Vor 50 Jahren
11./12. November 1968
Am 11. November vormittags 11 Uhr
Von Dr. Edmund Harjefka, Mitglied der deutschen Waffenstillstands und Friedenskommission 1918&19
Hamburg (dpa) - Am 11. November 1918 vormittags elf Uhr erlosch die blutrote Fackel des Ersten Weltkrieges, und die weiße Flagge des Waffenstillstandes beherrschte das Feld. Fünfzig Jahre sind seit jenem Tag verflossen, an dem der letzte Schuß an der Westfront und zur See fiel oder wenigstens fallen durfte.
Die Rechnung, die den Abschluß bildete, war hoch und hart. Die Völker schieden sich von jetzt an in Sieger und Besiegte, obgleich es einen entscheidenden Sieg oder eine ins Auge fallende Niederlage an der Westfront nicht gegeben hatte.
Aber die deutschen Siege im Westen, Osten und Südosten schienen wie im Traum verflogen. Schon in jenem Notenwechsel mit dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, der sich an das deutsche Waffenstillstands und Friedensangebot vom 3. Oktober 1918 anschloß, warf der neblige 11. November 1918 seine Schatten voraus. Die Deutschen mußten erkennen, daß es sich lediglich um die widerspruchslose Annahme alliierter Bedingungen handeln konnte; Wilson ging in seinen Noten vom 14. Und 23. Oktober sogar bis zur Einmischung in die verfassungsrechtlichen Verhältnisse Deutschlands: Er ließ die Forderung nach der Abdankung Kaiser Wilhelms II. durchblicken.
Über fünf Wochen erstreckte sich dieser Notenwechsel, bis Wilson am 5. November das Wort dem Oberkommandierenden der alliierten Armeen, Maschall Foch, erteilte und die deutsche Regierung für die Waffenstillstandsbedingungen im einzelnen an Foch verwies.
Es war für die deutsche Regierung nicht leicht, einen Unterhändler für die Verhandlungen mit dem Marschall zu finden. Niemand drängte sich zu dem schweren Amt, auch Mathias Erzberger nicht, der gerade Staatssekretär geworden war. Das beweisen einwandfrei die Akten des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der später die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs zu ergründen hatte. Erst als man von allen Seiten auf Erzberger eindrang - und besonders auf die dringende Bitte des Reichskanzlers Prinz Max von Baden hin - entschloß sich der Zentrums-Politiker schweren Herzens, die undankbare Aufgabe zu übernehmen.
Noch tobte am 8. November 1918 der Kampf. Nicht ohne Lebensgefahr mußte sich die deutsche Waffenstillstandsdelegation mit General von Winterfeld, Graf Oberndorf und Kapitän Vanselow an diesem Tage mit der weißen Flagge ihren Weg über die Schützengräben hinweg suchen, bis weit hinter die Front, zum Hauptquartier Fochs im Walde von Compiègne.
Im Salonwagen Fochs begannen die Verhandlungen. Auf die Worte der deutschen Delegation, sie seien gekommen, um den Vorschlägen zu einem Waffenstillstand entgegenzusehen, erwiderte Marschall Foch: „Ich habe keine Vorschläge zu machen.“ Er forderte dann seinen Generalstabschef Weygand auf, die „Bedingungen“ des Waffenstillstands zu verlesen.
Die über alle Maßen harten Bedingungen wurden von den deutschen noch am selben Abend an das Große Hauptquartier in Spa und von dort am 9. November nach Berlin an die Reichsregierung weitergegeben. Am 10. November wurde durch die Regierung im Einvernehmen mit der Obersten Heeresleitung die Entscheidung über die Annahme gefällt und der Beschluß der deutschen Delegation in Compiègne durch Funkspruch in der Nacht zum 11. November mitgeteilt. Weder von Erzberger noch von den übrigen Waffenstillstandsdelegierten war ein Einfluß auf die Entscheidung der Obersten Heeresleitung und der deutschen Regierung hinsichtlich der Annahme der Bedingungen ausgeübt worden.
Um 2.15 Uhr nachts fand die denkwürdige Schlußsitzung mit Marschall Foch im Anschluß an einen inzwischen erfolgten Notenwechsel über eine Milderung der Bedingungen statt. Sechs Stunden später fand der Waffenstillstand in Kraft. Eine der blutigsten Tragödien der Menschheit hatte ihren Abschluß gefunden. Über Zweck und Wesen eines Waffenstillstandes war dieser Waffenstillstand weit hinausgegangen. Er brachte nicht nur eine Waffenruhe für die Festlegung der Friedensbedingungen; er sollte nach dem Willen der Alliierten das deutsche Volk wehrlos machen, während die Alliierten im Kriegszustand verblieben. Die Blockade gegen Deutschland wurde aufrechterhalten, die Besetzung deutscher Gebiete durch alliierte Truppen brachte der Zivilbevölkerung vielfältiges Leiden, die Ausweisung Deutscher aus Elsaß-Lothringen vollzog sich meist in härtester Weise.
Am 11. November vormittags 11 Uhr
Von Dr. Edmund Harjefka, Mitglied der deutschen Waffenstillstands und Friedenskommission 1918&19
Hamburg (dpa) - Am 11. November 1918 vormittags elf Uhr erlosch die blutrote Fackel des Ersten Weltkrieges, und die weiße Flagge des Waffenstillstandes beherrschte das Feld. Fünfzig Jahre sind seit jenem Tag verflossen, an dem der letzte Schuß an der Westfront und zur See fiel oder wenigstens fallen durfte.
Die Rechnung, die den Abschluß bildete, war hoch und hart. Die Völker schieden sich von jetzt an in Sieger und Besiegte, obgleich es einen entscheidenden Sieg oder eine ins Auge fallende Niederlage an der Westfront nicht gegeben hatte.
Aber die deutschen Siege im Westen, Osten und Südosten schienen wie im Traum verflogen. Schon in jenem Notenwechsel mit dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, der sich an das deutsche Waffenstillstands und Friedensangebot vom 3. Oktober 1918 anschloß, warf der neblige 11. November 1918 seine Schatten voraus. Die Deutschen mußten erkennen, daß es sich lediglich um die widerspruchslose Annahme alliierter Bedingungen handeln konnte; Wilson ging in seinen Noten vom 14. Und 23. Oktober sogar bis zur Einmischung in die verfassungsrechtlichen Verhältnisse Deutschlands: Er ließ die Forderung nach der Abdankung Kaiser Wilhelms II. durchblicken.
Über fünf Wochen erstreckte sich dieser Notenwechsel, bis Wilson am 5. November das Wort dem Oberkommandierenden der alliierten Armeen, Maschall Foch, erteilte und die deutsche Regierung für die Waffenstillstandsbedingungen im einzelnen an Foch verwies.
Es war für die deutsche Regierung nicht leicht, einen Unterhändler für die Verhandlungen mit dem Marschall zu finden. Niemand drängte sich zu dem schweren Amt, auch Mathias Erzberger nicht, der gerade Staatssekretär geworden war. Das beweisen einwandfrei die Akten des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der später die Ursachen des deutschen Zusammenbruchs zu ergründen hatte. Erst als man von allen Seiten auf Erzberger eindrang - und besonders auf die dringende Bitte des Reichskanzlers Prinz Max von Baden hin - entschloß sich der Zentrums-Politiker schweren Herzens, die undankbare Aufgabe zu übernehmen.
Noch tobte am 8. November 1918 der Kampf. Nicht ohne Lebensgefahr mußte sich die deutsche Waffenstillstandsdelegation mit General von Winterfeld, Graf Oberndorf und Kapitän Vanselow an diesem Tage mit der weißen Flagge ihren Weg über die Schützengräben hinweg suchen, bis weit hinter die Front, zum Hauptquartier Fochs im Walde von Compiègne.
Im Salonwagen Fochs begannen die Verhandlungen. Auf die Worte der deutschen Delegation, sie seien gekommen, um den Vorschlägen zu einem Waffenstillstand entgegenzusehen, erwiderte Marschall Foch: „Ich habe keine Vorschläge zu machen.“ Er forderte dann seinen Generalstabschef Weygand auf, die „Bedingungen“ des Waffenstillstands zu verlesen.
Die über alle Maßen harten Bedingungen wurden von den deutschen noch am selben Abend an das Große Hauptquartier in Spa und von dort am 9. November nach Berlin an die Reichsregierung weitergegeben. Am 10. November wurde durch die Regierung im Einvernehmen mit der Obersten Heeresleitung die Entscheidung über die Annahme gefällt und der Beschluß der deutschen Delegation in Compiègne durch Funkspruch in der Nacht zum 11. November mitgeteilt. Weder von Erzberger noch von den übrigen Waffenstillstandsdelegierten war ein Einfluß auf die Entscheidung der Obersten Heeresleitung und der deutschen Regierung hinsichtlich der Annahme der Bedingungen ausgeübt worden.
Um 2.15 Uhr nachts fand die denkwürdige Schlußsitzung mit Marschall Foch im Anschluß an einen inzwischen erfolgten Notenwechsel über eine Milderung der Bedingungen statt. Sechs Stunden später fand der Waffenstillstand in Kraft. Eine der blutigsten Tragödien der Menschheit hatte ihren Abschluß gefunden. Über Zweck und Wesen eines Waffenstillstandes war dieser Waffenstillstand weit hinausgegangen. Er brachte nicht nur eine Waffenruhe für die Festlegung der Friedensbedingungen; er sollte nach dem Willen der Alliierten das deutsche Volk wehrlos machen, während die Alliierten im Kriegszustand verblieben. Die Blockade gegen Deutschland wurde aufrechterhalten, die Besetzung deutscher Gebiete durch alliierte Truppen brachte der Zivilbevölkerung vielfältiges Leiden, die Ausweisung Deutscher aus Elsaß-Lothringen vollzog sich meist in härtester Weise.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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