellen in Chikago verlautet, daß eine Sondersitzung des gesamten IOK-Ausschusses, dem 72 Länder angehören, möglicherweise einberufen werden soll, um noch einmal über die Teilnahme Südafrikas an der kommenden Olympiade abzustimmen. Das Gastgeberland Mexiko soll auf diese Abstimmung bestanden haben.

Auf einer Pressekonferenz in Chikago wies Brundage jede Vermutung zurück, daß die diesjährige Olympiade in Mexiko wegen der Teilnahme Südafrikas nicht stattfinden werde. Er betonte, daß die Olympischen Spiele durchgeführt werden, wie geplant, und „ein großer Erfolg sein werden“. Brundage weigerte sich, den angeregten Boykott der Afroasiaten zu kommentieren und fügte hinzu, kein Land habe bisher das IOK davon unterrichtet, daß es auf eine Teilnahme an der bevorstehenden Olympiade verzichten werde.

Die mexikanischen Delegierten zu dem Gespräch mit Brundage stellten sich nicht der Presse. In einer kurzen Verlautbarung betonten sie nur, daß „die Türen offenbleiben werden“. Der Jugend dürfe nicht „die Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen, sich gegenseitig zu verstehen und sich gegenseitig zu respektieren, genommen w erden“.

In Bloemfontein erklärte Fran k Braun, der Präsident des südafrikanischen Olympischen Komitees, Avery Brundage sei stark genug, daß er sich einer Aufforderung zur Verzichterklärung Südafrikas widersetzen könne. Aus den USA habe er zahlreiche Schreiben erhalten, die zum Ausdruck bringen, daß man enttäuscht wäre, wenn Südafrika sich von der Olympiade in Mexiko zurückziehen würde.

Einige Reaktionen auf die Zulassung Südafrikas zu den Olympischen Spielen in Mexiko

Japan: Die Sportfunktionäre Japans prophezeien, daß das IOK seinen Beschluß nicht rückgängig machen wird, weil es damit zuviel Prestige aufs Spiel setzen würde. Ebenso meldeten sie Zweifel an, daß die afrikanischen Nationen, die die Olympiade in Mexiko boykottieren wollen, ihren Entschluß rückgängig machen werden.

Kenia: Die Föderation für Leichtathletik Kenias machte den Vorschlag, daß der oberste Rat für Sport in Afrika, „eine kleine Olympiade der boykottierenden Nationen in Afrika veranstalten sollte“. Diese „kleine Olympiade Afrikas“ soll nach Auffassung Kenias mit den Olympischen Spielen in Mexiko zusammenfallen.

Australien: Perge Phillipps, der Präsident der internationalen Sportföderation, verurteilte die Boykottdrohungen der Olympiade und betonte, es sei eine Konkurrenz von Einzelpersonen und nicht von Nationen. Seine Föderation lehne jegliche politische und religiöse Einmischung ab. Phillipps erinnerte an Rotchina, das sich im Jahre 1958 aus politischen Gründen von der Olympiade zurückgezogen hatte, Viele Länder, die jetzt mit einem Boykott drohten, hätten diese Handlungsweise kritisiert.

6. März 1968

Rassenunruhen spalten die USA

Washington (SAPA/AP/Reuter). – Rassismus und Unruhen drohen die Vereinigten Staaten von Amerika in zwei sich befehdende Lager aufzuspalten, in eine schwarze und eine weiße Gruppe, die „ungleich und getrennt“ sich gegenüberstehen. Diese Gefahr kann nur durch umfangreiche und kostspielige Sofortmaßnahmen abgewendet werden. Zu dieser Ansicht ist eine Untersuchungskommission der US-Regierung gekommen die sich acht Monate lang eingehend mit den blutigen Rassenunruhen des vergangenen Jahres in den amerikanischen Großstädten befaßt hat.

Die von dem Gouverneur des US-Staats Illinois, Otto Kerner, geleitete Bürgerrechtskommission rät der Regierung unter anderem dringend, sofort zwei Millionen neue Stellen zu schaffen, davon die Hälfte bei Staats-, Gemeinde- und Bundesbehörden. Den rest soll die Industrie übernehmen. Ferner befürwortet die Untersuchungsgruppe einen Fonds des Bundes einzurichten, damit die Nichtweißen eine spezielle Berufsausbildung erhalten. An dritter Stelle unter den Sofortmaßnahmen steht eine Annäherung an ein „garantiertes Mindesteinkommen“ für alle Amerikaner, gestaffelt nach Familienstand. In dem Bericht wird weiter gefordert, in den nächsten fünf Jahren sechs Millionen Wohnungen – seien es neue oder bereits bestehende – Familien mit niedrigem oder bescheidenen Einkommen zur Verfügung zu stellen. Außer diesem sozialen Fortschritt müsse der weiße Rassismus durch anderes Gedankengut ersetzt werden. Von einem Gefühl der Machtlosigkeit beschlichen, seien einige Neger zu der Überzeugung gelangt, daß es keine wirkungsvolle Alternative zur Gewalt gäbe. Daß es bei den Unruhen in zehn Städten zu blutigen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war, führt die Kommission darauf zurück, daß sie für manche Schwarze „weiße Macht, weißen Rassismus und Unterdrückung durch die Weißen“ symbolisiere. Um die gespannten Beziehungen zwischen Ghetto-Gemeinschaft und Polizei wieder ins rechte Lot zu bringen, wird in dem Bericht vorgeschlagen, unsaubere Polizeimethoden auszurotten, den Slum-Bewohnern mehr Schutz angedeihen zu lassen, Stellen zu schaffen, bei denen sich die schwarze Bevölkerung über die Gesetzeshüter beschweren kann, und schließlich mehr Neger zu Polizei-Offizieren zu befördern. Es wird weiter darauf hingewiesen, daß ungerechtfertigte Gewalt nur böses Blut schaffe. Der Untersuchungsausschuß „verurteilt es, wenn Polizeidienststellen mit Massenvernichtungswaffen wie Schnellfeuergewehren, Maschinengewehren und Panzern ausgerüstet werden“ Denn diese Waffen seien zum Zerstören, nicht zur Kontrolle gemacht und hätten daher keinen Platz in dichtbevölkerten städtischen Gemeinschaften. Die Kommission ist aber zu der Überzeugung gekommen, daß militante Organisationen, welche die Macht der Schwarzen anstreben, eine Gefahr darstellen, da sie, indem sie die Rassentrennung predigen, unbewußt als Gegenpol zum weißen Rassismus würden. Auch die „New York Times“, die in einem Leitartikel zu dem für die Zukunft der USA so bedeutsamen Thema Stellung genommen hat, spricht davon, daß sich die Nation in einer Krise befinde, weil die wichtigsten Städte im Begriff seien Neger-Ghettos zu werden, da sich die weiße Bevölkerungsgruppe immer mehr in die Vororte zurückziehe. Dadurch fühlten sich vornehmlich die jüngeren Neger wie in einer Falle und neigten zur Gewalt. Die Zeitung verglich die derzeitige innenpolitische Unordnung mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch nach 1929, von dessen Auswirkungen jeder betroffen und gefährdet gewesen sei. Zu Recht hätten die Mitglieder der Kommission den weißen Rassismus für die gegenwärtige Lage verantwortlich gemacht. In dem Kommentar wird der Bericht als Wendepunkt in der Geschichte der Vereinigten Staaten bezeichnet. „Wenn der Kongreß und die Öffentlichkeit die Empfehlungen genau befolgen – wie sie es sollten und müßten“, heißt es weiter, werde das amerikanische Volk schließlich zu der Nation freier Menschen mit innenpolitischer Ruhe werden, als die sie die Gründer dieser Nation sich gedacht hätten. Der Kommentar der „New York Times“ schließt mit der Überzeugung, daß, wenn das Programm nicht verwirklicht würde, die USA in zwei, von der Furcht getrennte Nationen zerfallen würde.

Kommentar

Allgemeine Zeitung 2024-04-20

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