Von Ekel und Voyeurismus
Sind Berichten über Gewaltverbrechen moralische Pietätsgrenzen gesetzt, an denen Informationspflicht und öffentliches Interesse enden und Voyeurismus beginnt? Diese Frage stellt sich aktuell wieder in dem derzeit verhandelten Fall eines mutmaßlichen Mörders, der seine Freundin im Beisein ihres elf Monate alten Kindes erstochen haben soll und der gestern folgende Schlagzeile hervorgebracht hat: “Baby spielt in Blutlache der Mutter“.
Die Überschrift entspricht der Spurenlage am Tatort und ist inhaltlich zutreffend. Ob sie auch Erkenntnisgewinn bringt oder bloß niedere Instinkte anspricht und die Sensationslust der Leser bedient, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass die alltägliche Barbarei der Auflage und Quote förderlich ist. Weil der Blick in menschliche Abgründe ebenso abstoßend wie faszinierend ist, weil das horrende Grauen eine morbide Anziehungskraft ausübt.
Fakt ist aber auch, dass die mediale Omnipräsenz der Täter nicht nur das Bewusstsein für die Geißel der Gewalt in Namibia schärft, sondern auch zur emotionalen Abstumpfung führt. Weil in der öffentlichen Wahrnehmung die Opfer zu stillen Statistiken werden und ihre Namen selbst dann nicht in Erinnerung bleiben, wenn ihr Schicksal posthum kurz die Schlagzeilen beherrscht.
In dem Spannungsfeld, traurige Realität ungeschönt zu reflektieren, ohne dabei Grenzen des guten Geschmacks zu verletzen, ist weniger manchmal mehr. Nicht weil der Medienkonsument die ungeschminkte Wahrheit nicht aushalten kann und von verstörenden Details verschont werden muss. Sondern weil der Respekt vor dem Opfer und der Anstand gegenüber dessen Angehörigen dies gebieten.
Marc Springer
Die Überschrift entspricht der Spurenlage am Tatort und ist inhaltlich zutreffend. Ob sie auch Erkenntnisgewinn bringt oder bloß niedere Instinkte anspricht und die Sensationslust der Leser bedient, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass die alltägliche Barbarei der Auflage und Quote förderlich ist. Weil der Blick in menschliche Abgründe ebenso abstoßend wie faszinierend ist, weil das horrende Grauen eine morbide Anziehungskraft ausübt.
Fakt ist aber auch, dass die mediale Omnipräsenz der Täter nicht nur das Bewusstsein für die Geißel der Gewalt in Namibia schärft, sondern auch zur emotionalen Abstumpfung führt. Weil in der öffentlichen Wahrnehmung die Opfer zu stillen Statistiken werden und ihre Namen selbst dann nicht in Erinnerung bleiben, wenn ihr Schicksal posthum kurz die Schlagzeilen beherrscht.
In dem Spannungsfeld, traurige Realität ungeschönt zu reflektieren, ohne dabei Grenzen des guten Geschmacks zu verletzen, ist weniger manchmal mehr. Nicht weil der Medienkonsument die ungeschminkte Wahrheit nicht aushalten kann und von verstörenden Details verschont werden muss. Sondern weil der Respekt vor dem Opfer und der Anstand gegenüber dessen Angehörigen dies gebieten.
Marc Springer
Kommentar
Allgemeine Zeitung
Zu diesem Artikel wurden keine Kommentare hinterlassen