Von fragwürdiger Ehre und blutiger Brüderschaft
„In den Graben, aus dem Graben,
ein Leben nur wie dreckig Schaben.
In den Kratern die Kadaver,
Leichenduft und leere Augen.
Und kein Heldentum
unter verwilderten Hunden,
nur die Krätze.
Stille ist selten und wenn
dann stinkt sie nach Tod.“
In dick gedruckten Buchstaben sind die Worte des Liedtexts von Nidhogg vom Walde an die Wand geworfen. Sie sollen den Betrachter zum Nachdenken anregen.
Denn oft wird der Krieg in Mythologien romantisiert. Dabei hat er auch eine hässliche Seite. Soldaten, die nach einer Schlacht zu ihrer Familie zurückkehren, sind in vielerlei Hinsicht verwundet. Sie haben Probleme, sich wieder in der Gesellschaft einzugliedern, stehen unter Schock, leiden unter traumatischen Albträumen und sind häufig nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Folgen, die bei Familienmitgliedern von Silke Berens aufgetreten sind. Der Krieg führte bei ihnen zu einem gestörten Verhalten, mentalen Gesundheitsproblemen wie Depression, Abhängigkeit oder einer posttraumatischen Belastungsstörung.
In ihrer Ausstellung „Brothers in Arms”, die noch bis zum 25. August in der Nationalgalerie zu sehen ist, erzählt die in Namibia geborene Künstlerin die Geschichte von heldenhaften Soldaten. Das Thema „Krieg“ beschäftigt sie schon seit ihrer Jugend. „Der Sinn der Ausstellung liegt nicht darin, Hoffnung zu finden. Es ist viel mehr eine wichtige Geste an die Vergangenheit, die an ein Denkmal erinnert“, erklärt Berens. Mit alten, digitalisierten Fotografien, 3D-Modellen und auf Leinwand gemalten Porträts vermittelt sie Schicksale aus drei Generationen ihrer Familie. Die Werke hat sie ihrem Bruder Heiko, ihrem Vater Georg und Großvater Georg Adolf gewidmet. Alle drei sind bereits verstorben. „Heike wurde als Sanitäter in der SWA Landwehr im Norden Namibias eingesetzt. Mein Großvater verschwand während eines Einsatzes im Zweiten Weltkrieg in Ungarn. Mein Vater hat ihn nie kennengelernt“, bedauert sie.
In ihrer Ausstellung hält sich die 34-Jährige bewusst als Künstlerin im Hintergrund und tritt lediglich als Beobachterin und Zeugin der Kämpfer und Gefährten in Erscheinung.
Im Fokus ihrer Arbeit stehen die Sinnlosigkeit und Absurdität von kriegerischen Auseinandersetzungen. Zu den von ihr angesprochenen Aspekten zählen unter anderem Ehre, Sieg, Selbstopferung für den guten Zweck und die Befolgung von altehrwürdigen Normen wie Männlichkeit und Patriotismus.
Auch Familienmitglieder werden von den Folgen des Krieges nicht verschont. Dazu zählen der Sohn, der nie seinen Vater kennenlernt, oder die zurückgelassene Ehefrau mit ihrer Trauer ebenso wie der Bruder, der in Gedanken gegen Geister ankämpft. Frauen winken ihre Ehemännern und Vätern wortlos in den Krieg, ohne zu wissen, ob es ein Wiedersehen geben wird oder ob die geliebte Person danach noch dieselbe ist.
Die extremen Bedingungen wie die ständige Bedrohung, Angst und Gewalt führen auf dem Schlachtfeld jedoch mitunter auch zu intensiven Freundschaften zwischen den Kameraden. „Das bewahrt sie davor, in Vergessenheit zu geraten. Es gibt den Kriegern einen Sinn, wenn sie den Soldaten neben sich schützen, auch wenn sie sich dabei in Gefahr begeben. Dadurch entsteht ein Einheitsgefühl in der Gemeinschaft“, erklärt Berens.
"Doch was für eine Bedeutung kann möglicherweise in der Brüderschaft, der Tapferkeit und der Ehre bestehen bleiben, wenn das Resultat aus gebrochenen Herzen und einer in Mitleidenschaft gezogenen Psyche besteht?" – Auf diese Frage sucht Berens in ihren Kunstwerken eine Antwort.
Offensichtliche Lösungen für die von ihr angesprochenen Probleme findet sie nicht, doch mit ihrer radikal-ehrlichen Sicht auf den Krieg bietet sie Denkanstöße: „Wir ehren Soldaten und veranstalten Gedenkfeiern. Aber wer bestimmt, dass Männer ihre Männlichkeit durch Waffen prüfen müssen? Ist es der Staat, die Gesellschaft oder vielleicht doch die Kultur? Wie können wir uns als Menschheit in Richtung einer weniger zerstörerischen Zukunft bewegen, wenn nach wie vor Blutbäder das Weltbild bestimmen und ganze Generationen ruinieren?“, fragt sie sich. Mit ihrer Ausstellung möchte Berens den Dialog über ein Thema eröffnen, das oft als Tabu angesehen wird: „Gräueltaten aus der Vergangenheit können sich in der Geschichte wiederholen, wenn man sie sich nicht vor Augen führt und seine eigenen Wertvorstellungen in Frage stellt. Das möchte ich den Menschen gerne bewusst machen“.
Milena Schwoge
ein Leben nur wie dreckig Schaben.
In den Kratern die Kadaver,
Leichenduft und leere Augen.
Und kein Heldentum
unter verwilderten Hunden,
nur die Krätze.
Stille ist selten und wenn
dann stinkt sie nach Tod.“
In dick gedruckten Buchstaben sind die Worte des Liedtexts von Nidhogg vom Walde an die Wand geworfen. Sie sollen den Betrachter zum Nachdenken anregen.
Denn oft wird der Krieg in Mythologien romantisiert. Dabei hat er auch eine hässliche Seite. Soldaten, die nach einer Schlacht zu ihrer Familie zurückkehren, sind in vielerlei Hinsicht verwundet. Sie haben Probleme, sich wieder in der Gesellschaft einzugliedern, stehen unter Schock, leiden unter traumatischen Albträumen und sind häufig nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Folgen, die bei Familienmitgliedern von Silke Berens aufgetreten sind. Der Krieg führte bei ihnen zu einem gestörten Verhalten, mentalen Gesundheitsproblemen wie Depression, Abhängigkeit oder einer posttraumatischen Belastungsstörung.
In ihrer Ausstellung „Brothers in Arms”, die noch bis zum 25. August in der Nationalgalerie zu sehen ist, erzählt die in Namibia geborene Künstlerin die Geschichte von heldenhaften Soldaten. Das Thema „Krieg“ beschäftigt sie schon seit ihrer Jugend. „Der Sinn der Ausstellung liegt nicht darin, Hoffnung zu finden. Es ist viel mehr eine wichtige Geste an die Vergangenheit, die an ein Denkmal erinnert“, erklärt Berens. Mit alten, digitalisierten Fotografien, 3D-Modellen und auf Leinwand gemalten Porträts vermittelt sie Schicksale aus drei Generationen ihrer Familie. Die Werke hat sie ihrem Bruder Heiko, ihrem Vater Georg und Großvater Georg Adolf gewidmet. Alle drei sind bereits verstorben. „Heike wurde als Sanitäter in der SWA Landwehr im Norden Namibias eingesetzt. Mein Großvater verschwand während eines Einsatzes im Zweiten Weltkrieg in Ungarn. Mein Vater hat ihn nie kennengelernt“, bedauert sie.
In ihrer Ausstellung hält sich die 34-Jährige bewusst als Künstlerin im Hintergrund und tritt lediglich als Beobachterin und Zeugin der Kämpfer und Gefährten in Erscheinung.
Im Fokus ihrer Arbeit stehen die Sinnlosigkeit und Absurdität von kriegerischen Auseinandersetzungen. Zu den von ihr angesprochenen Aspekten zählen unter anderem Ehre, Sieg, Selbstopferung für den guten Zweck und die Befolgung von altehrwürdigen Normen wie Männlichkeit und Patriotismus.
Auch Familienmitglieder werden von den Folgen des Krieges nicht verschont. Dazu zählen der Sohn, der nie seinen Vater kennenlernt, oder die zurückgelassene Ehefrau mit ihrer Trauer ebenso wie der Bruder, der in Gedanken gegen Geister ankämpft. Frauen winken ihre Ehemännern und Vätern wortlos in den Krieg, ohne zu wissen, ob es ein Wiedersehen geben wird oder ob die geliebte Person danach noch dieselbe ist.
Die extremen Bedingungen wie die ständige Bedrohung, Angst und Gewalt führen auf dem Schlachtfeld jedoch mitunter auch zu intensiven Freundschaften zwischen den Kameraden. „Das bewahrt sie davor, in Vergessenheit zu geraten. Es gibt den Kriegern einen Sinn, wenn sie den Soldaten neben sich schützen, auch wenn sie sich dabei in Gefahr begeben. Dadurch entsteht ein Einheitsgefühl in der Gemeinschaft“, erklärt Berens.
"Doch was für eine Bedeutung kann möglicherweise in der Brüderschaft, der Tapferkeit und der Ehre bestehen bleiben, wenn das Resultat aus gebrochenen Herzen und einer in Mitleidenschaft gezogenen Psyche besteht?" – Auf diese Frage sucht Berens in ihren Kunstwerken eine Antwort.
Offensichtliche Lösungen für die von ihr angesprochenen Probleme findet sie nicht, doch mit ihrer radikal-ehrlichen Sicht auf den Krieg bietet sie Denkanstöße: „Wir ehren Soldaten und veranstalten Gedenkfeiern. Aber wer bestimmt, dass Männer ihre Männlichkeit durch Waffen prüfen müssen? Ist es der Staat, die Gesellschaft oder vielleicht doch die Kultur? Wie können wir uns als Menschheit in Richtung einer weniger zerstörerischen Zukunft bewegen, wenn nach wie vor Blutbäder das Weltbild bestimmen und ganze Generationen ruinieren?“, fragt sie sich. Mit ihrer Ausstellung möchte Berens den Dialog über ein Thema eröffnen, das oft als Tabu angesehen wird: „Gräueltaten aus der Vergangenheit können sich in der Geschichte wiederholen, wenn man sie sich nicht vor Augen führt und seine eigenen Wertvorstellungen in Frage stellt. Das möchte ich den Menschen gerne bewusst machen“.
Milena Schwoge
Kommentar
Allgemeine Zeitung
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