Vor 50 Jahren
17. Juni 1968
Die Hintergründe der Studentenunruhen in Deutschland
Windhoek (AZ) - Über die tieferen Hintergründe der Studentenunruhen in Europa , besonders aber in der Bundesrepublik Deutschland, referierte Dr. Karl Bertram aus Kummersbach vor dem Rotary Club am Donnerstag. Dr. Bertram ist Industrie- und Wirtschaftsberater sowie Kommunalpolitiker.
Der Redner wies darauf hin, daß diese Unruhen quer durch die Studentenschaften Westeuropa ziehen, aber auch in den Ostblockländern schon zu beobachten sind. In Deutschland sind die Eltern beunruhigt. Laut Dr. Bertrams wäre viel erreicht, wenn sich die Menschen einmal tiefer mit dem Problem befassen würden, als darüber nachzudenken, wie die Völker der Erde noch reicher werden können.
Für Moskau und die Sowjetzone sind die Erscheinungen willkommen, weil sie darin Zersetzungserscheinungen der westlichen Welt erkennen.
Als Parteigänger der unruhigen Studentenschaften bezeichnet Dr. Bertram linksorientierte Intellektuelle. Aber auch gewisse Illustrierte und Magazine haben den Boden dafür bereitet. Im Anschluß schilderte der Redner den Werdegang des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund), der sich 1960 von der SPD trennte, deren Jugendflügel er gebildet hatte. Vorerst war der SDS bedeutungslos, gewann aber in den Jahren 1965/1966 Oberwasser, als er auf gewisse Mißstände der Hochschulen hinwies und alle Problem im Zusammenhang mit der notwendigen Hochschulreform sich zu eigen machte. Die Notwendigkeit dieser Reform entspringt eigentlich der unglücklichen föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Deutschland, durch die die Länder stark, der Staat selbst aber schwach gemacht wurde. Besonders auf die Kulturpolitik wirkt sich das hemmend aus, und die notwendigen Reformen gehen nur langsam voran.
Nachdem in Deutschland auch die Bildungsförderung eingeführt wurde, strömten Zehntausende Studenten an die Universitäten. Dadurch entstanden für die Hochschulen doppelte Schwierigkeiten. Der SDS hatte sich inzwischen Sympathien und auch Einfluß erworben, den er schließlich nicht auf die Hochschulreform beschränkte, sondern auf die allgemeine Politik ausdehnte.
In der Bundesrepublik gibt es heute 300000 Studenten, von denen nur etwa 3000 eingeschriebene Mitglieder des SDS sind. Der geistige Zustand der Masse der Studenten ist jedoch derart politisch apathisch und wurde so zu einem fruchtbaren Nährboden für die jungen Revoluzzer, die im Grunde genommen eine Minderheit bilden. Dazu ein Grundsatz: Eine Minorität, die weiß, was sie will, kann eine Majorität, die nicht weiß, was sie will, terrorisieren und besiegen. Schließlich gab Dr. Bertram noch zu bedenken, daß die Deutschen 1945 nicht nur physisch, sondern auch ein geistig völlig zerstörtes Volk waren, das Umerziehungsmaßnahmen unterworfen wurde, bei denen jegliche Gedanken an Volk und Vaterland in den Hintergrund geschoben wurden. Dadurch entstand über die Jahre ein geistiges Vakuum, das mit nichts gefüllt wurde, weder die Wiedervereinigung Deutschlands noch der Europagedanke Adenauers und Robert Schumanns genügten der heranwachsenden Nachkriegsgeneration als wirklich deutsche Ideale, die sie begeistern konnten. Es fehlt in dieser Beziehung die Geduld für das Warten auf die geschichtliche Sternstunde.
Die Hintergründe der Studentenunruhen in Deutschland
Windhoek (AZ) - Über die tieferen Hintergründe der Studentenunruhen in Europa , besonders aber in der Bundesrepublik Deutschland, referierte Dr. Karl Bertram aus Kummersbach vor dem Rotary Club am Donnerstag. Dr. Bertram ist Industrie- und Wirtschaftsberater sowie Kommunalpolitiker.
Der Redner wies darauf hin, daß diese Unruhen quer durch die Studentenschaften Westeuropa ziehen, aber auch in den Ostblockländern schon zu beobachten sind. In Deutschland sind die Eltern beunruhigt. Laut Dr. Bertrams wäre viel erreicht, wenn sich die Menschen einmal tiefer mit dem Problem befassen würden, als darüber nachzudenken, wie die Völker der Erde noch reicher werden können.
Für Moskau und die Sowjetzone sind die Erscheinungen willkommen, weil sie darin Zersetzungserscheinungen der westlichen Welt erkennen.
Als Parteigänger der unruhigen Studentenschaften bezeichnet Dr. Bertram linksorientierte Intellektuelle. Aber auch gewisse Illustrierte und Magazine haben den Boden dafür bereitet. Im Anschluß schilderte der Redner den Werdegang des SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund), der sich 1960 von der SPD trennte, deren Jugendflügel er gebildet hatte. Vorerst war der SDS bedeutungslos, gewann aber in den Jahren 1965/1966 Oberwasser, als er auf gewisse Mißstände der Hochschulen hinwies und alle Problem im Zusammenhang mit der notwendigen Hochschulreform sich zu eigen machte. Die Notwendigkeit dieser Reform entspringt eigentlich der unglücklichen föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Deutschland, durch die die Länder stark, der Staat selbst aber schwach gemacht wurde. Besonders auf die Kulturpolitik wirkt sich das hemmend aus, und die notwendigen Reformen gehen nur langsam voran.
Nachdem in Deutschland auch die Bildungsförderung eingeführt wurde, strömten Zehntausende Studenten an die Universitäten. Dadurch entstanden für die Hochschulen doppelte Schwierigkeiten. Der SDS hatte sich inzwischen Sympathien und auch Einfluß erworben, den er schließlich nicht auf die Hochschulreform beschränkte, sondern auf die allgemeine Politik ausdehnte.
In der Bundesrepublik gibt es heute 300000 Studenten, von denen nur etwa 3000 eingeschriebene Mitglieder des SDS sind. Der geistige Zustand der Masse der Studenten ist jedoch derart politisch apathisch und wurde so zu einem fruchtbaren Nährboden für die jungen Revoluzzer, die im Grunde genommen eine Minderheit bilden. Dazu ein Grundsatz: Eine Minorität, die weiß, was sie will, kann eine Majorität, die nicht weiß, was sie will, terrorisieren und besiegen. Schließlich gab Dr. Bertram noch zu bedenken, daß die Deutschen 1945 nicht nur physisch, sondern auch ein geistig völlig zerstörtes Volk waren, das Umerziehungsmaßnahmen unterworfen wurde, bei denen jegliche Gedanken an Volk und Vaterland in den Hintergrund geschoben wurden. Dadurch entstand über die Jahre ein geistiges Vakuum, das mit nichts gefüllt wurde, weder die Wiedervereinigung Deutschlands noch der Europagedanke Adenauers und Robert Schumanns genügten der heranwachsenden Nachkriegsgeneration als wirklich deutsche Ideale, die sie begeistern konnten. Es fehlt in dieser Beziehung die Geduld für das Warten auf die geschichtliche Sternstunde.
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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